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Innenministerium mit Vorstoß Identitätstäuscher sollen zehn Jahre Pass verlieren können

Was geschieht eigentlich, wenn sich herausstellt, dass ein Deutscher vor der Einbürgerung falsche Angaben zu seiner Herkunft gemacht hat? Das hängt vor allem davon ab, wie lange er schon Deutscher ist.

14.04.2019, 16:00
Für sogenannte Identitätstäuscher gilt bislang eine Fünf-Jahres-Frist: Wer nach diesem Zeitraum auffliegt, verliert seine deutsche Staatsangehörigkeit nicht. Foto: Julian Stratenschulte
Für sogenannte Identitätstäuscher gilt bislang eine Fünf-Jahres-Frist: Wer nach diesem Zeitraum auffliegt, verliert seine deutsche Staatsangehörigkeit nicht. Foto: Julian Stratenschulte dpa

Berlin (dpa) - Wer über seine Herkunft gelogen hat, soll künftig bis zu zehn Jahre nach der Einbürgerung seinen deutschen Pass verlieren können. Einen entsprechenden Entwurf für eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts will das Bundesinnenministerium spätestens im Frühherbst vorlegen.

Damit komme die Regierung auch einem dringenden Wunsch der Länder nach, sagte Staatssekretär Helmut Teichmann der Deutschen Presse-Agentur. Für sogenannte Identitätstäuscher gilt bislang eine Fünf-Jahres-Frist: Wer nach diesem Zeitraum auffliegt, verliert seine deutsche Staatsangehörigkeit nicht.

Das Bundesinnenministerium hatte im vergangenen Jahr bei den Ländern nachgefragt, wie viele Verdachtsfälle bei ihnen erst nach Ablauf der Fünf-Jahres-Frist aufgefallen seien. Laut Teichmann wurden daraufhin mehr als 250 Fälle gemeldet. Allerdings kamen den Angaben zufolge nicht aus allen Ländern Rückmeldungen.

Die SPD hielt sich bedeckt zu den Plänen. "Gravierende Identitätstäuschungen müssen Konsequenzen haben", sagte der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Angesichts von 250 Fällen sei das allerdings "allenfalls ein Nebenaspekt" der Migrationspolitik. Wenn Seehofer einen Gesetzentwurf vorlege, werde sich die SPD damit beschäftigen.

Aus der FDP kam Kritik an den Plänen. "Wer die deutsche Staatsbürgerschaft erhält, muss zum Zeitpunkt der Einbürgerung grundsätzlich schon mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt und sich gut integriert haben", erklärte FDP-Vizefraktionschef Stephan Thomae. "Jemanden für einen Vorgang, der unter Umständen fast 20 Jahre zurückliegt, eine so grundlegende Position wie die Staatsangehörigkeit zu entziehen, ist unverhältnismäßig."

Gerichte hatten sich in den vergangenen 20 Jahren mehrfach mit Fällen von Menschen aus der Türkei beschäftigt, die ohne Papiere nach Deutschland gekommen waren und sich als Libanesen ausgegeben hatten. Das Bundesverwaltungsgericht hatte 2008 in einem Urteil zu einem dieser Fälle festgestellt: "Die Rücknahme einer erschlichenen Einbürgerung ist nur innerhalb einer Frist von fünf Jahren nach Aushändigung der Einbürgerungsurkunde noch zeitnah." Demnach darf die Einbürgerung danach nicht mehr als "rechtswidriger Verwaltungsakt", der aufgrund falscher Angaben oder arglistiger Täuschung zustande gekommen ist, rückgängig gemacht werden.

Im Bundesinnenministerium glaubt man, dass die Verlängerung der Frist auch deshalb etwas bewirken wird, weil einige Identitätstäuscher ihre wahre Herkunft wohl bewusst erst nach Ablauf von fünf Jahren preisgeben - etwa um Dokumente zu beschaffen, die für eine Eheschließung notwendig sind. Eine Rücknahme der Einbürgerung ganz ohne zeitliche Begrenzung wäre wohl kaum durchsetzbar: Das Prinzip des "Vertrauensschutzes" soll gewährleisten, dass sich ein Bürger auf den Bestand eines von einer Behörde erlassenen Verwaltungsaktes verlassen kann.

Wenn es nach Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gegangen wäre, hätte die Regierung schon früher über die Neuregelung entschieden. Doch nach Meinungsverschiedenheiten in der großen Koalition beschränkte man sich in der am 3. April vom Kabinett beschlossenen Reform des Staatsangehörigkeitsrechts auf den Passentzug für Doppelstaatler, die für eine Terrormiliz kämpfen.