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Debakel für Biden Sanders gewinnt zweite Vorwahl im US-Präsidentschaftsrennen

Bei den ersten Vorwahlen in den USA geht es viel um Signalwirkung. Und Signale gibt es aus New Hampshire nicht zu knapp. Zwei höchst ungleiche Bewerber rangeln erneut um die Führung. Und der einstige Favorit Joe Biden? Er fährt wieder eine bittere Niederlage ein.

Von Jürgen Bätz und Christiane Jacke, dpa 12.02.2020, 17:46

Concord/Washington (dpa) - Die zweite Vorwahl im US-Präsidentschaftsrennen bringt einige Überraschungen mit sich.

Zum zweiten Mal in Folge setzen sich hier der linke Senator Bernie Sanders und der Ex-Bürgermeister Pete Buttigieg an die Spitze - diesmal mit einem Vorsprung für Sanders.

Den dritten Platz sichert sich überraschend eine bisher weniger bekannte Bewerberin: die Senatorin Amy Klobuchar. Und einer ist - erneut - der große Verlierer: Ex-US-Vizepräsident Joe Biden. Für das lange Rennen, das noch bevorsteht, sind das interessante Vorzeichen.

Nach dem Chaos bei der ersten Vorwahl in Iowa, wo sich die Verkündung von Ergebnissen um Tage verzögert hatte, lief es bei der ersten klassischen Vorwahl mit Wahlzetteln in New Hampshire weitaus geschmeidiger.

Noch in der Nacht zu Mittwoch gab es Resultate: Nach Auszählung fast aller Stimmen kam Sanders dort auf rund 26 Prozent. Buttigieg war ihm mit gut 24 Prozent der Stimmen dicht auf den Fersen. Auf Platz drei: Klobuchar mit rund 20 Prozent der Stimmen. Erst auf Platz vier folgte die Senatorin Elizabeth Warren mit gut 9 Prozent, danach - mit mageren nicht mal 9 Prozent - dann Biden.

Sanders, der eine linke Agenda fährt und gerade bei jungen Leuten sehr gut ankommt, hatte in Umfragen in New Hampshire deutlich vorne gelegen. Der 78-Jährige, der sich selbst einen "demokratischen Sozialisten" nennt, stammt aus dem angrenzenden Staat Vermont im Nordosten der USA. Für ihn gehört New Hampshire quasi zur erweiterten Nachbarschaft. Sein Sieg kam also nicht überraschend. Sanders stellte sich nach dem Erfolg als den besten Kandidaten dar, um gegen den republikanischen Präsidenten Donald Trump anzutreten. "Dieser Sieg ist der Anfang vom Ende für Donald Trump", sagte er vor Anhängern.

Buttigieg, der 40 Jahre jünger ist als Sanders, schaffte es näher an den Sieger heran als erwartet. Der Jüngste im Feld der demokratischen Präsidentschaftsbewerber hat einen Lauf: Der 38-Jährige, der vor einem Jahr auf nationaler Ebene noch weitgehend unbekannt war, hatte sich in Iowa nach bisherigem Stand der Auszählungen überraschend knapp vor Sanders an die Spitze gesetzt. Diesen Schwung konnte Buttigieg nutzen. Der moderate Demokrat sagte am Mittwoch, er sei begeistert vom Wahlausgang. "Das ist erst der Anfang", räumte er zwar ein, betonte aber: "Diese ersten beiden Staaten sind sehr bedeutsam."

In Iowa und New Hampshire werden nur wenige Delegiertenstimmen für den wichtigen Nominierungsparteitag der Demokraten im Sommer vergeben. Ein großer Batzen wird am "Super Tuesday" am 3. März verteilt, wenn in mehr als einem Dutzend Bundesstaaten Vorwahlen anstehen. Dennoch haben die ersten Vorwahl-Staaten vor diesem Datum - Iowa, New Hampshire, Nevada und South Carolina - große Signalwirkung. Wer dort nicht unter die ersten drei seiner Partei kommt, dem werden für das weitere Rennen eher trübe Aussichten nachgesagt.

Umso bedeutsamer ist der überraschende dritte Platz in New Hampshire für Klobuchar. Die Senatorin aus Minnesota machte zuletzt in TV-Debatten immer wieder eine gute Figur - mit Schlagfertigkeit und Witz - und bekam kraftvolle Unterstützung von der "New York Times", die sich offiziell für Warren und Klobuchar aussprach. In nationalen Umfragen rangiert Klobuchar allerdings eher abgeschlagen. Wie Buttigieg ist sie eine moderate Stimme der Demokraten - im Gegensatz zu den linken Frontfiguren Sanders und Warren.

Warren, die zwischenzeitlich in nationalen Umfragen mal vorne gelegen hatte, erlebte einen insgesamt schwachen Vorwahl-Auftakt: Nach einem dritten Platz in Iowa landete sie in New Hampshire nur auf Rang vier.

Besonders schmerzhaft ist der Wahlausgang aber für Biden. Über Monate hatte der 77-Jährige in nationalen Umfragen in Führung gelegen, es in Iowa aber nur auf den enttäuschenden Platz vier geschafft. In New Hampshire nun sogar Platz fünf - das ist bitter für Biden, der als Ex-Vizepräsident der prominenteste Bewerber ist. Doch in den vergangenen Wochen legte Biden immer wieder schwache Auftritte hin, wirkte teils fahrig, unsouverän. Aus New Hampshire reiste er angesichts des Debakels vorzeitig ab. Durch zwei Vorwahl-Schlappen in Folge scheint sein Nimbus als Favorit gebrochen. Auf nationaler Ebene hat sich Sanders in Umfragen inzwischen an Biden vorbeigeschoben.

Biden gab sich jedoch kämpferisch. Bislang hätten erst zwei relative homogene Bundesstaaten abgestimmt, sagte er. Biden hofft auf große Unterstützung bei Latinos und schwarzen Amerikanern - bei den nächsten beiden Vorwahlen in Nevada und South Carolina. Gerade in South Carolina - mit einer großen afroamerikanischen Wählerschaft, die für die Demokraten besonders wichtig ist - hat Biden bislang gute Aussichten und führt dort die Umfragen an. Ob es bis zum 29. Februar dabei bleibt, wenn die eigentlich Wahl ansteht, ist allerdings offen.

Womöglich könnte der frühere New Yorker Bürgermeister Mike Bloomberg das Rennen der Demokraten noch aufmischen. Der Milliardär trat in Iowa und New Hampshire nicht an, sondern setzt auf einen Erfolg in den großen Staaten am "Super Tuesday". Bloomberg hat dort bereits zig Millionen US-Dollar für Fernsehwerbung ausgegeben. Er nimmt keine Spenden an, sondern finanziert seinen Wahlkampf selbst. In nationalen Umfragen hat er sich mit seiner Strategie allmählich vorgearbeitet.

Drei Bewerber - Andrew Yang, Michael Bennet und Deval Patrick - gaben nach enttäuschenden Ergebnissen das Ende ihrer Wahlkampagnen bekannt. Damit sind immer noch acht demokratische Bewerber im Rennen. Ursprünglich waren es mal fast 30 gewesen. Bei den Republikanern wiederum gelten die Vorwahlen nur als Formsache: Trump hat als Amtsinhaber keine ernstzunehmende parteiinterne Konkurrenz.

Die Vorwahlen ziehen sich noch bis Juni hin. Anschließend küren beide Parteien ihren Präsidentschaftskandidaten offiziell. Die Präsidentschaftswahl ist für den 3. November angesetzt.

Andrew Harnik
Andrew Harnik
AP