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Auch deutsche Firmen betroffen Merkel kritisiert US-Sanktionspläne für Russland scharf

Bahnt sich da der nächste heftige Streit zwischen der Bundesregierung und den USA an? Der US-Senat will die Russland-Sanktionen ausweiten. Die Bundesregierung sieht damit den europäischen Gasmarkt bedroht - und warnt die USA gar vor einem Bruch des Völkerrechts.

16.06.2017, 17:08

Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich der scharfen Kritik von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) an den US-Plänen für erweiterte Russland-Sanktionen angeschlossen.

Es sei befremdlich, dass bei einer Sanktionierung russischen Verhaltens die europäische Wirtschaft ein Ziel von Sanktionen sein solle, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. "Das darf nicht sein." Merkel teile hierzu von Gabriel formulierte Sorgen. "Es gibt eine große inhaltliche Übereinstimmung", sagte Seibert.

Der US-Senat hatte am Donnerstag mit überwältigender Mehrheit ein Gesetzespaket verabschiedet, das eine Ausweitung der Sanktionen gegen den Iran und Russland vorsieht. Die Verknüpfung der Sanktionen ist besonders interessant, weil die Regierung von Präsident Donald Trump beiden Ländern unterschiedlich gegenübersteht. Das Weiße Haus befürwortet schärfere Sanktionen gegen den Iran uneingeschränkt, hat aber bei Russland sogar eine Lockerung ins Spiel gebracht.

Der Senatsbeschluss zu Russland wird mit der Rolle Moskaus im Ukrainekonflikt sowie der mutmaßlich russischen Einflussnahme auf die US-Präsidentenwahl 2016 begründet. Die angestrebten Strafmaßnahmen zielen auf wichtige Bereiche der russischen Wirtschaft ab, darunter den Bergbau, die Metallindustrie sowie den Energiesektor. Die zweite Parlamentskammer, das Repräsentantenhaus, und Trump müssen dem Sanktionsgesetz zustimmen.

Gabriel hatte am Donnerstag in ungewohnt scharfem Ton kritisiert, dass europäischen Unternehmen mit Strafen gedroht werde, wenn sie sich etwa an Erdgasprojekten wie Nord Stream II mit Russland beteiligen. Er warf dem Senat deshalb vor, mit den Sanktionsplänen eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Bei dem Gesetzesentwurf gehe es eigentlich um den Verkauf amerikanischen Flüssiggases und die Verdrängung russischer Erdgaslieferungen vom europäischen Markt.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte am Freitag, wenn das Gesetz so in Kraft trete und der US-Präsident es nutze, auch deutsche und europäische Firmen in Zusammenhang mit Pipeline-Systemen in die EU mit Sanktionen zu belegen, "dann halten wir das für völkerrechtswidrig". Die Pläne stünden den deutschen Interessen diametral entgegen.

Dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), gehen Gabriels Äußerungen zu weit. "Außenminister Gabriel hat sich in der Vertretung der Interessen des russischen Staatskonzerns Gazprom zu einer Einseitigkeit und einer Tonlage hinreißen lassen, die nicht die Interessen Deutschlands widerspiegeln", sagte er dem "Spiegel". "Seine Einlassungen zeigen, wie groß der Lobbyeinfluss von Gazprom in der SPD ist."

Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft kritisierte die Haltung der USA hingegen scharf. "Die Sanktionspläne des US-Senats sind zutiefst alarmierend und prinzipiell eine Bedrohung für die europäische und deutsche Wirtschaft", sagte Klaus Schäfer, stellvertretender Ost-Ausschuss-Vorsitzender und Sprecher des Länderkreises Russland im Ost-Ausschuss. Hier werde "Amerika first" in einer ganz neuen Dimension praktiziert, um US-Anbietern internationale Märkte zu öffnen, auf Kosten europäischer Arbeitsplätze, sagte Schäfer.

Der Kreml erklärte, die Sanktionen könnten nicht nur Russland zusätzlich schaden, "sondern auch jenen, die sie unterstützen und sich ihnen anschließen". Das iranische Außenministerium bezeichnete die Sanktionspläne als illegal: "Die neuen Sanktionen zeigen erneut die allgemeine Feindseligkeit der USA gegenüber dem Iran."