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Mehr Rückführungen geplant Seehofer drückt aufs Tempo: "Masterplan" für Abschiebungen

Über Monate wurde Deutschland nur geschäftsführend regiert - jetzt soll es dafür umso schneller gehen mit umfassenden Reformen. Eine harte Linie will Horst Seehofer fahren.

11.03.2018, 20:19

Berlin (dpa) - Union und SPD wollen nach ihrem gemeinsamen Regierungsantritt unverzüglich für mehr innere Sicherheit und soziale Verbesserungen sorgen. Der designierte Innenminister Horst Seehofer (CSU) will schnellere Abschiebungen und "null Toleranz gegenüber Straftätern" durchsetzen.

SPD-Vizechefin Manuela Schwesig kündigte an, dass die wichtigsten Projekte bei Bildung, Pflege und Familie rasch auf den Weg gebracht werden. Mit der Benennung von Staatssekretären komplettierte sich das Bild der neuen Regierung. In einer neuen Umfrage geht es für die SPD wieder bergauf.

Angesichts der halbjährigen Hängepartie seit der Bundestagswahl versprechen die Koalitionspartner rasch Gesetze und Reformen. "Das Wichtigste ist, dass wir bei der Umsetzung Tempo machen", sagte Seehofer der "Bild am Sonntag". Die Regierung habe quasi nur noch drei Jahre Zeit, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Schwesig der "Welt am Sonntag". "Sie muss jetzt ranklotzen."

Am Montag wollen Union und SPD ihren Koalitionsvertrag unterzeichnen. Am Mittwoch soll Angela Merkel (CDU) im Bundestag zum vierten Mal zur Kanzlerin gewählt und die neue Regierung vereidigt werden. Rund einen Monat nach seinem Rücktritt als SPD-Chef will auch Martin Schulz für seine frühere Gegnerin stimmen. "Ich werde an der Kanzlerin-Wahl teilnehmen und mit meiner Partei für eine Regierung stimmen, an deren Zustandekommen ich maßgeblich beteiligt war", sagte der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Schulz der "Bild am Sonntag".

Seehofer kündigte einen "Masterplan für schnellere Asylverfahren und konsequentere Abschiebungen" an. Dafür werde er sich gleich nach der Amtsübernahme mit allen Mitarbeitern und den nachgeordneten Behörden zusammensetzen. "Besonders bei Straftätern und Gefährdern unter den Asylbewerbern müssen wir härter durchgreifen." Er werde für einen starken Staat sorgen. Das Regierungsprogramm habe aber auch eine kräftige soziale Dimension. "Niemand kann jetzt mehr sagen: Für die Flüchtlinge habt ihr Geld und für uns nicht."

Schwesig schloss Streit um die Sache zwischen den Partnern nicht aus. Die SPD werde für ihre Projekte streiten - "nicht lockerlassen". Seehofer sagte: "Nach Ostern gibt es die erste Kabinettsklausur und dann ist Ende der Diskussion. Dann wird umgesetzt!"

Nach monatelangem Sinkflug in der Wählergunst legte die SPD laut Meinungsforschungsinstitut Emnid gegenüber der Vorwoche um 3 Punkte auf 19 Prozent zu. CDU/CSU bleiben laut der Umfrage für die "Bild am Sonntag" unverändert bei 33 Prozent. Die AfD sackt um zwei Punkte auf 13 Prozent ab. Jeweils einen Zähler verlieren die Linke (10 Prozent) und die FDP (8 Prozent). Die Grünen erreichen erneut 12 Prozent.

Einen neuen Posten bekommt Ex-CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Er soll nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur und weiterer Medien Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium werden. Auch weitere Namen wurden bekannt, etwa dass die SPD-Abgeordnete Kerstin Griese als Staatssekretärin ins Arbeits- oder SPD-Außenexperte Niels Annen ins Außenministerium gehen sollen. Über Griese berichtete auch die "Rheinische Post".

Im Saarland wurde Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger bei einem Landesparteitag in Dillingen zur Landesparteichefin gewählt - als Nachfolgerin des designierten Außenministers Heiko Maas. In Hamburg soll Finanzsenator Peter Tschentscher Nachfolger von Bürgermeister Olaf Scholz werden, dem Bundesfinanzminister und Vizekanzler in spe.

Die Opposition bringt sich in Stellung. "Wir werden eine harte Opposition sein", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel sagte den Zeitungen: "Wir betreiben eine klar konstruktive Parlamentsarbeit." FDP-Fraktionschef Christian Lindner sagte: "Wir sehen uns nicht als schrille, sondern als smarte Opposition." Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sagte den Funke-Zeitungen: "Als Linke ist es unsere Aufgabe, diese unsoziale Politik zu kritisieren."

Von allen Seiten prasselten Wünsche auf die neue große Koalition ein. So sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn mit Blick auf die EU-Südländer dem "Tagesspiegel am Sonntag": "Ich gehe davon aus, dass Scholz nicht als pedantischer Kassenwart auftreten wird." EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" hingegen: "Er wird ein echter deutscher Finanzminister sein, der Tradition von Stabilität absolut verpflichtet." Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, forderte von Scholz in der "Bild"-Zeitung (Samstag) eine echte Reform der Einkommensteuer.

Die designierte Justizministerin Katarina Barley (SPD) kündigte auf einem SPD-Parteitag in Weimar Verbesserungen für Ostdeutschland an. Die designierte Familienministerin Franziska Giffey (SPD) will bei der Integration von Migranten auf Zuwendung und zugleich konsequente Durchsetzung bestehender Regeln setzen, wie sie in der ARD sagte. Der designierte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will Hunderttausende AfD-Wähler zurückgewinnen, wie er der Funke-Gruppe (Samstag) sagte.