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Umstrittener Unkrautvernichter Hendricks bei Glyphosat gegen Merkel und die EU-Kommission

Glyphosat zulassen oder nicht? Die EU-Staaten müssen bald entscheiden, denn gegen Jahresende läuft die Genehmigung für den Unkrautvernichter aus. Um mit Ja oder Nein stimmen zu können, muss sich die Bundesregierung einig sein - die Umweltministerin ist schon mal dagegen.

13.07.2017, 18:43

Berlin (dpa) - Umweltministerin Barabara Hendricks stemmt sich gegen den Vorschlag der EU-Kommission, den umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat für weitere zehn Jahre in Europa zuzulassen. Die Brüsseler Behörde ignoriere komplett die Schäden für die Tier- und Pflanzenwelt.

"Deshalb bleibe ich bei meinem Nein", sagte die SPD-Politikerin der "Bild"-Zeitung. Der neue Vorschlag der EU-Kommission gehe nicht auf ihre Forderung ein, dass jede Neuregelung nachteilige Folgen für die biologische Vielfalt verhindern müsse. In Brüssel beschäftigt sich kommende Woche ein Fachausschuss mit dem Thema, es wird aber noch nicht abgestimmt.

Die Entscheidung über die zehnjährige Verlängerung der Zulassung sollen Vertreter der EU-Staaten treffen, bevor zum Jahresende die aktuelle Genehmigung ausläuft. Um mit Ja oder Nein stimmen zu können, muss sich die Bundesregierung einig sein - Hendricks ist nun schon mal dagegen. Vergangenes Jahr hatte die Bundesregierung sich schon einmal enthalten, weil die SPD-Minister nein gesagt hatten. Hendricks hatte dies zunächst mit dem Schutz der Artenvielfalt begründet, später mit dem fehlenden Nachweis der gesundheitlichen Unbedenklichkeit.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich zuletzt klar pro Glyphosat ausgesprochen. Agrarminister Christian Schmidt (CSU) sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Grundlage bei der Frage der Wiedergenehmigung müsse die wissenschaftliche Einschätzung sein. "Politik muss nach belastbaren Gesichtspunkten entscheiden. Bei richtiger Anwendung des Wirkstoffs sehen die Wissenschaftler der nationalen und europäischen Behörden keine Zweifel an der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Glyphosat."

Das auch auf deutschen Feldern breit eingesetzte Glyphosat steht im Verdacht, Krebs zu verursachen. Allerdings kam die europäische Chemikalienagentur Echa im März zu dem Schluss, dass verfügbare wissenschaftliche Erkenntnisse nicht die Kriterien erfüllten, um Glyphosat als krebserregend zu bewerten. Die Substanz schädige indes ernsthaft die Augen und sei giftig für Organismen im Wasser.

Eine Analyse des Pestizid-Aktionsnetzwerks PAN, des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND) und des Umweltinstituts München kommt zu dem Schluss, dass die Echa den Wirkstoff als "wahrscheinlich krebserregend" hätte einstufen müssen. "Nur unter massiver Verletzung der eigenen Regeln und Richtlinien war es den EU-Behörden möglich, die krebsauslösende Wirkung von Glyphosat zu leugnen", erklärte der Autor und Toxikologe Peter Clausing von PAN. Behörden hätten Krebsbefunde "systematisch weg interpretiert".

Die Grünen äußerten den Verdacht, dass Hendricks' Nein zur Zulassung ein "Wahlkampf-Showeffekt" sei. "Ministerin Hendricks weiß genau, dass die Entscheidung in Brüssel erst nach der Bundestagswahl getroffen wird", sagte der Bundestagsabgeordnete Harald Ebner. "Sobald die EU-Kommission ein paar kleine Auflagen zum Artenschutz in den Vorschlag schreibt, wird nämlich auch Frau Hendricks der Glyphosat-Neuzulassung zustimmen."

BUND zu Glyphosat