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Kultur Warum Pumuckl uns gerade jetzt so guttut

Ein Kobold mit frechen Sprüchen, der liebenswert und vergnügt ist? Den gibt es gerade im Kino zu sehen. Brauchen wir alle gerade etwas Pumuckl im Leben?

Von Cordula Dieckmann, dpa 02.11.2025, 07:00
Florian Brückner (l) spielt Meister Eder, Maxi Schafroth (r) spricht den Pumuckl.
Florian Brückner (l) spielt Meister Eder, Maxi Schafroth (r) spricht den Pumuckl. Lennart Preiss/dpa

München - Pumuckl auf die 1? Tatsächlich hat der „Pumuckl und das große Missverständnis“ beste Chancen, auf den vorderen Plätzen der Kinocharts zu landen. Nicht nur Kinder, auch viele Erwachsene lieben den Klabautermann, den die Autorin Ellis Kaut vor rund 60 Jahren ersonnen und Barbara von Johnson gezeichnet hat. Worin liegt der Reiz dieser Geschichten voller Wärme, Zuneigung und lustigen Späßen des frechen Kobolds?

Lassen wir den Pumuckl selbst antworten - in Gestalt von Maximilian Schafroth, der ihn im Kinofilm und in der RTL-Serie spricht. „Ich glaube, dass das schon so ein bisschen was Tröstendes hat“, findet der Kabarettist. „Dann sieht man da zwei in so einer Werkstatt, der eine schreinert einen Stuhl und der andere ist grantig und macht Schmarrn. Wie einfach das Leben manchmal sein könnte“, sinniert er, „eine kleine Form von Eskapismus“.

Wenn Pumuckl und Emily für Ordnung sorgen 

Eine Empfindung, die der Medienpsychologe Markus Huff teilt, gerade in Zeiten von Kriegen, Klimaerwärmung und Angriffen auf die Demokratie. „In Phasen gesellschaftlicher oder persönlicher Unsicherheit suchen Menschen häufig nach Stabilität und emotionaler Entlastung“, sagt der Vizedirektor des Leibniz-Instituts für Wissensmedien in Tübingen. „Filme wie "Pumuckl" oder Serien wie "Emily in Paris" können genau das bieten – sie sind vorhersehbar, emotional klar strukturiert und vermitteln ein Gefühl von Ordnung und Geborgenheit.“

Warum diese Entlastung gerade heutzutage so wichtig ist, das erklärt Leonard Reinecke, Professor für Medienwirkung und Medienpsychologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz: „Die negativen Nachrichten, die wir heute erleben, haben sehr viel mehr mit unseren eigenen Leben zu tun, als noch vor einigen Jahren“.

Das Wohlsein zulassen?

Darf man aber all das Leid ausblenden und sich vergnügen? „Das ist komplett menschlich, dass man das Wohlsein sucht“, sagt Schafroth. „Das heißt ja nicht, dass man die Augen verschließt, sondern der Mensch kann nur funktionieren, wenn er auch dass das Wohlsein zulässt. Nur dann kann ich wieder klarsehen.“ 

Das empfiehlt auch Experte Huff: „Das zeitweise "Abtauchen" in fiktionale Welten – sei es im Film, im Buch oder im Hörspiel – kann helfen, Abstand zu gewinnen, Emotionen zu regulieren oder neue Perspektiven zu entwickeln.“ 

Alltagsflucht auch ohne Happy End

Auch Medienpsychologe Reinecke hält „zeitlich begrenzte Fluchten aus dem Alltag“ für wichtig. Das klappt nicht nur mit einem lustigen Klabautermann oder Romantik. Auch Krimis oder True-Crime-Formate können auf andere Gedanken bringen, „alles, was uns sehr in Beschlag nimmt, uns aufregt und in eine Narration hineinzieht“. Dann müsse es auch nicht immer ein Happy End sein. 

Einfach Spaß haben, zum Vergnügen, ohne bedeutungsschwangere Botschaft? Zu seicht, finden manche. „Unterhaltung steht gerade in Deutschland in einem schlechten Ruf“, hat Reinecke beobachtet. Das sei aber eine sehr puritanische Sichtweise auf das, was im Leben wichtig ist. Sein Rat: „Man sollte sich das durchaus gönnen können“. Man könne nicht immer nur leistungsorientiert sein.

Der Pumuckl in uns allen 

Genau diese Atempausen schafft „Pumuckl“-Regisseur Marcus H. Rosenmüller mit seiner liebenswerten, herzerwärmenden Kobolds-Geschichte, die aber auch eine tiefere Ebene hat. „Solidarität, Freundschaft, Leichtigkeit, Schalkhaftigkeit, eine positive Einstellung zu diesem Leben und Vertrauen – das sind Werte, die man gerne vermittelt“, sagt der Filmemacher.

Und ein bisschen Kobold steckt in allen Menschen: „Pumuckl ist der Teil vom Eder und auch von uns, der egoistisch und narzisstisch, aber auch neugierig und lebensfreudig ist“.

Bittersüße Nostalgie

Bei Pumuckl kommt bei vielen Erwachsenen etwas hinzu: Nostalgie. Plötzlich ist man wieder acht Jahre alt und kennt die Sprüche aus Hörspiel und TV-Serie in- und auswendig - aus einer Zeit, die im Rückblick so einfach scheint. „Nostalgie ist eine bittersüße Erfahrung“, sagt Reinecke. „Kindheit ist für viele von uns mit Leichtigkeit, mit behütet sein, mit positiven Erinnerungen assoziiert.“

Gedanken an früher als Medizin für aufgewühlte Seelen? Solche Erinnerungen könnten Gefühle von Trost, Sicherheit oder sozialer Verbundenheit hervorrufen, bestätigt Huff. „Nostalgische Medienerlebnisse können also emotionale Ressourcen mobilisieren, insbesondere in unsicheren Zeiten.“

Mit Pumuckl zur Gelassenheit

Kann man sich also vom Pumuckl etwas abschauen? „Dass man ein bisschen gelassen ist“, sagt Florian Brückner, im Film und in der Serie der Schreiner Florian Eder, Neffe des alten Meister Eder.

In der Rolle hat er nicht nur die Werkstatt seines verstorbenen Onkels übernommen, sondern auch einige Lebensweisheiten: „Nicht gleich immer alles so zu Herzen nehmen“, rät Brückner. „Man kann einfach mal, wenn es einen Konflikt gibt, darüber reden, durchschnaufen, entschleunigen“.

Der Pumuckl selbst hat auch einen Tipp fürs Wohlbefinden, wie er in einem Gedicht verkündet: „So ein Schokoladenstück, ja das ist ein reines Glück“.