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Streitpunkt: Schutz der USA AKK bietet Macron die Stirn: Europa braucht Amerika

Unter US-Präsident Trump ist das transatlantische Verhältnis schwer unter die Räder gekommen. Nach dem bevorstehenden Machtwechsel im Weißen Haus wird es darum gehen, wie man es repariert. In Europa gibt es dazu unterschiedliche Auffassungen.

17.11.2020, 17:48
Sebastian Wilke
Sebastian Wilke Bundeswehr

Berlin (dpa) - Trotz scharfer Kritik des französischen Präsidenten Emmanuel Macron bleibt Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer bei ihrer Position, dass Europa sich auf absehbare Zeit nicht ohne die USA verteidigen kann.

"Die Idee einer strategischen Autonomie Europas geht zu weit, wenn sie die Illusion nährt, wir könnten Sicherheit, Stabilität und Wohlstand in Europa ohne die Nato und ohne die USA gewährleisten", sagte die CDU-Vorsitzende am Dienstag in einer Grundsatzrede.

Macron hatte am Montag eine ähnliche Äußerung Kramp-Karrenbauers als "Fehlinterpretation der Geschichte" kritisiert und sich für europäische Souveränität in Verteidigungsfragen ausgesprochen. Kramp-Karrenbauer zeigte sich in ihrer Rede zwar mit Macron einig, dass Europa mehr für seine Sicherheit tun müsse. "Wir wollen, dass Europa für die USA starker Partner auf Augenhöhe ist und kein hilfsbedürftiger Schützling."

Sie machte aber gleichzeitig klar, dass Europa auf den Schutz der Amerikaner nicht verzichten könne. "Ohne die nuklearen und konventionellen Fähigkeiten Amerikas können Deutschland und Europa sich nicht schützen. Das sind die nüchternen Fakten", sagte sie. Die CDU-Chefin verwies darauf, dass Europa beispielsweise bei der Abwehr ballistischer Raketen fast zu 100 Prozent von den USA abhingen und die Amerikaner auch den überwiegenden Teil der Atomwaffen stellten. Zudem seien 76 000 Soldaten in Europa stationiert. "All dies zu kompensieren würde nach seriösen Schätzungen Jahrzehnte dauern und unsere heutigen Verteidigungshaushalte mehr als bescheiden daherkommen lassen."

Der Streit um mehr europäische Eigenständigkeit in Verteidigungsfragen ist eine Konsequenz aus der vierjährigen Amtszeit von US-Präsident Donald Trump, der unter anderem die Nato in Frage gestellt hat. Aber auch Macron hat dem transatlantischen Verteidigungsbündnis den "Hirntod" attestiert und wirbt seit längerem für stärkere Eigenständigkeit Europas. Frankreich ist nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU einzige Atommacht in der Europäischen Union.

Nach dem Wahlsieg von Joe Biden über Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen hoffen die Europäer nun auf einen Neuanfang in den transatlantischen Beziehungen. Auch Kanzlerin Angela Merkel hat bereits deutlich gemacht, dass die Europäer sich dafür stärker einbringen müssen. Das gelte auch für den Beitrag zur Sicherheitszusammenarbeit in Europa und für den Beitrag zum Nato-Verteidigungsbündnis, sagte die CDU-Politikerin am Dienstag bei einer Konferenz der "Süddeutschen Zeitung".

Für Kramp-Karrenbauer sind drei Angebote an die USA wichtig:

- Ein klare Bekenntnis Deutschland zur Beteiligung an der atomaren Abschreckung der Nato. Die Bundeswehr stellt derzeit Kampfjets für den Abwurf von in Deutschland gelagerten US-Atombomben bereit.

- Eine gemeinsame Strategie mit den USA gegenüber China.

- Eine weitere Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Deutschland verfehlt das Neto-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts bisher deutlich.

Um letzteren Punkt zu garantieren, will Kramp-Karrenbauer die Verteidigungsausgaben über einen längeren Zeitraum gesetzlich festschreiben. Bisher werden sie jeweils nur für das kommende Haushaltsjahr vom Bundestag beschlossen. Es gibt zwar eine mittelfristige Finanzplanung für die kommenden fünf Jahre, sie ist allerdings unverbindlich. Eine langfristige Finanzierungslinie fr die Streitkräfte sei notwendig, "damit Sicherheit weniger Spielball der Konjunktur und kurzfristiger Stimmungsbilder ist, sondern als absolute Kernaufgabe des Staates stetig unterfüttert bleibt", sagte die CDU-Politikerin.

© dpa-infocom, dpa:201117-99-364241/3

Interview Macron (Frz.)

Beitrag Maas, Le Drian zu transatlantischen Beziehungen

Rede Kramp-Karrenbauers