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Wahlen SPD und CDU in Niedersachsen sehen nach Wahl klare Rollen

Die SPD hat die CDU bei der Bundestagswahl in Niedersachsen auf Rang zwei verwiesen und wird mit Abstand stärkste Kraft. Das größte Plus aber verbuchen die Grünen auf Platz drei. Mit Blick auf die Berliner Koalitionsverhandlungen gibt unterschiedliche Empfehlungen.

Von dpa Aktualisiert: 27.09.2021, 14:21
Ein Kameramann steht vor dem Logo der SPD.
Ein Kameramann steht vor dem Logo der SPD. Karl-Josef Hildenbrand/dpa/Archivbild

Hannover - Nach der Bundestagswahl sehen die Spitzen von SPD und CDU in Niedersachsen die Rollenverteilung bereits deutlich klarer als im Bund. Die SPD habe einen deutlichen Regierungsauftrag, betonte Ministerpräsident Stephan Weil nach einer langen Wahlnacht am Montag. Und CDU-Landeschef Bernd Althusmann räumte ein, seine Partei habe die Wahl eindeutig verloren. Dabei kam die SPD in Niedersachsen noch viel deutlicher als im Bund auf Position eins, die CDU erlitt im Vergleich zu ihrem Landesergebnis bei der letzten Bundestagswahl Erdrutschverluste und rangierte abgeschlagen auf Platz zwei.

„Jetzt ist die SPD stärkste Partei, hat einen klaren Regierungsauftrag und die allermeisten Menschen wollen, dass Olaf Scholz Bundeskanzler wird“, sagte Weil der dpa. „Der Gang der Regierungsbildung wird typischerweise von derjenigen Partei wesentlich beeinflusst, die die meisten Stimmen bekommen hat und das ist nun einmal ganz klar die SPD“, betonte Weil. „Ich wünsche mir rasche und zielgerichtete Koalitionsverhandlungen und einen baldigen Umzug von Olaf Scholz ins Kanzleramt.“

Von Veränderungsbedarf in der CDU sprach Althusmann. Die CDU müsse sich inhaltlich, organisatorisch und auch personell so aufstellen, dass sie in vier Jahren wieder einen klaren Regierungsauftrag bekomme. Eine Regierungsbildung hänge nun maßgeblich von Grünen und FDP ab. „Wir haben die Wahl klar verloren“, sagte Althusmann. „Ich habe letztendlich nach wie vor die Hoffnung, dass alles denkbar, alles offen ist. Aber wir sollten auch nicht den Eindruck erwecken als klammerten wir uns an jeden Strohhalm, sondern wir müssen eben uns auch inhaltlich sehr, sehr stark neu aufstellen. Wir haben viele Wähler an die SPD verloren und einige auch an die Grünen.“

In Niedersachsen wurde die SPD am Sonntag mit deutlichen Zugewinnen die mit Abstand stärkste Kraft. Sie erreichte 33,1 Prozent der Zweitstimmen und verzeichnete damit im Vergleich zu 2017 einen Zugewinn von 5,7 Prozentpunkten. Die CDU wurde nach dem vorläufigen Endergebnis mit 24,2 Prozent auf Rang zwei verwiesen und erlitt Verluste von 10,7 Prozentpunkten. Am kräftigsten legten die Grünen zu, die mit 16,1 Prozent auf Platz drei landeten. Sie verzeichneten ein Plus von 7,4 Prozentpunkten.

Einen Zuwachs gab es auch bei der FDP, die auf 10,5 Prozent kam. Die Partei legte um 1,2 Prozentpunkte zu. Die AfD verlor 1,7 Prozentpunkte und kam auf 7,4 Prozent, die Linke verlor 3,7 Prozentpunkte und erreichte 3,3 Prozent. Die Wahlbeteiligung fiel mit 74,8 Prozent etwas geringer aus als 2017, wo sie 76,4 Prozent betrug.

„Die Schnittmengen der Grünen mit der SPD sind größer, aber es ist kein Automatismus, dass es mit der Ampel etwas wird“, sagte Grünen-Landeschefin Anne Kura. „Das werden jetzt harte Sondierungsgespräche.“ Der Co-Landesvorsitzende Hans-Joachim Janßen wollte die Beteiligung der Grünen an einem Jamaika-Bündnis mit FDP und CDU im Bund nicht ausschließen. „Das muss dann inhaltlich gut begründet werden.“

FDP-Landeschef Stefan Birkner riet seiner Partei, sich zunächst mit den Grünen auf eine gemeinsame politische Agenda zu verständigen. „Ich würde präferieren, dass wir uns über die Inhalte verständigen und das zunächst mal mit den Grünen versuchen abzuklopfen, was denn da gemeinsam geht, um eine gemeinsame Reformagenda für Deutschland oder gemeinsame Eckpunkte zu formulieren.“ Natürlich dürfe man einen dritten Partner „nicht außen vorlassen“, dazu dürften solche Gespräche nicht dienen.

Die AfD in Niedersachsen setzt trotz ihres schwachen Abschneidens auf Landesebene auf einen gestärkten Wiedereinzug in den Landtag im kommenden Jahr. Auch die Linke will nach ihrem schlechten Ergebnis in Niedersachsen für einen Wiedereinzug in den Landtag kämpfen.

Niedersachsen wird im neuen Bundestag mit 73 Abgeordneten vertreten sein und damit sieben Parlamentarier mehr stellen als in der vergangenen Wahlperiode. Nach Angaben der Landeswahlleitung vom Montag ist die SPD künftig mit 25 Politikern aus Niedersachsen vertreten, die CDU mit 18, die Grünen mit 13, die FDP mit 8, die AfD mit 6 und die Linken mit 3. Von den insgesamt 73 Abgeordneten aus Niedersachsen sind etwas mehr als ein Drittel Frauen.

Direktmandate erzielten unter anderem Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im Wahlkreis Gifhorn-Peine, SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil im Wahlkreis Rotenburg I - Heidekreis sowie Ex-Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) im Wahlkreis Goslar-Northeim-Osterode.

Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Silvia Breher gewann ihr Direktmandat im Wahlkreis Cloppenburg/Vechta. Der CDU-Politiker Hendrik Hoppenstedt, Staatsminister im Bundeskanzleramt, verlor sein Bundestags-Direktmandat im Wahlkreis Hannover Land I, zieht aber über die Liste in den Bundestag ein. Ebenso der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban im Wahlkreis Hannover-Land II.

Ex-Bundesumweltminister Jürgen Trittin von den Grünen konnte sein Stimmergebnis bei der Bundestagswahl mehr als verdoppeln. Das Direktmandat gewann er damit im Wahlkreis Göttingen aber trotzdem nicht. Trittin ist aber der Wiedereinzug ins Parlament auf Platz vier der Landesliste dennoch sicher.