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Drastische Reduzierung? Berichte: Trump will US-Truppen in Deutschland verkleinern

Es kann eigentlich in Deutschland niemanden überraschen, dass die Amerikaner Soldaten abziehen wollen. Das Thema ist schon länger bekannt. Doch der Stil der Ankündigung jetzt dürfte in Berlin nicht gut angekommen sein. Ist das dem US-Wahlkampf geschuldet?

Von Can Merey und Ruppert Mayr, dpa 06.06.2020, 14:19

Washington/Berlin (dpa) - Die angeblichen Pläne von US-Präsident Donald Trump, die Präsenz der amerikanischen Truppen in Deutschland deutlich zu reduzieren, sind in Berlin äußerst zurückhaltend aufgenommen worden.

Aus dem Auswärtigen Amt und auch aus dem Verteidigungsministerium gab es zunächst keine Stellungnahmen. Unionsfraktionsvize Johann Wadephul sah am Samstag in den Plänen einen weiteren Weckruf an die Europäer, ihr Schicksal selbst entschiedener in die Hand zu nehmen.

Nach Medienberichten will Trump offenbar die US-Truppen in Deutschland von derzeit 34.500 Soldaten um 9500 reduzieren. Außerdem solle eine Obergrenze von 25.000 US-Soldaten eingeführt werden, die gleichzeitig in Deutschland anwesend sein könnten, berichtete das "Wall Street Journal" unter Bezug auf ungenannte US-Regierungsvertreter. Trump habe das Pentagon bereits entsprechend angewiesen.

Auch "Der Spiegel" berichtete über eine geplante massive Reduzierung der US-Truppen. Demnach hat das Weiße Haus Teile des US-Kongresses darüber informiert, dass das Pentagon bis zum Herbst 2020 zwischen 5000 und 15.000 der derzeit rund 35.000 US-Soldaten aus Deutschland abziehen werde. Die US-Regierung habe den Nato-Partner Deutschland nicht wie üblich vorab über die Entscheidung informiert, hieß es in dem Bericht weiter.

Der CDU-Politiker Wadephul argumentierte: "Die Pläne zeigen erneut, dass die Trump-Administration eine elementare Führungsaufgabe vernachlässigt: die Einbindung der Bündnispartner in Entscheidungsprozesse." Er fügte warnend hinzu: "Alle profitieren vom Zusammenhalt des Bündnisses, nur Russland und China von Zwist."

Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, plädierte für Gelassenheit. Kujat sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): "Die Amerikaner sind nicht hier, um uns einen Gefallen zu tun, sondern weil sie strategische Interessen haben. Deshalb werden sie auch ganz sicher nicht vollständig aus Deutschland abziehen."

Er verwies in diesem Zusammenhang unter anderem auf den US-Stützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz, einem Dreh- und Angelpunkt für Militäroperationen in Afrika und dem Nahen Osten, und auf die Bereitstellung von Truppenübungsplätzen, Kasernen und Personal durch die deutsche Seite. Ein Teilabzug bedeute keine Gefährdung der deutschen Sicherheit, argumentierte Kujat. Beobachter gehen davon aus, dass 25.000 US-Soldaten in Deutschland für die strategischen Ziele der Amerikaner ausreichend seien.

Das Weiße Haus bestätigte entsprechende Abzugspläne Trumps nicht. Und auch das Pentagon äußerte sich nicht dazu. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Ullyot, teilte auf dpa-Anfrage mit, derzeit gebe es dazu keine Ankündigung. Trump überprüfe aber ständig den Einsatz von US-Soldaten im Ausland. "Die Vereinigten Staaten sind weiterhin entschlossen, mit unserem engen Verbündeten Deutschland zusammenzuarbeiten."

Doch der amerikanische Präsident fordert seit langem eine gerechtere Lastenteilung innerhalb der Nato und hat wiederholt die aus seiner Sicht mangelnden Verteidigungsausgaben Deutschlands kritisiert. Trump hatte eine Verlegung von Truppen von Deutschland nach Polen bereits im Juni vergangenen Jahres bei einem Besuch des polnischen Präsidenten Andrzej Duda in Washington ins Spiel gebracht.

Und der frühere US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, hatte im vergangenen August gesagt: "Es ist wirklich beleidigend zu erwarten, dass der US-Steuerzahler weiter mehr als 50 000 Amerikaner in Deutschland bezahlt, aber die Deutschen ihren Handelsüberschuss für heimische Zwecke verwenden."

Zu den rund 35.000 US-Soldaten in Deutschland kamen damals 17.000 amerikanische und 12.000 deutsche Zivilisten, die von den US-Truppen beschäftigt wurden. Zehntausende weitere Arbeitsplätze in Deutschland hängen von den amerikanischen Streitkräften ab.

Da die Abzugspläne bis auf die Stärke der abzuziehenden Truppen weitgehend bekannt waren, stellt sich die Frage, warum die Geschichte gerade jetzt wieder hochkommt. Nach Einschätzung von Beobachtern in Deutschland sieht Trump, dass es im Wahlkampf eng für ihn werden könnte. Das mache ihn nervös. Die Beziehung zwischen der Bundesregierung und der Trump-Administration ist ohnehin seit langem angespannt. Und diese Spannungen dürften zuletzt nochmals zugenommen haben, nachdem Kanzlerin Angela Merkel wegen der Corona-Pandemie einer Einladung zu einem von Trump angedachten G7-Gipfel im Juni im Weißen Haus, an dem die Staats- und Regierungschefs persönlich teilnehmen sollten, nicht nachkommen wollte.

Im März hatte die US-Regierung das Treffen wegen der Corona-Pandemie abgesagt und eine Videokonferenz angesetzt. Kürzlich hatte Trump sich dann doch wieder dafür ausgesprochen, das Treffen persönlich im Weißen Haus abzuhalten - als Zeichen der Erholung in der Corona-Krise.

Gefreut haben dürften Trump aber auch nicht die Reaktionen aus Deutschland auf sein Vorgehen bei den jüngsten Protesten nach der Tötung des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota am 25. Mai. Im ZDF sagte Merkel am vergangenen Donnerstag auf die Frage, ob Trump eine Rolle bei der gesellschaftlichen Spaltung in den USA spiele: "Ich glaube, dass der Politikstil schon ein sehr kontroverser ist." Die Gesellschaft in den Vereinigten Staaten sei sehr polarisiert.

CDU-Chefin und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte es begrüßt, dass ihr amerikanischer Amtskollege Mark Esper einen Einsatz des Militärs gegen die Demonstranten in den USA abgelehnt und sich damit gegen Trump gestellt hatte. Amtsinhaber im Weißen Haus wechselten, die Werte und die Kraft der Zivilgesellschaft blieben, habe sie in einer Konferenz des CDU-Vorstandes gesagt.