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Streit um Windräder ungelöst Die Hängepartie für den Ökostrom-Ausbau geht weiter

Neuer Streit um Abstandsregeln für Windräder und dann auch noch das Coronavirus: Der große Befreiungsschlag für den Ausbau der Windkraft ist erst mal vertagt. Nun soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe ran. Erhöht das die Chancen?

Von Teresa Dapp und Andreas Hoenig, dpa 10.03.2020, 23:01

Berlin (dpa) - Im zähen Streit um einen schnelleren Ökostrom-Ausbau wollen Ministerpräsidenten, Bundesregierung und Bundestagsabgeordnete von Union und SPD nun gemeinsam den Durchbruch schaffen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder kündigte am Donnerstag in Berlin an, eine "kleine Gruppe" solle sich des Dauerkonflikts der schwarz-roten Koalition im Bund annehmen. Es gebe noch "sehr unterschiedliche Auffassungen" zwischen Nord- und Süddeutschland sowie den von CDU/CSU sowie SPD regierten Ländern. Die Branche reagierte verärgert.

Die Einrichtung der Arbeitsgruppe begründete Söder auch mit dem Coronavirus, der die Konferenz der Länderchefs dominierte. Allerdings sind die Gräben tief, die es in der Energiepolitik zu überwinden gilt. Union und SPD streiten seit rund eineinhalb Jahren darüber, wie die Akzeptanz für Windkraftanlagen vergrößert und der Ökostrom-Ausbau beschleunigt werden kann.

Hintergrund ist, dass Solar- und Windstrom rasch Atom- und Kohlekraft ersetzen sollen, um Klima und Umwelt zu schützen. 2022 geht das letzte Atomkraftwerk vom Netz, 2038 soll mit dem Kohlestrom Schluss sein. Bis 2030 soll der Ökostrom-Anteil von derzeit etwa 43 auf 65 Prozent klettern, und das bei steigendem Strombedarf. Experten sind sich einig: Dafür müssen viel mehr Windräder an Land und auf See sowie Solaranlagen gebaut werden. Stattdessen stockt vor allem der Ausbau von Windrädern an Land, auch weil Anwohner sich wehren.

Vor allem Unionspolitiker im Bundestag pochen daher auf einen bundesweiten Mindestabstand von 1000 Metern zwischen Windrädern und Wohnhäusern. Kritiker argumentieren, dass damit viel weniger Fläche für Windkraft zur Verfügung stünde. Bisher handhaben die Bundesländer das unterschiedlich - in Bayern gilt sogar das Zehnfache der Windrad-Höhe als Maßstab. Die Details der 1000-Meter-Regel sind derzeit der Knackpunkt im Streit um die erneuerbaren Energien.

Damit verbunden ist die Aufhebung eines Förderdeckels für Solaranlagen, der bei 52 Gigawatt installierter Leistung greifen soll - es könnte schon im Frühjahr soweit sein. Über den Bundesrat hatten die Länder schon gefordert, den Deckel aufzuheben. Das ist eigentlich Konsens. Unionspolitiker beharren aber auf einem "Gesamtpaket" - 1000-Meter-Regel inklusive.

Ein Einigungsversuch von Union und SPD am Vorabend der Ministerpräsidenten-Konferenz war in der Nacht zum Donnerstag gescheitert - die SPD verließ erbost den Verhandlungstisch. Söder hatte zuvor "Zwangsbeglückung" durch den Bund abgelehnt und damit - so berichteten Teilnehmer - die Gemüter zusätzlich erhitzt.

Fällt eine Einigung in erweiterter Runde leichter? "SPD und CDU konnten sich schon im Vorfeld nicht auf eine gemeinsame Linie einigen: ein denkbar schlechtes Vorzeichen für die Gespräche mit den Ländern", sagte der Chef des Umweltverbandes BUND, Olaf Bandt.

Die Präsidentin des Bundesverbands für Erneuerbare Energien (BEE), Simone Peter, reagierte verärgert. "Es gab genug Arbeitsgruppen, in denen der Versuch des Bundes, einheitliche Abstandsvorgaben bei der Windenergie an Land durchzusetzen, ungelöst blieb", sagte sie der dpa. "Es geht um Arbeitsplätze und Wertschöpfung in ihren Ländern, die durch verfehlte Politik in Berlin immer mehr in Gefahr geraten."

Jens Büttner
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zb
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Patrick Pleul
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Ingo Wagner
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dpa
Daniel Reinhardt
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