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CDU-Parteichef Sorgen in der CDU: Wo bleibt Laschets großer Antritt?

Hat sich Armin Laschet zwar auf seine Wahl zum Parteichef vorbereitet - aber zu wenig auf die Zeit danach? In der CDU  fürchtet mancher, er könne einen ähnlichen Fehler machen wie seine Vorgängerin.

Von Jörg Blank, dpa 22.02.2021, 17:12
Odd Andersen
Odd Andersen AFP Pool

Berlin (dpa) - Armin Laschet ist viel in Landes- und Kreisverbänden unterwegs, manchmal vor Ort, zumeist per Onlineschalte.

Er gibt dem "MittelstandsMagazin", dem Organ des wichtigen Wirtschaftsflügels in seiner Partei, ein Interview zum Bürokratieabbau als Kernthema im Wahlkampf. Und hin und wieder steht er in Zeitungsinterviews Rede und Antwort. Gut vier Wochen nach seiner offiziellen Bestätigung als CDU-Chef gibt sich der NRW-Ministerpräsident vor allem viel Mühe, die Partei nach seinem knappen Sieg gegen Friedrich Merz zu einen.

So viel Mühe, dass manche in der CDU schon fürchten, Laschet könne einen ähnlichen Fehler machen wie seine Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Die hatte sich in den ersten Monaten nach ihrer Wahl im Dezember 2018 so sehr darauf konzentriert, die Truppen von Merz einzubinden, dass sich die eigenen Anhänger vernachlässigt fühlten. Es sei erstaunlich, dass Laschet drei Wochen vor den ersten Landtagswahlen des Jahres bundesweit medial relativ wenig präsent sei, ist nun in der CDU zu hören.

Das erste Murren, das hinter vorgehaltener Hand laut wird, hat noch einen anderen Grund. Öffentlich, so heißt es, überlasse Laschet zu oft seinem Unionsrivalen um die Kanzlerkandidatur das Feld. So konnten Fernsehzuschauer in den vergangenen Wochen manchmal den Eindruck gewinnen, vor allem CSU-Chef Markus Söder bestimme in der Diskussion um den richtigen Umgang mit der Corona-Pandemie den Kurs der Union. So oft war er in Talkshows zu sehen.

Laschet würde dem Eindruck wohl widersprechen, er sei zu wenig präsent in der Öffentlichkeit. Außerdem ist da ja noch die Arbeit als Ministerpräsident des größtes Bundeslandes und die Corona-Pandemie, deren Bekämpfung viel Zeit frisst. Und aus den Landesverbänden, so ist zu hören, kommt viel Rückendeckung für den neuen Vorsitzenden.

Auch an diesem Montag ist es erneut Generalsekretär Paul Ziemiak, der nach den Sitzungen der CDU-Spitzengremien erklärt, worüber die Partei beraten hat - Laschet selbst verzichtet darauf, sich ins Rampenlicht zu stellen. Ein wenig genervt erläutert Ziemiak dann in der Pressekonferenz, dass nach den Regeln der CDU doch grundsätzlich der Generalsekretär über die Sitzungen informiere.

Das stimmt schon, doch drei Wochen vor den wichtigen Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind es eben keine normalen Zeiten für die CDU. Finden zumindest einige in der Partei. Laschet solle doch öfters die Bühne nach den Sitzungen nutzen, um ein paar Dinge einzuordnen, der Partei Führung und Botschaften mitzugeben.

Hört man sich im CDU-Vorstand um, wird rasch die Vermutung laut, Laschet wolle mit seiner Zurückhaltung wohl verhindern, dass er für die drohende Niederlage der Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann in Baden-Württemberg in Mithaftung genommen wird. Und selbst wenn in Rheinland-Pfalz die CDU in Umfragen derzeit vor der SPD liegt - dass Spitzenkandidat Christian Baldauf die beliebte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) aus dem Amt vertreiben kann, ist nicht zu erwarten.

Es werden wohl keine besonders guten Nachrichten sein, die Laschet am Montag nach den Wahlen in drei Wochen im Foyer der Parteizentrale erklären muss. Das ist nicht schön, gerade zum Start in ein Superwahljahr - auch wenn es dann heißen dürfte, die Ergebnisse hätten landesspezifische Gründe.

Doch es geht nicht nur um die Wahlen, wenn man mit Partei-Oberen über Laschet spricht. Zwar habe der neue Vorsitzende in den ersten Amtswochen gut auf Themen reagiert, heißt es dann - auch Merz-Fans sprechen von souveränen Auftritten. Genannt wird etwa Laschets Reaktion auf die US-Wahl und deren Chancen für das transatlantische Bündnis oder die direkte Absage an Lockerungstendenzen bei der Schuldenbremse nach einem Vorstoß aus dem Kanzleramt. Größere eigene Aktionen in der Öffentlichkeit habe man aber noch nicht gesehen.

Auch intern habe Laschet bisher kaum erkennen lassen, wohin mit ihm die Reise der Partei gehen solle, lautet die Kritik. Eigentlich müsse der Vorsitzende doch rasch eine Idee, eine langfristige Perspektive bieten, wofür die CDU denn nun mit ihm stehe und woran sie sich orientieren könne. Stattdessen gehe es nur ums tägliche Geschäft und vor allem um den Kampf gegen die Corona-Pandemie.

Doch bei aller Kritik: Wenn die Frage aufkommt, wer die Union als Kanzlerkandidat in den Bundestagswahlkampf führt - Laschet, oder doch lieber CSU-Chef Söder - ist selbst unter Kritikern viel Zuspruch für den Mann aus Nordrhein-Westfalen zu hören.

Söder, so heißt das ungeschriebene Gesetz in der Union, müsste von der größeren Schwesterpartei und deren Vorsitzendem gebeten werden, als Kanzlerkandidat anzutreten. Das gilt in der Union trotz der guten Umfragewerte für Söder als eher unwahrscheinlich. Und außerdem gebe es in der Parteispitze derzeit niemanden, der sich für Söder stark machen würde. Wenn die Kanzlerin nicht sage, Laschet könne es nicht - und das sei nicht zu erwarten - "läuft es auf ihn zu", glaubt jemand aus dem Vorstand, der die Partei schon lange kennt.

Und wie ist das Verhältnis Laschets zur Kanzlerin? Schon früh hatten beide deutlich gemacht, wie sie die Aufgabenteilung sehen. Merkel ist zuständig für den Kampf gegen die Corona-Pandemie und deren Bewältigung sowie für die Linien der Regierung bis zur Bundestagswahl im September. Das soll Laschet viel Beinfreiheit geben für die Perspektiven in der nächsten Legislaturperiode - mit ihm als Kanzler.

Zwar sahen manche die Arbeitsteilung etwas ins Kippen gekommen, als Laschet sich beim baden-württembergischen CDU-Wirtschaftsrat gegen zu viel Bevormundung der Bürger in der Pandemie stark gemacht und gewarnt hatte, man könne "nicht immer neue Grenzwerte erfinden, um zu verhindern, dass Leben wieder stattfindet". Das verstanden manche als klare Distanzierung von Merkel. Laschet musste sich mühevoll in diversen Interviews erklären. Doch mittlerweile heißt es im Vorstand wieder: "Die Arbeitsteilung funktioniert."

© dpa-infocom, dpa:210222-99-546809/3