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Medienberichte Knapp 350 Millionen Euro Kindergeld an Auslandskonten

Kindergeld ins Ausland - jedes Jahr fließt dies in dreistelliger Millionenhöhe an Kinder von in Deutschland arbeitenden Müttern oder Vätern. Die Regierung will die Höhe an die Lage im Heimatland anpassen.

21.03.2018, 14:35

Berlin (dpa) - Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat im Jahr 2017 rund 343 Millionen Euro Kindergeld an Konten im Ausland gezahlt. Das geht aus einer BA-Statistik hervor, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt.

Zuvor hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) unter Berufung auf die BA-Zahlen aus einer Kleinen Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion darüber berichtet.

Seit 2010 haben sich die Kindergeldzahlungen ins Ausland fast verzehnfacht, damals waren es 35,8 Millionen Euro. Bis 2015 stiegen sie kontinuierlich auf 261,1 Millionen an. Vor allem weil Rückstände abgebaut wurden, gab es 2016 einen deutlichen Anstieg auf 414,4 Millionen Euro und im Jahr darauf dann einen spürbaren Rückgang.

Kindergeld ist keine Sozialleistung, sondern wird für Kinder von Menschen bezahlt, die in Deutschland arbeiten und Einkommensteuer zahlen. Umgekehrt werden solche Leistungen ebenso bezahlt - in dem gegenseitigen System dabei sind die Staaten der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraumes und die Schweiz.

Die größte Gruppe der Kinder, für die Kindergeld gezahlt wird und die nicht in Deutschland wohnt, hat die polnische Staatsangehörigkeit. Dies waren im Dezember 2017 rund 103 000 Kinder, gefolgt von rund 17 000 Kroaten, knapp 17 000 Rumänen, gut 16 000 tschechischen und knapp 16 000 französischen Kindern. Unabhängig vom Wohnsitz ist die größte Gruppe nichtdeutscher Kinder, für die die BA Kindergeld zahlt, mit 589 000 türkischer Staatsangehörigkeit.

Seit Mai 2011 gibt es für Polen volle Freizügigkeit, was die Zahl polnischer Arbeitnehmer in Deutschland deutlich ansteigen ließ.

Der damalige Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte vor einem Jahr einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach das Kindergeld für EU-Ausländer an das Niveau des Heimatlandes angepasst werden sollte, wenn ihre Kinder dort leben. Dies stieß jedoch in der EU-Kommission auf Widerstand.

Ein Sprecher des Finanzministeriums verwies auf ein Eckpunktepapier, das wegen der ausstehenden Änderung des EU-Rechts zunächst vom Bundeskabinett im April 2017 beschlossen wurde. Die Europäische Kommission sei auch im Februar und Juli 2017 schriftlich aufgefordert worden, einen Vorschlag für eine andere Bemessung des entsprechenden Kindergelds vorzulegen. Ein Sprecher des Sozialministeriums sagte, das Thema Kindergeldzahlungen ins europäische Ausland stehe auch bei der neuen Bundesregierung auf der Tagesordnung.

Der AfD-Bundestagsabgeordnete René Springer forderte, die Zahlungen zu kürzen oder einzustellen. "Es ist den deutschen Steuerzahlern nicht vermittelbar, warum sie beispielsweise für bulgarische Kinder, die in Bulgarien leben, Monat für Monat Kindergeld überweisen müssen", sagte er dem RND. "Die Bundesregierung schafft es nicht einmal, das Kindergeld für ausländische Kinder im Ausland an die entsprechenden Lebenshaltungskosten in den Heimatländern anzupassen."

Der kinderpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Matthias Seestern-Pauly, hielt Springer entgegen: "Einmal mehr wird wahrheitswidrig und bewusst der Eindruck erweckt, dass es einen systematischen Missbrauch von Sozialleistungen gäbe. Dies ist nicht der Fall."

Die Fraktionsvize der Linken, Susanne Ferschl, sagte: "Kindergeld gibt es für Arbeit und nicht für Nationalität." Wer in Deutschland arbeite und Steuern zahle, habe darauf Anspruch. "Das gilt auch für alle ausländischen Beschäftigten auf dem Bau, in der Pflege oder in Privathaushalten." Sie mahnte, nicht auf dem Rücken von Kindern Sozialneid zu schüren.

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