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Rassismus-Vorwürfe RTL schließt Rückkehr von Xavier Naidoo zu DSDS aus

Xavier Naidoo wehrt sich vehement gegen Rassismus-Vorwürfe - was genau er mit Aussagen in einem Video meinte, erklärt er aber nicht. Das hat berufliche Konsequenzen und auch aus der Politik wird sich eingeschaltet.

10.03.2020, 23:01

Köln/Berlin (dpa) - Seinen Job in der DSDS-Jury ist er los und aus der Politik erntet Xavier Naidoo auch Kritik: Der Musiker, der mit Liedern wie "Dieser Weg" zu den erfolgreichsten in Deutschland gehörte, sieht sich seit politischen Textzeilen in einem Video heftigen Rassismus-Vorwürfen ausgesetzt.

Er selbst bestreitet diese vehement, doch der Fernsehsender RTL plant die komplette restliche Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) ohne Naidoo in der Jury. Aber was ist in den vergangenen Jahren passiert?

Philipp Jessen, Gründer und Geschäftsführer der Kommunikationsberatung Storymachine, hat Naidoo vor rund zehn Jahren bei Dreharbeiten für die Kampagne "Du bist Deutschland" kennengelernt. "Er war damals unfassbar freundlich, nett, respektvoll. Das hat wirklich einen bleibenden Eindruck hinterlassen", erzählt der frühere Chef von "stern.de". "Fünf oder sechs Jahre später haben wir uns nochmal wiedergetroffen, das war bemerkenswert. Er konnte sich wirklich an alles haarklein erinnern." Für Naidoo sei es damals auch ein wichtiges Zeichen gewesen, am Holocaust-Mahnmal in Berlin zu drehen.

Nun lasse sich auch eine äußerliche Veränderung bei Naidoo beobachten, die symbolisch stehen könne. "Damals hatte er auch schon eine Sonnenbrille, aber immer mit helleren Gläsern, man konnte ihm in die Augen schauen, er hat sich mit den gelben Gläsern quasi die Welt in schönere Farben getaucht", sagt Jessen. "Inzwischen sind die Brillengläser ganz dunkel, man kann ihm nicht mehr in die Augen schauen. Jemand der früher offen und zugänglich war, schottet sich nun bildlich ab. Da gehen offenbar äußere und innere Verwandlung Hand in Hand." Auch bei seinen Auftritten in der DSDS-Jury und in dem besagten Video können die Zuschauer Naidoo nicht mehr in die Augen schauen - er trägt eine große dunkle Sonnenbrille.

Seit wenigen Tagen sieht sich Naidoo nun nach Aussagen in einem Video Rassismus-Vorwürfen ausgesetzt. Er wies diese vehement zurück und schrieb in einem Facebook-Post, er sei falsch interpretiert worden. Außerdem setze er sich aus tiefster Überzeugung gegen Ausgrenzung und Rassenhass ein. Naidoo erklärte die in dem Video vorgetragenen Liedtexte aber nicht genauer und ging nicht konkret auf die Vorwürfe ein.

Die Bundesbeauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration, Annette Widmann-Mauz, kritisierte den Sänger für seine Äußerungen und forderte eine weitere Erklärung. "Solch ein Video ist angesichts der derzeitigen Bedrohung durch Rechtsextremismus brandgefährlich", sagte die CDU-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wenn Xavier Naidoo sagt, er sei falsch interpretiert worden, dann sollte er noch einmal für alle nachvollziehbar erklären: Was können Hörer hier falsch interpretieren?"

Auch der Fernsehsender RTL sah nach Naidoos Stellungnahme offenbar weiteren Klärungsbedarf und nahm den Sänger aus der DSDS-Jury. Naidoo bleibe dem Sender viele Antworten schuldig, zudem seien weitere Videos aufgetaucht, die in eine ähnliche Richtung gingen, hieß es in einer Stellungnahme des Senders vom Mittwochabend. Die übrigen Jury-Mitglieder Oana Nechiti, Pietro Lombardi und Dieter Bohlen sollen nun am Samstag zu dritt in der Jury sitzen, hieß es. "Wie es bei den weiteren Liveshows aussieht, werden wir zeitnah bekannt geben."

Schon in den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Irritationen über Äußerungen von Naidoo gegeben. Etwa als der Norddeutsche Rundfunk (NDR) den Sänger 2015 für den Eurovision Song Contest (ESC). Nach heftiger Kritik zog der Sender die Entscheidung zurück. Naidoo hatte sich gegen die Kritik gewehrt: "Mit meinem ganzen Wesen stehe ich für ein weltoffenes und gastfreundliches Deutschland und einen respektvollen sowie friedlichen Umgang miteinander", wurde er damals vom NDR zitiert. Ein Jahr zuvor hatte er bei einer Demonstration sogenannter Reichsbürger, die die staatliche Ordnung in Deutschland ablehnen, gesprochen - und später betont, er habe mit den "Reichsbürgern" nichts zu tun.

In dem nun aufgetauchten Video geht es um Textzeilen wie diese: "Ich hab' fast alle Menschen lieb, aber was, wenn fast jeden Tag ein Mord geschieht, bei dem der Gast dem Gastgeber ein Leben stiehlt, dann muss ich harte Worte wählen. Denn keiner darf meine Leute quälen." Wer das Video wann ins Netz stellte, ist unklar.

In seiner Stellungnahme schrieb Naidoo: "Auch meine Familie kam als Gast nach Deutschland und hat sich natürlich an Recht und Moralvorstellungen des Gastgebers gehalten." Diese Selbstverständlichkeit solle für alle gelten - auch, wenn nur ein sehr kleiner Teil dies missverstanden habe. Was oder wen genau er damit meint, präzisierte der Sänger nicht, sondern schrieb weiter: "Aber gerade dieser kleine Teil belastet alle anderen, die hierdurch in "Sippenhaft" genommen und durch eine erschreckende Zunahme an Gewaltakten in Gefahr gebracht werden."

RTL verkündete zwar bereits am Mittwoch, Naidoo aus der DSDS-Jury zu nehmen - erst einen Tag später hieß es aber, dass dies für die gesamte laufende Staffel gelte. Der Musiker sei auf das Angebot des Senders, "seine missverständlichen und widersprüchlichen Aussagen plausibel zu erklären, bis heute nicht eingegangen".

Naidoo bei Facebook

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