1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Theresa May übersteht Misstrauensabstimmung um Parteivorsitz

Aufstand in Fraktion Theresa May übersteht Misstrauensabstimmung um Parteivorsitz

Die britische Premierministerin übersteht den Aufstand in ihrer Fraktion. Ob sie damit bessere Chancen hat, eine Mehrheit für ihr Brexit-Abkommen im Parlament zu bekommen, ist aber ungewiss.

Von Silvia Kusidlo und Christoph Meyer, dpa 12.12.2018, 21:22
Theresa May, Premierministerin von Großbritannien, verlässt eine Pressekonferenz in der 10 Downing Street. Foto: Matt Dunham/PA Wire
Theresa May, Premierministerin von Großbritannien, verlässt eine Pressekonferenz in der 10 Downing Street. Foto: Matt Dunham/PA Wire PA Wire

London/Brüssel (dpa) - Die britische Premierministerin Theresa May hat die Misstrauensabstimmung um ihr Amt als konservative Parteichefin gewonnen. Das teilte der Vorsitzende des zuständigen Parteikomitees, Graham Brady, am Mittwochabend mit.

May erhielt die Stimmen von 200 der 317 konservativen Abgeordneten im Unterhaus. Sie kann damit als Parteichefin und Premierministerin weitermachen. Für May ist das dennoch kaum ein Grund zum Feiern. Sie muss weiterhin ihren Brexit-Deal durchs Parlament bringen.

Sie kann nun damit rechnen, dass 117 Abgeordnete ihrer eigenen Partei dabei nicht mitspielen werden. Angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse im Parlament ist das ein desaströses Ergebnis.

Hinter dem Misstrauensantrag gegen May standen hauptsächlich die Brexit-Hardliner ihrer Fraktion um den erzkonservativen Hinterbänkler Jacob Rees-Mogg. Das Ergebnis sei "schrecklich", sagte er nach der Abstimmung. "Sie muss dringend zur Queen gehen und zurücktreten."

Ausgelöst wurde der Aufstand durch den Streit über das Brexit-Abkommen, das die Unterhändler Großbritanniens und der EU in Brüssel ausgehandelt hatten. Die Brexit-Hardliner um Rees-Mogg befürchten, dass Großbritannien durch das Abkommen dauerhaft eng an die Europäische Union gebunden wird. In weniger als vier Monaten - am 29. März - will das Land aus der Staatengemeinschaft ausscheiden.

Kurz vor dem Beginn des Wahlgangs hatte sich die Regierungschefin mit einer Ansprache an ihre Parteifreunde gewandt. "Kraftvoller und bewegender Moment", schrieb ein Abgeordneter auf Twitter über den Auftritt Mays hinter verschlossenen Türen. Die Premierministerin habe klar gemacht, dass sie zurücktreten werde, sobald der Brexit vollzogen sei. Minister berichteten, May habe in Aussicht gestellt, nicht mehr bei der nächsten regulären Parlamentswahl 2022 anzutreten.

May hatte eine für Dienstag angesetzte Abstimmung über ihren Brexit-Deal auf Eis gelegt, weil sie auf eine sichere Niederlage zusteuerte. Das brachte das Fass zum Überlaufen. Einen neuen Termin für die Abstimmung gibt es bislang noch nicht. May kündigte lediglich an, dass sie vor dem 21. Januar stattfinden soll. Wie sie ihr Brexit-Abkommen durchs Parlament bekommen will, ist trotz überstandenen Putsches völlig unklar.

Am Donnerstag beschäftigt sich der EU-Gipfel noch einmal mit den britischen Austrittsplänen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und die übrigen Staats- und Regierungschefs wollen dazu beitragen, dass der fertige EU-Austrittsvertrag eine Mehrheit im britischen Parlament findet. Wie dies ohne Nachverhandlungen geschehen soll, ist offen.

Merkel betonte am Mittwoch im Bundestag, man arbeite hart, um einen ungeregelten Brexit ohne Vertrag zu vermeiden. Ratschef Donald Tusk stellte aber in seinem Einladungsbrief an die EU-Staats- und Regierungschefs auch klar, dass man sich nun verstärkt für ein solches Szenario wappne. "Da die Zeit davonrennt, werden wir auch den Stand der Vorbereitung für ein No-Deal-Szenario diskutieren", schrieb Tusk. Er bezeichnete die Situation in Großbritannien als ernst.

Tweet zu Mays Ansprache vor Abstimmung - Englisch

Teilnehmer der «Brexit Betrayal Rallye», einer Pro-Brexit-Demonstration, halten Fahnen und Schilder. Foto: Gareth Fuller/PA Wire
Teilnehmer der «Brexit Betrayal Rallye», einer Pro-Brexit-Demonstration, halten Fahnen und Schilder. Foto: Gareth Fuller/PA Wire
PA Wire
Wirtschaftlicher Selbstmord - so sahen im vergangenen Jahr die Düsseldorfer Karnevalisten den britischen EU-Austritt. Foto: Ina Fassbender
Wirtschaftlicher Selbstmord - so sahen im vergangenen Jahr die Düsseldorfer Karnevalisten den britischen EU-Austritt. Foto: Ina Fassbender
dpa
Eine Mehrheit im britischen Parlament für den Brexit-Deal von Premierministerin May ist nicht in Sicht. Foto: Pa/PA Wire
Eine Mehrheit im britischen Parlament für den Brexit-Deal von Premierministerin May ist nicht in Sicht. Foto: Pa/PA Wire
PA Wire
Gegenspieler von Theresa May: Jacob Rees-Mogg steht einer Gruppe von rund 80 Brexit-Hardlinern in der Tory-Fraktion vor. Stefan Rousseau/PA Wire Foto: Stefan Rousseau
Gegenspieler von Theresa May: Jacob Rees-Mogg steht einer Gruppe von rund 80 Brexit-Hardlinern in der Tory-Fraktion vor. Stefan Rousseau/PA Wire Foto: Stefan Rousseau
PA Wire
Als möglicher Nachfolger wird unter anderem der zurückgetretene Brexit-Minister Dominic Raab genannt. Foto: Matt Dunham/AP
Als möglicher Nachfolger wird unter anderem der zurückgetretene Brexit-Minister Dominic Raab genannt. Foto: Matt Dunham/AP
AP
Bei den britischen Buchmachern wetten viele auf den schillernden Ex-Außenminister Boris Johnson. Foto: Owen Humphreys/PA Wire
Bei den britischen Buchmachern wetten viele auf den schillernden Ex-Außenminister Boris Johnson. Foto: Owen Humphreys/PA Wire
PA Wire
Demonstration für ein zweites Referendum über den EU-Austritt: «No Brexit is better than a bad Brexit» (kein Brexit ist besser als ein schlechter Brexit). Foto: Louise Wateridge/ZUMA Wire
Demonstration für ein zweites Referendum über den EU-Austritt: «No Brexit is better than a bad Brexit» (kein Brexit ist besser als ein schlechter Brexit). Foto: Louise Wateridge/ZUMA Wire
ZUMA Wire
Werbetafel einer Wechselstube zum Tausch von Pfund und Euro an der Grenze zwischen der Republik Irland und der britischen Region Nordirland. Foto: Brian Lawless
Werbetafel einer Wechselstube zum Tausch von Pfund und Euro an der Grenze zwischen der Republik Irland und der britischen Region Nordirland. Foto: Brian Lawless
PA Wire