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Der Separatismus lebt noch Katalonien ein Jahr nach dem Referendum

"1-O" lautet das Kürzel für jenen verhängnisvollen 1. Oktober 2017, an dem Katalonien ein verbotenes Unabhängigkeitsreferendum abhielt. Ein Jahr danach gibt es sowohl in Barcelona als auch in Madrid neue Regierungen. Aber die Abspaltungsgelüste brodeln weiter.

01.10.2018, 21:08

Barcelona (dpa) - Ein Jahr nach dem Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien haben Demonstranten mit Blockaden und anderen Aktionen an die umstrittene Abstimmung erinnert. Sie forderten außerdem erneut die Abspaltung der Region von Spanien.

Aktivisten blockierten in Girona mehrere Stunden lang Gleise, auf denen der Hochgeschwindigkeitszug AVE fährt, wie die Bahngesellschaft Renfe mitteilte. Weitere Unabhängigkeitsbefürworter sperrten vorübergehend mehrere Hauptverkehrsadern in Barcelona sowie zwei Autobahnen - unter anderem mit aufgetürmten Reifen.

Eine Gruppe radikaler Separatisten drang zudem am Vormittag in Girona in den Sitz der Regionalregierung ein. Die Aktivisten holten die spanische Nationalflagge ein und hissten stattdessen die "Estelada", die Flagge der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung.

Am Abend nahmen Tausende Menschen an einer Demonstration in Barcelona teil, zu der verschiedene Organisationen aufgerufen hatten. An der Plaça de Catalunya im Herzen der Metropole war ein riesiges Transparent zu lesen mit der Aufschrift: "Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht".

Bei dem verfassungswidrigen Referendum am 1. Oktober 2017 war es auch zu Gewaltszenen gekommen, als Polizisten versuchten, Bürger von den Wahllokalen fernzuhalten. Die Sprecherin der neuen spanischen Sozialistenregierung von Pedro Sánchez bezeichnete den von der konservativen Vorgängerregierung angeordneten Polizeieinsatz und die "schmerzhaften Bilder" dieses Tages am Montag als "Fehler". Der 1. Oktober sei ein trauriger Tag, "es gibt nichts zu feiern", sagte Isabel Celáa in Madrid. Gleichzeitig forderte sie die katalanische Regierung auf, mit ihrer "konfrontativen Rhetorik" aufzuhören.

Regionalchef Quim Torra betonte dennoch, seine Regierung verfolge weiter das "demokratische Mandat" der Abstimmung und unterstütze all diejenigen, die in Folge des Referendums unter Repressalien litten. Nach dem Votum und einem anschließenden Beschluss zur Abspaltung der wohlhabenden Region von Spanien hatte die Madrider Zentralregierung die Region im Herbst 2017 unter Zwangsverwaltung gestellt.

Der damalige Regionalpräsident Carles Puigdemont wurde abgesetzt und floh ins Exil nach Brüssel. Auch andere Politiker setzten sich ins Ausland ab. Mehrere Regionalminister und weitere Aktivisten der Separatistenbewegung sitzen hingegen bis heute in U-Haft. Ihnen wird unter anderem Rebellion vorgeworfen. Mit Demonstrationen und Protesten haben Separatisten immer wieder die Freilassung der Politiker gefordert. Auch bei der Kundgebung am Montagabend forderten Teilnehmer immer wieder "Freiheit für die politischen Gefangenen!" und hielten Fotos der Inhaftierten in den Händen.

Im Dezember 2017 waren in Katalonien auf Anordnung von Madrid Neuwahlen abgehalten worden. Nach der Vereidigung der neuen Regionalregierung unter Quim Torra im Mai endete die Zwangsverwaltung. Aber auch Torra besteht auf das "Recht auf Selbstbestimmung" der Katalanen. Dennoch hat sich die Lage unter der Regierung Sánchez, die seit Juni im Amt ist und sich seither um Dialog bemüht, leicht entspannt.

Mitteilung Renfe auf Twitter

Bericht in El País

Zitate Isabel Celáa in Europa Press

Zitate Quim Torra in La Vanguardia

Pro-Unabhängigkeits-Demonstranten überwinden Barrieren zwischen ihnen und der Polizei. Foto: Manu Fernandez/AP
Pro-Unabhängigkeits-Demonstranten überwinden Barrieren zwischen ihnen und der Polizei. Foto: Manu Fernandez/AP
AP