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Rolle der Diplomatie stärken Biden will traditionelle US-Bündnisse wiederbeleben

Joe Biden hat sich Zeit gelassen mit seiner Ankündigung, wen er an die Spitze des Pentagons setzen will. Ex-General Lloyd Austin soll ihm dabei helfen, auf die traditionellen Verbündeten zuzugehen. Doch gegen die Nominierung könnte sich Widerstand formieren.

10.12.2020, 04:32
Susan Walsh
Susan Walsh AP

Washington (dpa) - Der künftige US-Präsident Joe Biden will in der Außen- und Verteidigungspolitik die Rolle der Diplomatie stärken und traditionelle Bündnisse wiederbeleben.

Bei der Vorstellung seines Kandidaten für das Amt des Verteidigungsministers, Lloyd Austin, sagte Biden am Mittwoch, die USA müssten sicherstellen, "dass die Anwendung von Gewalt das letzte Werkzeug in unserem Werkzeugkasten ist". Er fügte hinzu: "Das letzte Mittel, auf das wir zum Schutz unserer nationalen Sicherheit zurückgreifen - nicht das erste."

Wenn sich Austin durchsetzt, wäre er der erste Schwarze an der Spitze des Pentagon. Biden sagte über den ehemaligen Vier-Sterne-General: "Er teilt meinen tief empfundenen Glauben an die Werte der amerikanischen Bündnisse. Und er setzt sich ebenso engagiert wie ich für den Wiederaufbau und die Modernisierung dieser Bündnisse ein - vom asiatisch-pazifischen Raum über Europa und die ganze Welt." Austin sagte: "Ich glaube fest daran, dass (...) Amerika am stärksten ist, wenn es mit seinen Verbündeten zusammenarbeitet."

Biden hat versprochen, den Kurs der USA auf internationalem Gebiet wieder zu ändern. Der abgewählte Präsident Donald Trump hatte Verbündete wie Deutschland immer wieder kritisiert, sich aus Abkommen zurückgezogen und das Verteidigungsbündnis Nato mit einer Austrittsdrohung auf eine harte Probe gestellt. Biden sagte nun, die US-Außenpolitik müsse die Welt zusammenbringen, um globalen Bedrohungen zu begegnen. "Wir müssen uns auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten und nicht nur die Kriege der Vergangenheit weiterführen."

Austin war bis zu seiner Verabschiedung in den Ruhestand 2016 Kommandeur der im Nahen Osten stationierten US-Streitkräfte. Auf diesem Posten war er verantwortlich für die US-Einsätze im Irak, in Syrien und in Afghanistan - alles Konfliktherde, die immer noch nicht befriedet sind. In seinen Dienstjahren von 2013 bis 2016 gewann die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in der Region an Kraft - was für Fragen sorgen könnte. Zu Beginn seiner mehr als 40-jährigen Karriere im US-Militär war Austin auch in Deutschland im Einsatz.

Um Verteidigungsminister zu werden, benötigt er eine Bestätigung durch den Senat und eine Ausnahmegenehmigung durch den Kongress. Zwischen Militärdienst und Berufung zum Verteidigungsminister müssen mindestens sieben Jahre vergehen. Hintergrund ist, dass das Pentagon von einem Zivilisten geführt werden soll. Austin machte deutlich, dass er sich als Zivilperson verstehe, seit er vor vier Jahren das letzte Mal seine Uniform ablegt habe. Damit sei er von General Lloyd Austin zu Lloyd Austin geworden, sagte er.

Trumps erster Verteidigungsminister, Ex-General James Mattis, bekam eine solche Ausnahmegenehmigung 2017. Mattis war Ende 2018 zurückgetreten, nachdem Trump einen Abzug eines großen Teils der US-Truppen aus Syrien angekündigt hatte. Biden sagte, er würde den Kongress nicht um eine Ausnahme bitten, "wenn ich nicht glauben würde, dass dieser Moment in unserer Geschichte danach verlangt". Austin habe die USA im Ausland als "Staatsmann" repräsentiert.

Austins Nominierung bietet auch in anderer Hinsicht Angriffsfläche: 2016 wurde er Mitglied im Verwaltungsrat der Rüstungsfirma Raytheon Technologies. Verbindungen von Ministern in die Wirtschaft sind insbesondere im Fall des Pentagons nicht unerheblich: Das Ministerium gibt jährlich Hunderte Milliarden US-Dollar für Rüstungsgüter aus.

Biden hatte andere Kandidaten für Schlüsselpositionen in seinem außen- und sicherheitspolitisches Team bereits vor mehr als zwei Wochen vorgestellt. Die Nominierung des Verteidigungsministers ließ auf sich warten. Biden stand unter Druck, sein Versprechen einzulösen, die vielfältigste Regierung aller Zeiten aufzustellen, und einen Schwarzen für ein wichtiges Ministeramt zu nominieren.

Unterstützung für die Nominierung Austins bekam Biden vom früheren Außenminister Colin Powell, einem Republikaner. Der Ex-General - der jeweils als erster Afroamerikaner zum Generalstabschef und zum Außenminister berufen wurde - teilte mit, das sei eine "hervorragende Wahl". Powell bezeichnete sich als einen "Mentor" Austins und rief den Kongress dazu auf, eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen. Powell war von 1989 bis 1993 Generalstabschef, von 2001 bis 2005 war er Außenminister unter dem republikanischen Präsidenten George W. Bush.

© dpa-infocom, dpa:201210-99-636521/2