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Krisensitzung in Berlin CDU-Präsenzparteitag vom Tisch

Jetzt muss der Parteivorstand entscheiden: Folgt er den Vorstellungen von Laschet oder von Merz. Gibt es einen digitalen Parteitag, eine Briefwahl - oder wird das Delegiertentreffen auf 2021 verschoben?

Von Jörg Blank, Jörg Ratzsch und Ruppert Mayr, dpa 25.10.2020, 22:55

Berlin (dpa) - Der für den 4. Dezember geplante Präsenzparteitag der CDU mit 1001 Delegierten zur Wahl eines neuen Parteivorsitzenden in Stuttgart ist vom Tisch. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur nach gut fünfstündigen Beratungen der engsten Parteispitze in Berlin.

Man habe einen Rahmen für das weitere Vorgehen besprochen, den Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer nun an diesem Montag den CDU-Gremien vorstellen werde.

Offen war nach diesen Informationen, ob es eine Verschiebung des Parteitags ins nächste Jahr geben soll, oder ob es noch in diesem Jahr einen sogenannten hybriden Parteitag geben kann, bei dem an mehreren Standorten in Deutschland verteilt in Präsenz und virtuell gewählt würde. Als dritte Option galt eine Briefwahl. Eine endgültige Entscheidung soll am Montag im Vorstand der Partei getroffen werden.

In der Parteispitze und unter den Kandidaten - NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz und Außenpolitiker Norbert Röttgen - hatte sich am Wochenende keine Einigkeit über das weitere Vorgehen abgezeichnet.

Von anderer Seite hieß es aus der Partei, bei den Beratungen im Adenauerhaus, der Parteizentrale, seien die verschiedenen Möglichkeiten besprochen worden, die es für den Parteitag gebe. Man sei nicht im Streit auseinandergegangen.

Laschet sagte am Abend in der ARD-Sendung "Anne Will", seine Haltung sei klar. "Ich glaube, dass man nicht in einer solchen Zeit, wo man den Menschen zumutet, Veranstaltungen nicht mehr zu besuchen, das Haus nicht mehr zu verlassen, dass wir mit 1000 Menschen dann einen Präsenz-Parteitag machen können." Kramp-Karrenbauer werde den Parteigremien am Montag einen Vorschlag mache, wie es weitergehe.

Auf die Frage, ob Merz dieser Sicht zugestimmt habe, sagte Laschet: "Fragen Sie ihn. Ich finde das fair, dass jeder das für sich erklärt." Er und Merz hätten ihre Argumente gegenseitig "wertgeschätzt, ich verstehe auch seine Argumente. Und morgen wird eine Entscheidung fallen." Es sei verständlich, dass so unterschiedliche Persönlichkeiten wie er und Merz unterschiedliche Ansätze hätten. Kanzlerin Angela Merkel werde sich in dieser Frage ganz heraushalten, das habe sie immer betont, sagte Laschet.

Merz pochte auf eine Klärung der offenen Führungsfrage noch in diesem Jahr. "Auch wenn ein Präsenzparteitag unter den gegenwärtigen Bedingungen sicher schwierig sein wird, so bin und bleibe ich der Meinung, dass die CDU noch in diesem Jahr die offene Führungsfrage klären muss", sagte er der dpa in Berlin. "Ein digitaler Parteitag am 4. Dezember ist ebenso möglich wie eine Entscheidung über den Vorsitzenden der CDU per Briefwahl."

Röttgen zeigte sich nach dem Spitzengespräch zufrieden. "Wir haben lange, aber konstruktiv und gut gesprochen und haben auch eine Linie gefunden, die die Parteivorsitzende morgen mitteilt", sagte er der dpa. Auf Nachfrage, ob der Präsenzparteitag in Stuttgart vom Tisch sei, sagte Röttgen lediglich, er wolle nicht vorgreifen, man habe eine Linie gefunden und das werde mitgeteilt.

Laschet hatte schon vor dem Treffen in der "Welt am Sonntag" für eine Verschiebung des für den 4. Dezember geplanten Treffens der 1001 Delegierten ins nächste Jahr. Merz hatte erklärt, er sei dafür, den Parteitag notfalls in einer geänderten, hybriden Form an mehreren Standorten in Präsenz und virtuell zugleich zu organisieren.

An den Beratungen von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer, Generalsekretär Paul Ziemiak und Bundesgeschäftsführer Stefan Hennewig mit den Kandidaten nahmen auch die Parteivizes Volker Bouffier, Julia Klöckner, Thomas Strobl und Silvia Breher teil.

In einer Schaltkonferenz mit den CDU-Fraktionschefs von Bund und Ländern warnte Merkel nach Angaben der "Bild"-Zeitung am Sonntag erneut vor schwierigen Monaten wegen der rasanten Ausbreitung des Coronavirus. "Es stehen uns sehr, sehr schwere Monate bevor", wurde sie zitiert. Mit Blick auf die Ministerpräsidentenkonferenz Ende der Woche zeigte sie sich demnach besorgt. Sie habe "kein so gutes Gefühl", sagte die Kanzlerin. "So kann es nicht weitergehen."

Am Wochenende hatte Merkel die Bevölkerung erneut dazu aufgerufen, auf Reisen und Kontakte zu verzichten. "Das Gebot der Stunde heißt für uns alle: Kontakte reduzieren. Viel weniger Menschen treffen", sagte sie in ihrem am Samstag veröffentlichten Videopodcast.

© dpa-infocom, dpa:201025-99-71330/9