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Zu wenig Betreuung? Mehr Suizid-Fälle in deutschen Haftanstalten

Laut einer Statistik sind die Suizidraten in französischen, deutschen und österreichischen Gefängnissen deutlich höher als im EU-Durchschnitt. Reicht die psychologische und seelsorgerische Unterstützung?

24.11.2019, 08:41

Berlin (dpa) - Die Zahl der Suizid-Fälle in deutschen Haftanstalten steigt. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, starben im Jahr 2017 im Justizvollzug 173 Menschen, 82 von ihnen durch Selbsttötung. So viele Suizide in der Haft hat es seit 2005 nicht gegeben. Für das Jahr 2018 gibt es noch keine bundesweite Übersicht.

Ein Anstieg ist auch dann festzustellen, wenn man die jeweilige Zahl der Inhaftierten berücksichtigt. Im Jahr 2017 waren die Justizvollzugsanstalten im Durchschnitt mit 64.063 Menschen belegt. Im Jahr 2015 waren es 58.836 Häftlinge, im Jahr 2005 saßen im Jahresdurchschnitt 72.146 Menschen in Haft.

Die hohe Zahl der Selbsttötungen in Haft sei "eine Schande", sagte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke. "Wenn Gefangene eines unnatürlichen Todes sterben, spielt nicht selten menschliches Fehlverhalten eine Rolle: Häufig wird eine akute Suizidgefährdung bei Inhaftierten nicht erkannt, die psychologische und medizinische Versorgung ist schlecht", fügte sie hinzu. Nach Angaben der Bundesregierung kümmerten sich im Jahr 2018 bundesweit rund 850 Mitarbeiter des psychologischen und soziologischen Dienstes sowie rund 280 Mitarbeiter des seelsorgerischen Dienstes um im Jahresdurchschnitt etwa 64.000 Häftlinge.

Laut einer Statistik des Europarates sind die Suizidraten in französischen, deutschen und österreichischen Gefängnissen deutlich höher als im Durchschnitt der Mitgliedstaaten. Deutschland kam demnach 2016 auf 11,8 Selbsttötungen pro 10.000 Gefangene, mehr als doppelt so viele wie im Durchschnitt aller 47 Mitgliedstaaten (5,5).