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Bildung Illegale Schule aufgelöst: Reichsbürgertypisches Denkmuster

Nach der Schließung einer illegalen Schule in Oberbayern wird der Fall aufgearbeitet. Ein Ordnungswidrigkeitenverfahren steht im Raum. Die Betreiber der mutmaßlichen Querdenker-Schule argumentieren, sie unterlägen nicht deutschem, sondern russischem Recht.

Von Sabine Dobel, dpa Aktualisiert: 27.09.2021, 07:54
Das Ortsschild von Schechen steht am Ortseingang.
Das Ortsschild von Schechen steht am Ortseingang. Peter Kneffel/dpa/Archivbild

Rosenheim - Wegen des Betriebs einer illegalen Schule mit mutmaßlichem Querdenker-Hintergrund im Landkreis Rosenheim wird gegen die Betreiberin, eine Stiftung, ein Ordnungswidrigkeitenverfahren geprüft. Dies teilte die Regierung von Oberbayern als zuständige Aufsichtsbehörde am Freitag mit. Ob gegen die Leiterin der Schule, eine Lehrerin, oder andere Personen wie etwa Eltern ein Verfahren eingeleitet werden soll, ließ ihr Sprecher Wolfgang Rupp unter Verweis auf den Datenschutz offen.

Die Leiterin der illegalen Schule sei verbeamtete Lehrerin einer Grund- und Mittelschule im Raum Oberbayern gewesen, sagte Rupp weiter. Mehrere Medien hatten darüber berichtet. Sie habe sich seit Längerem im Krankenstand befunden. Rupp äußerte sich ebenfalls unter Verweis auf Datenschutz auch nicht dazu, ob nun disziplinarisch gegen die Frau vorgegangen wird. Die Schule wurde von den Behörden am Mittwoch geschlossen.

Die Frau berufe sich darauf, dass die Schule auf einem alten Bauernhof bei Schechen von einer Stiftung nach russischem Recht getragen werde und deshalb russischem Recht unterliege, sagte Rupp. Es handele sich um russisches Territorium. Von daher sehe man deutsches Recht als nicht geltend oder ausgehebelt an. Es sei ein „reichsbürgertypisches Denkmuster“ erkennbar, sagte Rupp, der die Schule aber nicht direkt Reichsbürgern zuordnete.

Immerhin hielten sich die Betreiber nach dem Einschreiten der Behörden an die deutschen Gesetze. Seit Mittwoch sei niemand mehr zum Unterricht gekommen, sagte Rupp. Vorsorglich waren dort Polizeibeamte postiert, um gegebenenfalls Schüler oder Eltern zu erklären, dass kein Schulbetrieb stattfindet.

Dem Bayerischen Rundfunk zufolge wies die Gründerin der Schule den Vorwurf zurück, dass dies eine „Querdenker-Schule“ sei. Es handle sich um eine russische Stiftungsschule. Unter den Eltern seien „Kräuter- und Musik-Pädagogen, aber auch Schamanen“, berichtete der BR unter Berufung auf die Frau.

Vor dem Bauernhof war ein Schild mit der Aufschrift „Stiftung Freiheit braucht Mut“ angebracht. Die Schule hatte den Betrieb laut Rupp mit den Jahrgangsstufen eins bis neun am 13. September aufgenommen. Es sei auch Schulgeld verlangt worden.

Rund 50 Kinder seien unterrichtet worden, sagte Rupp weiter. „Das Ausmaß ist tatsächlich neu.“ Es komme immer einmal vor, dass Eltern ihre Kinder von der Schule nähmen und selbst unterrichten wollten. Es sei aber neu, „dass etwas organisatorisch so auf die Beine gestellt wurde und mehrere Dutzend Kinder unterrichtet wurden“.

Nach bisherigen Erkenntnissen hatte wahrscheinlich nur eines der Kinder die Schulpflicht verletzt. Eltern könnten ihre Kinder derzeit aus dem Präsenzunterricht nehmen, wenn sie keine regelmäßigen Corona-Tests absolvieren oder keine Masken tragen wollten oder trotz aller Regeln große Angst vor einer Ansteckung hätten. Sie müssten ihr Kind dann nicht zur Schule schicken; es könne am Distanzunterricht teilnehmen. Dabei sei ein Fehlen nicht aufgefallen, hieß es.

Der Geschäftsleiter der Gemeinde Schechen, Karl-Heinz Salzborn, sagte, am Freitag vergangener Woche seien Hinweise von Nachbarn eingegangen. „Die Nachbarn haben angegeben, dass da eine Schule aufgemacht hat.“ Etwa seien Autos auf dem seit langem leerstehenden Hof vorgefahren. Daraufhin habe man das Landratsamt eingeschaltet. Die Behörden hätten dann schnell gehandelt.