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Neuwahl im Mai Slowenischer Ministerpräsident Cerar tritt zurück

Zum Schluss ein Ausrufezeichen: Nur wenige Monate vor dem Ende seiner Amtszeit tritt der slowenische Regierungschef Miro Cerar völlig überraschend zurück. Bei seiner Entscheidung dürfte er einige Hintergedanken gehabt haben - vor allem im Hinblick auf seine Partei.

15.03.2018, 16:38

Ljubljana (dpa) - Sloweniens Ministerpräsident Miro Cerar ist nach einer politischen Niederlage bei einem Vorzeigeprojekt zurückgetreten.

Das Oberste Gericht Sloweniens hatte ein im vergangenen Jahr abgehaltenes Referendum über ein rund eine Milliarde Euro teures Eisenbahnprojekt, das Cerar propagiert hatte, annulliert.

Cerar übergab sein formales Rücktrittsschreiben am Donnerstagmittag an Präsident Borut Pahor, wie das Kabinett nach dem Treffen mitteilte. Pahor entschied demnach, keinen Ersatz für das Amt des Regierungschefs zu bestimmen. Damit steht das südosteuropäische EU-Land vor einer vorgezogenen Wahl. Der Präsident rechne mit einer Neuwahl in der zweiten Maihälfte, hieß es in der Mitteilung. Da die Parlamentswahl regulär für den 10. Juni angesetzt war, würde sie sich nur um wenige Wochen nach vorne verschieben.

Ziel der neuen Eisenbahnlinie, die Cerar zum Anlass für seinen Rücktritt nahm, war es, den Frachtverkehr vom einzigen Hafen Sloweniens in Koper ins 30 Kilometer entfernte Divaca zu beschleunigen. Cerar schrieb dem Projekt entscheidende Bedeutung für die Entwicklung des Hafens und die Wirtschaft Sloweniens zu.

Bis zur Bildung eines neuen Kabinetts wolle er kommissarisch im Amt bleiben, sagte der 54 Jahre alte Mitte-Links-Politiker. Cerar hatte seinen völlig überraschenden Schritt am Vorabend angekündigt. "Liebe Mitbürger, (...) ich gebe die Macht zurück in Eure Hände", sagte er am Mittwoch.

Cerar war als prominenter Verfassungsjurist 2014 in einer vorgezogenen Parlamentswahl ins Amt gekommen. Er hatte seine "Moderne Zentrumspartei" (SMC) damals erst kurz vor der Wahl gegründet und ging mit der konservativen Rentnerpartei und den Sozialdemokraten eine Koalition ein. Seine Koalitionspartner hatte Cerar nicht über den bevorstehenden Rücktritt informiert. Beobachter werteten das als Beleg für Probleme innerhalb der Koalition.

Auch im Volk war Cerar zuletzt unbeliebt. Trotz solider Wirtschaft lasteten ihm die Bürger Umfragen zufolge eine Reihe von Problemen an, darunter einen Grenzstreit mit dem Nachbarland Kroatien und einen Tarifstreit im öffentlichen Dienst. Die Lehrergewerkschaft, die am Mittwoch einen ganztägigen Warnstreik abgehalten hatte, sagte für April geplante weitere Streiks auf Cerars Rücktritt hin ab.

Durch die Unbeliebtheit der derzeitigen Regierung sei wahrscheinlich, dass Cerars Rücktritt die Chancen der SMC bei der Wahl verbessere, schätzte Andraz Zorko, Experte beim Wahlforschungsinstitut Valicon. "Das bringt einen erheblichen Umbruch in der Positionierung der SMC im Verhältnis zu den anderen Parteien", sagte Zorko der Nachrichtenagentur STA.

Slowenien grenzt an Italien, Österreich, Ungarn und Kroatien und ist seit 2004 EU-Mitglied.