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Priebus per Twitter gefeuert Parteisoldat raus, Ex-General rein: Trump ersetzt Stabschef

Gnadenlos ist das Stühlerücken im Weißen Haus. Trump ersetzt Stabschef und Parteisoldat Priebus mit einem seiner so geschätzten Generäle. Der eiserne John Kelly soll nun die Geschäfte führen. An seiner Eignung gibt es jedoch Zweifel.

Von Martin Bialecki, dpa 29.07.2017, 14:56

Washington (dpa) - Ein ehemaliger Vier-Sterne-General soll die Chaostage im Weißen Haus beenden. US-Präsident Donald Trump setzt John F. Kelly an eine der wichtigsten Schaltstellen der Macht im politischen Gefüge der USA.

Der Ex-Marine würde in Filmen als klassisch harter Hund besetzt - nun löst er den unglücklichen Reince Priebus ab. Dem Vernehmen nach schätzt Kelly Zucht und Ordnung. Wie das mit Trumps Impulsivität zusammengeht, seinem Hang zur Konfusion und den Reality-TV-ähnlichen Polit-Raufereien, wird interessant.

Mit der Ernennung Kellys erreichte der tobende Machtkampf im Weißen Haus einen vorläufigen Höhepunkt. Kelly sei ein "echter Star" seiner Regierung, ließ Trump sich am Freitag mehrfach vernehmen. In der alten Zeit, also vor eigentlich ganz wenigen Jahren, wurden Stabschefs in glanzvollen Zeremonien im East Room des Weißen Hauses gekürt. Heute rauscht, zack, ein präsidialer Tweet mit der Personalie durchs Netz. Und der bisherige Stabschef steht, buchstäblich, sehr nass und sehr alleine, auf dem Rollfeld eines Flughafens bei Washington. Gerade noch Vertraute wenden sich ab.

Trumps Team kehrte gerade aus New York in Washingtons Regen zurück, schon auf Long Island hatte Trump Kelly auffällig gelobt. Der 67-Jährige leitete zuletzt als erster Nicht-Zivilist das Ministerium für Heimatschutz, Homeland Security. Kelly ist ein knallharter Konservativer, kümmert sich um Grenzsicherung und Terrorabwehr. Er wird als "Falke der Grenzsicherung" beschrieben. Jahrzehnte hat er als Soldat gedient, wurde hochdekoriert. Seine Kampferfahrung könnte er noch brauchen.

Der freundliche Priebus ist der bis dato jüngste große Verlierer der massiven Streitigkeiten am präsidialen Hofe. Der letzte ist er sicher nicht. Als unwürdig beschreiben Wegbegleiter, was Priebus zuletzt widerfahren ist.

Unflätig hatte Trumps neuer Kommunikationschef Anthony Scaramucci seinen Konkurrenten Priebus beschimpft. Einem Reporter sagte er, der Stabschef sei ein "fucking paranoider Schizophrener, ein Paranoiac". Trump hatte Scaramucci gewähren lassen, Fragen dazu quittierte er mit stillem Grinsen. Wohlgemerkt berichtet Scaramucci direkt an Trump und nicht, wie üblich, an den Stabschef. Schwer vorstellbar, dass Soldat Kelly, an saubere Befehlsketten gewöhnt, das so belassen möchte.

Es gibt unterschiedliche Darstellungen, ob Priebus von sich aus in den Sack gehauen hat oder von Trump schon vor längerem seines nahen politischen Endes versichert wurde. Reporter berichten, Priebus habe gesagt, er sei am Donnerstag zurückgetreten. Er selbst stellt es ebenfalls so dar.

"Priebus ist ein guter Mann", sagte Trump nach seiner Rückkehr aus New York vor Reportern. "Kelly wird einen fantastischen Job machen."

Das findet Priebus auch, zumindest sagte er zu CNN-Moderator Wolf Blitzer: Niemand könne diesen Job besser machen als Kelly. Für den Reset-Knopf sei das auf jeden Fall ein guter, für das Weiße Haus nötiger Moment, sagt er. Gleichwohl wirken sein Lächeln und die eiserne Loyalität steif und sehr müde. Kein Wort zu Scaramucci, Parteisoldat bis zuletzt. "Ich werde immer Trump-Fan bleiben."

Kelly selbst äußert sich zutiefst dankbar, er freue sich auf die Aufgabe. Am Montag wird er vereidigt, gefolgt von einer Kabinettssitzung.

Vielleicht ist Priebus nach sechs äußerst wechselhaften Monaten ja auch ein ganz kleines bisschen erleichtert. Als ehemaliger Chef der republikanischen Partei hatte er von Beginn an einen schweren Stand in der unerfahrenen Regierung. Bestens vernetzt, sollte er Brücken in den Kongress bauen, den Trump für eine Reihe seiner Großprojekte mehr brauchen sollte, als ihm lieb ist. Auch ist Priebus ein enger Freund des mächtigen Sprechers des Repräsentantenhauses, Paul Ryan. All das nutzte ihm nicht viel, die Raufereien und Flügelkämpfe im Weißen Haus bekam er so wenig in den Griff wie die großen Gesetzesvorhaben.

Kelly ist eher als Aufräumer denn als Brückenbauer bekannt, sonderlich vernetzt ist er in Washington nicht. So ließe sich seine Ernennung auch als ein Rückzug des Weißen Hauses auf sich selbst interpretieren, auf die harten Themen, die bei der Kernwählerschaft so gut verfangen. Nach einer politisch extrem erfolglosen Woche mit einer historischen "Obamacare"-Niederlage im Senat könnte Trump sich denken: Soll der Kongress doch machen, was er will, ich mache hier einfach, was geht. Der scharfkantige Themenkreis Grenze, Sicherheit und Einwanderung dürfte mit Kelly noch wichtiger werden.

Kelly steht bei Trump seit längerem sehr hoch im Kurs. Trump mag Generäle sehr, sehr gerne. Er hat aus seiner Bewunderung für Ex-Militärs nie einen Hehl gemacht. Am Samstag äußerten US-Medien und Regierungsexperten Zweifel an Kellys Eignung zum Stabschef. Er sei gänzlich unerfahren, wenn es nun auch um Dinge wie Steuern gehe, um Infrastruktur und administratives Klein-Klein. Der Präsident möge Kelly als Aufräumer geholt haben, aber das Chaos beginne ja immer mit Trump selbst.

Wer wird Kelly nun bei Homeland Security ersetzen? Vielleicht Jeff Sessions, von Trump schwer beschädigter Chefankläger? Das könnte eine Art ehrenrettender Seitenbewegung sein, um danach freie Hand für die Beseitigung von Russland-Sonderermittler Robert Mueller zu haben. Und was wird aus Trumps Chefstratege Steve Bannon, zuletzt Priebus' Kumpan in schwerer Zeit? Der wurde ebenfalls von Scaramucci mit Schmutz beworfen, ohne dass der Chef dazwischen gegangen wäre. 

Wie in einer Art Extrem-Schach eröffnet Priebus' Demission Trump weitere Züge. Einmal mehr macht er klar, wer der Bestimmer ist. Wer ihm blöd kommt, gefährlich wird oder nicht liefert, muss gehen. Sprecherin Sarah Sanders: "Wir dienen alle zum Wohle des Präsidenten."