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Komiker „Always look on the bright side“ - John Cleese wird 82

Es ist eine schräge, alberne und sehr britische Welt, in der Witze und Dialoge sich so oft jeglichen Sinns verweigern, wie das Leben eben selbst. Willkommen in der Welt von John Cleese.

Von Susanne Hehr, dpa Aktualisiert: 31.10.2021, 14:33
Der Komiker und Schauspieler John Cleese wird 82.
Der Komiker und Schauspieler John Cleese wird 82. Jörg Carstensen/dpa

Berlin (dpa) - Spricht man über John Cleese, kommt man nicht umhin, ihn als Legende zu bezeichnen. Der Begründer surrealen britischen Humors und der Kopf der legendären Komikertruppe Monty Python feiert an diesem Mittwoch seinen 82. Geburtstag . Über einen, der Quatsch zur Kunst erhob.

John Cleese, 1939 im britischen Somerset geboren, hat Comedy-Geschichte geschrieben. Während er in Cambridge studiert, um Anwalt zu werden, fängt er an, für BBC Radio zu schreiben. Nach ersten Erfolgen in den 60er Jahren schlägt er 1969 im Alter von 30 Jahren eine Zusammenarbeit mit späteren Monty-Python-Mitgliedern vor. Es sollte sein Durchbruch werden.

Ihren Höhepunkt hat die Komikertruppe in den 70ern - bestehend aus Eric Idle, Michael Palin, Graham Chapman (1989 verstorben), Terry Gilliam, John Cleese und Terry Jones, zu dessen Tod Cleese 2020 auf Twitter schrieb: „Two down, four to go“ - Zwei erledigt, noch vier übrig.

1969 wird die erste Folge des „Monty Python‘s Flying Circus“ auf BBC1 ausgestrahlt. Allerdings verbannt auf einen nächtlichen Sendeplatz, damit sich möglichst wenige Zuschauer echauffierten.

Heute sind Filme von Monty Python höchstes britisches Kulturgut: „Das Leben des Brian“ (1979) gehört zur popkulturellen Unterhaltung an Ostern wie einst „Ben Hur“ („Jeder nur ein Kreuz!“), das Werk „Der Sinn des Lebens“ wurde 1983 in Cannes ausgezeichnet, und „Die Ritter der Kokosnuss“ (1975) sind doch „nur 'ne Fleischwunde“.

Über die Sinnlosigkeit zu lachen, ist wohl das, was John Cleese den Menschen gibt, sein Lebenswerk. Dazu zählen unzählige Sketche mit Monty Python. Die wohl Wichtigsten: „The Ministry of Silly Walks“ und „Dead Parrot Sketch“.

Das letzte Mal stehen alle sechs Mitglieder von Monty Python 1989 gemeinsam auf der Bühne. Als Graham Chapman im selben Jahr stirbt, hält Cleese auf der Beerdigung die Trauerrede und würdigt seinen Freund: „Graham Chapman, Co-Autor des Dead-Parrot-Sketches, ist nicht mehr.“ Es sei traurig, dass dieser Mann so plötzlich im Alter von nur 48 Jahren von ihnen genommen wurde, „bevor er genug Spaß hatte“, so Cleese - der dann übergeht zu: „Unsinn. Gut, dass wir ihn los sind, den schmarotzenden Bastard! Ich hoffe, er wird gegrillt.“ Typisch John Cleese: Die sinnentleerte Endlichkeit des Lebens durch lautes Lachen der Gäste auf einer Trauerfeier herausfordern.

Keinerlei Bedeutung und trotzdem lustig

Genau diese surreale, skurrile Art britischen Humors war prägend für Comedy auf der ganzen Welt. Wieso ist das, was er macht, so witzig? Wieso gibt es noch immer Menschen, die über Filme lachen, denen man die vergilbten 70er Jahre deutlich ansieht? In einem Interview auf „60 Minutes Australia“ versucht Cleese einen Witz aus „Das Leben des Brian“ dahingehend zu verstehen und kommt zu dem Schluss: „Er ergibt keinen Sinn. Er ist sauwitzig. Ich finde es wundervoll, wenn man Dinge tun kann, die keinerlei Bedeutung haben und trotzdem lustig sind.“

Vielleicht verkörpert das Ende des Films „Das Leben des Brian“ genau diese Art von Humor: „Always look on the bright side of life“. Bevor der Mensch an der Welt verzweifelt, wird aus der Suche nach Sinn die Umkehrung des Sinns in den Unsinn, den Wahnsinn. Danach ist alles halb so wild.

