Görlitz Theater zum Eintauchen: Inszenierung belebt Güterbahnhof
Das Theater in Görlitz wagt ein Experiment, wenn es in den kommenden Wochen auf einem früheren Bahnhofsgelände spielt. Eine klassische Bühne gibt es nicht, stattdessen verschiedene Schauplätze, die das Publikum ohne jegliche Vorgaben aufsuchen kann.
Görlitz - Premiere für neues Format in Görlitz: in der jüngsten Produktion „Malfi!“ darf das Publikum auf ungewöhnliche Weise in die Theaterwelt eintauchen. Die Inszenierung in Gebäuden des ehemaligen Güterbahnhofs wird am Samstag (13. Mai) in der Neißestadt uraufgeführt.
Den Zuschauern bleibt es völlig sich selbst überlassen, sich das Geschehen zu erschließen und durch verschiedene Räume zu wandeln, die gleichzeitig bespielt werden. „So etwas gab es in Deutschland noch nicht“, sagt der Intendant des Gerhart-Hauptmann-Theaters Görlitz-Zittau, Daniel Morgenroth.
Dem künstlerischen Experiment liegt die um 1613 erstmals gezeigte Tragödie „Die Herzogin von Malfi!“ zugrunde, die aus der Feder des englischen Dramatikers John Webster stammt. Das Görlitzer Theater hat die Handlung in die Zeit um 1900 verlegt und lässt aus der herzoglichen Familie eine Eisenbahndynastie werden. Im Zusammenspiel von Tanz, Schauspiel, Musik und bildender Kunst entstehe ein dichtes Gesamtkunstwerk, das auf insgesamt rund 2500 Quadratmetern mit allen Sinnen zu erleben sei, hieß es.
In Ländern wie Großbritannien oder den USA existiere ein solches Aufführungsformat längst, sagt Morgenroth. Er hat die diesjährige Sommertheaterproduktion nicht nur konzipiert, sondern führt dabei auch Regie. Das Stück soll ein breites Publikum ansprechen. Jeder und jede könne das Spektakel individuell erkunden und dem eigenen Bauchgefühl dahin folgen, wo etwas interessant erscheine. „Es gibt überall etwas zu entdecken“, verspricht der Görlitzer Intendant.
Nach der Einführung ins Stück sei es durchaus denkbar, an nur einem Ort zu verweilen, etwa bei einer „Show in der Show“ mit Gesangssolisten, die in der Taverne auftreten. „Wir geben nichts vor“, sagt Morgenroth. „Zum großen Finale versammeln sich alle wieder“. An der Produktion sind neben Schauspielerinnen und Sängern auch Opernchor und Tanzcompagnie des Theaters beteiligt. Die extra für die Aufführung komponierte Musik wurde von der Neuen Lausitzer Philharmonie eingespielt. 24 Vorstellungen sind bis 23. Juli geplant.
Für das spartenübergreifende Projekt wurden eine leerstehende Halle und das einstige Verwaltungsgebäude des alten Güterbahnhofs in den zurückliegenden fünf Monaten umgebaut. Dabei kamen teilweise auch Kulissen aus früheren Inszenierungen zum Einsatz. Der Standort soll dem Görlitzer Theater künftig als Ausweichspielstätte dienen, wenn die Bauarbeiten im Stammhaus laufen.
Nach einem dramatischen Wasserschaden im November 2022 ist es derzeit nicht bespielbar. Aus ungeklärter Ursache war die große Bühne innerhalb weniger Minuten mit mehreren Tausend Litern Wasser geflutet worden.