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Straße von Hormus Maas will EU-Einsatz für Golfregion nur unter Bedingungen

Soll die EU einen eigenen Beitrag zur Sicherung des Schiffsverkehrs in der Straße von Hormus leisten? Mit dieser Frage beschäftigen sich die EU-Außenminister. Militärexperten warnen vor Zurückhaltung - auch wenn ein Einsatz Ressourcen binden würde.

Von Von Ansgar Haase, dpa 29.08.2019, 15:04

Helsinki (dpa) - Die Bundeswehr muss sich vorerst nicht auf einen Marineeinsatz vor der Küste des Irans einstellen.

Bundesaußenminister Heiko Maas sagte bei einem EU-Treffen in Helsinki, sein Vorschlag von Anfang August für eine EU-Mission zum Schutz des Schiffsverkehrs in der Straße von Hormus müsse erst einmal im Lichte der Ergebnisse des G7-Treffen-Treffens in Biarritz bewertet werden.

Die Frage ist demnach, ob ein EU-Einsatz die Spannungen in der Iran-Krise verringern kann. "Alles, was zur Deeskalation beitragen kann, ist jetzt hilfreich", sagte Maas (SPD). Zudem brauche es die größtmögliche Geschlossenheit der Europäischen Union.

Ähnlich äußerte sich auch Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, die am Donnerstag ebenfalls zu Gesprächen mit EU-Kollegen in Helsinki war. "Wir wollen auf der einen Seite die Freiheit der Seewege gewähren, aber auf der anderen Seite haben wir ein besonderes diplomatisches Interesse mit Blick auf den Atomvertrag, den es mit dem Iran gibt", sagte die CDU-Politikerin dem ARD-Mittagsmagazin.

Beim G7-Gipfel hatte sich zuletzt Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron um Bewegung im Konflikt zwischen den USA und dem Iran bemüht und Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif empfangen. US-Präsident Donald Trump sah danach eine "wirklich gute Chance" für ein Treffen mit seinem iranischen Kollegen Hassan Ruhani.

Eine Zusammenkunft könnte zum Beispiel in der letzten Septemberwoche am Rande der UN-Vollversammlung in New York organisiert werden. Nach Vorstellungen des Irans sollten daran dann aber auch die Staats- und Regierungschefs aus China, Frankreich, Großbritannien, Russland und Deutschland teilnehmen. Zudem wird vom Iran eine Aufhebung von US-Sanktionen als Bedingung für ein Treffen genannt.

Die USA waren 2018 im Alleingang aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen, um das Land mit maximalem Druck zu einem Kurswechsel in der als aggressiv erachteten Außenpolitik zu zwingen. Die Wiedereinführung von Wirtschaftssanktionen hat allerdings lediglich die Spannungen angeheizt - unter anderem mit der Folge, dass der Schiffsverkehr durch die zwischen dem Iran und dem Oman liegende Straße von Hormus als nicht mehr sicher gilt. So setzte der Iran einen britischen Öltanker fest und das Land wird von den USA für die mysteriösen Angriffe auf andere Schiffe verantwortlich gemacht.

Maas hatte deswegen Anfang des Monats eine europäische Beobachtungsmission für die Straße von Hormus vorgeschlagen. Ein solcher Einsatz könnte das Geschehen in dem Seegebiet zwischen dem Iran und dem Oman inklusive möglicher Aggressionen transparent machen und dadurch deeskalierend wirken. Der bereits angelaufenen US-Schutzmission wollen sich viele EU-Staaten nicht anschließen, weil sie befürchten, dass diese für weitere Spannungen mit dem Iran sorgen könnte.

Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg wies am Donnerstag darauf hin, dass ein zusätzlicher EU-Einsatz auch helfen könnte, die wechselseitigen Vorwürfe zwischen den USA und dem Iran zu bewerten. Der internationalen Gemeinschaft könne das Gefühl gegeben werden, "hier wird beobachtet", sagte er. Der lettische Außenminister Edgars Rinkevics äußerte sich hingegen sehr zurückhaltend und wies auf mögliche rechtliche Schwierigkeiten hin. Er rechne in der nächsten Zeit nicht mit einer Entscheidung, sagte Rinkevics.

Deutsche Militärexperten sprechen sich unterdessen klar für den Einsatz aus, machen aber deutlich, dass er erhebliche Ressourcen binden würde. "Eine Mission in der Straße von Hormus würde je nach benötigter Fähigkeit zwischen 10 und 30 Prozent der maritimen Fähigkeiten Europas erfordern", schreiben Carlo Masala, Christian Mölling und Torben Schütz in einer am Donnerstag veröffentlichten Analyse der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Deutschland selbst müsste ständig mit mindestens einem Schiff an dem Einsatz beteiligt sein.

Insgesamt wären nach Schätzungen der Experten wohl mindestens fünf Fregatten oder Zerstörer mit Bordhubschraubern sowie drei Seefernaufklärer und ein bis zwei Versorger beziehungsweise Tanker im Operationsgebiet notwendig. Da diese rotieren müssten, verdreifacht sich die Zahl aber irgendwann. So seien neben den fünf Kampfschiffen im Einsatzgebiet zum Beispiel nach einiger Zeit zehn weitere auf dem Hin- beziehungsweise Rückweg.

Zu den politischen Aspekten eines möglichen deutschen Militäreinsatzes in der Golfregion heißt es in der DGAP-Analyse, Deutschland habe als im- und exportabhängige Nation ein vitales Eigeninteresse an freien Seewegen. Berlin sollte deswegen zum Erhalt seines Gestaltungsanspruchs und zur Wahrung seiner Interessen eine Mission mitentwickeln und sie gegebenenfalls führen.

Dass die Bundesregierung eine Beteiligung an dem US-Einsatz ausgeschlossen hat, kritisieren die Autoren Masala, Mölling und Schütz. "Deutschland hat den Anspruch, eine kooperative Außenpolitik zu betreiben, die sich auf Partner stützt - gleichzeitig aber werden konkrete Kooperationsoptionen nicht genutzt, geschweige denn für Partner akzeptable Alternativen vorgeschlagen", schreiben sie. Die Folgen für das Ansehen der Bundesrepublik seien im bisherigen Ergebnis dramatisch. Die Debatte um den Militäreinsatz sei aus Sicht der Partner Deutschlands ein weiterer Beweis dafür, dass die Bundesrepublik in außen- und sicherheitspolitischen Fragen nur noch bedingt zuverlässig sei.

Informationen zum Außenministertreffen

Informationen zum Verteidigungsministertreffen

EU-Informationen zur Iran-Politik

DGAP-Analyse