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Kriminalität Ermittlungen zu Idar-Oberstein kommen voran

„Wir schreiten voran“, sagt Oberstaatsanwalt Fuhrmann zu den Ermittlungen nach den tödlichen Schüssen in Idar-Oberstein. Der Tankstellen-Interessenverband kritisiert indes die Politik.

Von dpa Aktualisiert: 27.09.2021, 08:11
Polizisten sichern die Tankstelle in Idar-Oberstein.
Polizisten sichern die Tankstelle in Idar-Oberstein. Christian Schulz/Foto Hosser/dpa/Archivbild

Idar-Oberstein - Knapp eine Woche nach dem tödlichen Angriff auf einen Tankstellen-Kassierer in Idar-Oberstein kommen die Ermittlungen voran. Bei der Auswertung der persönlichen Datenträger des Täters würden die Ermittler „ständig neue Erkenntnisse“ gewinnen, sagte Oberstaatsanwalt Kai Fuhrmann am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in Bad Kreuznach. „Wir schreiten voran, aber es ist mühsam, weil das wirklich sehr viele Daten sind.“ Und: „Wir kommen auch in der Sache voran.“ Details konnte er nicht nennen. Ein abschließendes Ergebnis sei noch nicht möglich. „Das dauert noch“, sagte er.

Am vergangenen Samstag war in Idar-Oberstein ein 20 Jahre alter Kassierer an einer Tankstelle von einem 49-Jährigen erschossen worden. Das Opfer hatte den Täter zuvor auf die Maskenpflicht hingewiesen. Nach seiner Festnahme sagte der Täter den Ermittlern zufolge, dass er die Corona-Maßnahmen ablehne. Der zuvor nicht polizeibekannte Mann sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Bei den Waffen, die der 49 Jahre alte Todesschütze nicht legal besessen hat, gebe es „natürlich Hinweise“ auf deren Herkunft, sagte Oberstaatsanwalt Fuhrmann. Sie seien aber noch nicht zu veröffentlichen. „Wir müssen erst zu einem abschließenden Ergebnis kommen.“

Abseits dessen warf der Tankstellen-Interessenverband der Politik vor, Mitarbeiter an Tankstellen mit der Durchsetzung von Corona-Maßnahmen allein zu lassen. „Mit den Corona-Regeln wälzt die Politik polizeiliche Aufgaben auf Unternehmen ab. Der Tankstellenbedienstete wird zum Polizisten“, kritisierte Sprecher Herbert Rabl im Gespräch mit der „Welt“. Die Mitglieder des Verbands berichteten auch von Bußgelddrohungen durch Ordnungsämter. Es gebe also einen hohen Druck, Regeln durchzusetzen. „Die Mitarbeiter sind besorgt und fragen sich: Wie werden wir geschützt? Wer hilft uns?“

Verfassungsschützer warnen derweil vor einer Gefahr durch radikalisierte „Querdenker“. Wegen mangelnden Erfolgs auf der Straße sei ein kleiner Teil der Protestbewegung dabei, „sich nun im Kampf gegen eine eingebildete Unterdrückung zu radikalisieren“, sagte der Hamburger Verfassungsschutzchef Torsten Voß dem „Spiegel“.

Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) forderte von der Politik Klarheit beim Thema Hasskriminalität im Internet. Es gebe Hinweise, dass die beim Dienstleister Telegram vorhandenen öffentlichen Gruppen und Kanäle regelmäßig genutzt würden, um Empfänger auch mit Verschwörungstheorien und rechtsextremem Gedankengut zu beeinflussen. „Im Interesse einer wirksamen und zügigen Strafverfolgung muss schnell Klarheit geschaffen werden, ob Dienstleister wie Telegram den Vorgaben des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes unterfallen“, sagte Mertin. Dann wären sie verpflichtet, Beschwerdemöglichkeiten gegen rechtswidrige Inhalte zu eröffnen und diese gegebenenfalls auch zu entfernen.

Aus Ermittlerkreisen war bekannt geworden, dass der 49 Jahre alte Täter von Idar-Oberstein in den Theorien der Corona-Leugner „bewandert“ sei. „Er kennt die Quellen und hat auch angegeben, dass er sich da schlau gemacht hat“, hieß es. Ob er sich in sozialen Netzwerken radikalisiert hat, ist bisher nicht belegt.

Für Aufsehen sorgte derweil auch eine andere Tat in Rheinland-Pfalz. In einem Zug bei Bad Kreuznach soll eine Maskenverweigerin eine Mitfahrerin getreten und in Anspielung auf die tödlichen Schüsse in Idar-Oberstein bedroht haben. Am Donnerstagnachmittag sei die Geschädigte in die Regionalbahn eingestiegen, als sie von der anderen Reisenden von hinten in den Oberschenkel getreten worden sei, teilte die Polizei am Freitag mit. Die Frau drehte sich demnach um, fragte nach dem Grund des Angriffs und forderte die Mitreisende auf, eine Maske aufzusetzen. Daraufhin habe die Mitreisende die Frau beleidigt und gesagt, sie wisse ja, was in Idar-Oberstein passiert sei. Weil sie sich demnach weigerte, sich gegenüber der Frau auszuweisen, schoss diese ein Foto von ihr und kontaktierte die Bundespolizei. Dort liefen aktuell die Ermittlungen, um die mutmaßliche Angreiferin zu identifizieren.