Genau diese wahnsinnigen Figuren, die Cleese kreiert und spielt, allen voran den desillusionierten Hotelbesitzer Basil Fawlty in „Fawlty Towers“, haben etwas Zeitloses. Gemeinsam mit seiner ersten Frau Connie Booth schreibt er in den 70er Jahren die epochale Sitcom „Fawlty Towers“, die 2000 vom British Film Institute als die beste britische Fernsehserie aller Zeiten gekürt wird. Cleeses Ausspruch: „Don’t mention the war!“, also: „Erwähne nicht den Krieg!“, wird zum geflügelten Wort und wird gern zitiert, sobald Deutschland und der Zweite Weltkrieg eben, nun ja, erwähnt werden.

Cleese gecancelt

Trotz der Zeitlosigkeit seiner Werke altert nicht jeder Witz von Cleese einwandfrei. So wird 2020 eine Szene in „Fawlty Towers“ zur Diskussion gestellt, wegen der offensichtlich rassistischen Aussage einer der Figuren, des ohnehin rassistisch dargestellten Majors. Der zur BBC gehörende Streamingdienst UKTV nimmt die Folge zeitweilig aus dem Programm, was Cleese dazu animiert, an einer Doku-Serie über Cancel Culture für den britischen Sender Channel 4 zu arbeiten. In einem Statement zu „Cancel Me“ sagt Cleese: „Ich freue mich, dass ich die Gelegenheit habe, vor der Kamera alle Aspekte der so genannten politischen Korrektheit zu erkunden.“

Neue Projekte hat der 82-Jährige also - und ist so aktiv wie eh und je, auch in den Sozialen Netzwerken. Die Pandemie hat er im Alter von 80 Jahren dazu genutzt, einen Instagram-Account anzulegen.

Auch auf Twitter und Facebook postet Cleese regelmäßig. Auf letzterem beschreibt er sich selbst als „großer Mensch, der Lemuren, Kaffee und Wein mag“. Er sei „auch dafür bekannt, dass er schreibt“. Viele seiner Statements, die er auf Twitter teilt, sind politisch und enden beispielsweise mit einem ironischen „bloody Brexit again“-Kommentar.

Insgesamt hatte Cleese in den vergangenen Jahren immer wieder mit kontroversen Meinungen auf sich aufmerksam gemacht. Unter anderem war er ein vehementer Befürworter des EU-Austritts seines Landes. Gegen Trump hatte er sich immer offen positioniert. Bei Stephen Colbert sagt er 2018 über den ehemaligen US-Präsidenten: „Er traut niemandem, der in einer Demokratie das Sagen hat.“

Last time to see me before I die

Auf Facebook teilt Cleese Erinnerungs-Videosequenzen aus „Fawlty Towers“ oder „Monty Python‘s Flying Circus“ und bewirbt seine kommenden Shows. Dieses und auch nächstes Jahr steht Cleese auf der Bühne. Die Tour nennt er „Last time to see me before I die“ - „Die letzte Gelegenheit, mich vor meinem Tod zu sehen“.

Dem Ende scheint Cleese dementsprechend entspannt entgegenzublicken. Und eine Vorstellung davon, wie es bestenfalls laufen sollte, hat er auch. Im Gespräch mit Stephen Colbert erinnert sich Cleese 2018 an einen Mann, der bei seinem Film-Erfolg „Ein Fisch namens Wanda“ (1988) im Kino saß und sich buchstäblich totgelacht hatte: „Nach etwa fünf Minuten fing er an zu lachen und hörte nicht mehr auf. Beim dritten Hund bekam er einen Herzinfarkt und musste aus dem Kino getragen werden.“ Cleese habe also einen Mann getötet. Was seine Reaktion gewesen sei, fragt Colbert: „Eine Freude, denke ich!“ John Cleese sei nicht sicher, wie man gehen soll, aber lachend sei wahrscheinlich das Beste.