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Slowakei und Ungarn wehren sich gegen Flüchtlingsverteilung

Die beschlossene Umverteilung von 120 000 Flüchtlingen innerhalb der EU landet vor Gericht: Die erzürnte Regierung der Slowakei reicht Klage beim Europäischen Gerichtshof ein, Ungarn könnte schon bald nachziehen. In Budapest ist die Rede von einem Geheimplan.

02.12.2015, 17:22

Bratislava (dpa) - Die Staaten im Osten der EU stemmen sich immer vehementer gegen die Zuteilung von Flüchtlingen aus anderen Mitgliedsländern.

Die Slowakei reichte nun eine Klage gegen die EU beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg ein, der sich Ungarn möglicherweise noch im Dezember anschließen will. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban sprach zudem von angeblichen Geheimplänen zur Verteilung Hunderttausender syrischer Flüchtlinge aus der Türkei in den EU-Staaten.

Die slowakische Regierung erklärte am Mittwoch, sie habe den EuGH in ihrer Klage aufgefordert, die Entscheidung des EU-Rats vom 22. September für ungültig zu erklären. Damals hatten die EU-Innenminister gegen die Stimmen der Slowakei, Ungarns, Tschechiens und Rumäniens eine Verteilung von 120 000 Flüchtlingen aus überfüllten italienischen und griechischen Lagern auf alle EU-Länder beschlossen. Auf Deutschland sollen davon 31 000 Menschen entfallen. In Gang gekommen ist die Aktion bislang aber kaum.

Eine Sprecherin der EU-Kommission erklärte auf Anfrage, die Klage der Slowakei richte sich nicht gegen ihre Behörde, sondern gegen den Ministerrat als Vertretung der Mitgliedstaaten. Die Rechtsexperten beider Institutionen seien überzeugt, dass der Beschluss zur Flüchtlingsverteilung juristisch hieb- und stichfest ist. Wir sind also zuversichtlich, dass das Gericht das auch so sieht, sagte die Sprecherin.

Die Slowakei hatte schon am 23. September mit der nun eingebrachten Klage gedroht. Auch die neue nationalkonservative Regierung Polens kritisiert den damals von der Vorgängerregierung mit unterstützten Vorschlag inzwischen als Fehler.

Die slowakische Regierung von Ministerpräsident Robert Fico fordert - wie zum Beispiel auch Tschechien - ein Freiwilligkeitsprinzip bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Sie will demnächst 149 ausgewählte christliche Flüchtlinge aus einem irakischen Flüchtlingslager in die Slowakei einfliegen lassen.

Ungarns Regierungschef Orban, der auch wegen fremdenfeindlicher Entgleisungen international umstritten ist, sieht die 120 000 Flüchtlinge bloß als Spitze des Eisbergs. Mehrere EU-Staaten hätten bei ihrem Gipfeltreffen mit der türkischen Regierung am Sonntag eine geheime Hintergrundabsprache getroffen, kritisierte er am Mittwoch in Budapest laut der staatlichen Nachrichtenagentur MTI. Dabei gehe es offenbar um die Verteilung weiterer 400 000 bis 500 000 syrischer Flüchtlinge aus der Türkei innerhalb der EU.

Er rechne damit, dass dieser Plan noch diese Woche in Berlin veröffentlicht werde, sagte Orban weiter. Das angebliche Zusatzkontingent an Flüchtlingen kommentierte der nationalkonservative Politiker mit den Worten: Wir können dies nicht akzeptieren. Unabhängig davon plant seine Regierung ebenfalls eine Klage gegen die Aufnahmepflicht nach einem Verteilungsschlüssel.

EU-Vizekommissionschef Frans Timmermans bezeichnete den angeblichen Geheimplan als Unsinn. Auf Details ging der Niederländer nicht ein. Er hatte vor dem EU-Türkei-Gipfel wochenlang mit Ankara über einen gemeinsamen Aktionsplan der EU und der Türkei zur Bewältigung der Flüchtlingskrise verhandelt.

Tatsächlich hatte kurz vor dem Gipfel eine kleine Runde führender Politiker aus acht EU-Ländern, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), über legale Einreisemöglichkeiten für in der Türkei befindliche Flüchtlinge beraten. Eine Zahl wurde dabei nicht bestätigt. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung sei von 400 000 Flüchtlingen die Rede gewesen.

Offizielle Mitteilung der Regierung auf ihrer Homepage, Slowakisch

Video der Bekanntgabe durch Regierungschef Fico, TV-Sender TA3, Slowakisch