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Wahl des Parteivorsitzenden Stimmungstest von Merz und Laschet bei CDU-Nachwuchs

Die CDU-Bundesvorsitzkandidaten Merz und Laschet stellen sich in Niedersachsen dem CDU-Nachwuchs. Begegnen tun beide sich nicht, statt eines Duells gibt es zwei Reden und inhaltlich kaum etwas Konträres. Kann einer der beiden bei den Delegierten besser punkten?

Von Michael Evers, dpa 19.09.2020, 19:56

Hildesheim (dpa) - Es ist kein Kandidatenduell, sondern eher ein Stimmungstest: Zweieinhalb Monate vor dem Entscheid über den CDU-Bundesvorsitz haben sich die Bewerber Armin Laschet und Friedrich Merz am Samstag auf dem Niedersachsentag der Jungen Union in Hildesheim präsentiert.

Auf Abstand wurde bei dem Schaulaufen nicht nur wegen der Corona-Epidemie geachtet - vier Stunden lagen zwischen den Auftritten von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Laschet und Ex-Unionsfraktionschef Merz, so dass beide sich nicht begegneten. Rein am Applaus der rund 180 Delegierten gemessen, ging das Rennen der Kandidaten in Hildesheim eher unentschieden aus.

Die Herausforderungen, die Merz und Laschet für die CDU, die Bundestagswahl und Deutschland skizzierten, lagen grob gefasst kaum auseinander. Die Grünen als ernster Mitbewerber, die Ökologie als Zukunftsfrage und die Aufgabe für die CDU, eine starke Wirtschaftspolitik in Einklang mit mehr Ökologie zu bringen. Merz trat dabei mehr staatsmännisch auf, blickte auf Deutschlands Verantwortung in Europa und seine Position in der Welt. Laschet als Landesvater spulte eine Rede ab, die ebenso in den aktuellen NRW-Lokalwahlkampf gepasst hätte und sein Bundesland im Fokus hatte. Beide nahmen die Corona-Krise zum Ausgangspunkt ihrer Konzepte.

Eine starke Wirtschaftspolitik, die die Umwelt stärker als bisher berücksichtigt, forderte Merz von der Union. "Die Union muss aus meiner Sicht ein klares wirtschaftspolitisches Profil haben, aber wir müssen gleichzeitig nacharbeiten, wie wir uns das denn vorstellen, dass das umweltgerecht und sozialverträglich ist", sagte Merz in seiner Rede am Vormittag. "Wir brauchen eine ökologische Erneuerung und einen weiteren Ausbau der sozialen Marktwirtschaft." Die Union werde im Wettstreit mit den Grünen besser dastehen, wenn sie den Schwerpunkt nicht alleine auf die Umweltpolitik richte, sondern Ökonomie und Ökologie miteinander verbinde, um den Wohlstand im Land zu erhalten.

Merz äußerte sich auch zu einer möglichen Kanzlerkandidatur von CSU-Chef Markus Söder - und machte klar, dass er nicht mit einem solchen Szenario rechnet. Er erinnerte an die Kandidaturen von Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber 1980 und 2002. "Das waren beides Mal Situationen, in denen die Mehrheit der CDU gewollt hat, dass der Vorsitzende der CSU Kanzlerkandidat wird, weil wir es uns selber nicht genügend zugetraut haben", sagte Merz. "Ganz offen gestanden, ich sehe eine solche Lage für das Jahr 2020 nicht." Gleichwohl würden CDU und CSU gemeinsam einen Kanzlerkandidaten für die Union bestimmen.

Laschet mahnte, die CDU dürfe sich nicht auf guten Umfragewerten in der Corona-Krise ausruhen. "Haben wir die richtigen Antworten auf die Zukunftsfragen, damit die Wähler uns auch außerhalb der Krise vertrauen", fragte er. Digitalisierung auch in Schule und Verwaltung sei nötig, ein Bürokratieabbau und schnellere Planungsverfahren und außerdem ein schnelles Ende der coronabedingten Schuldenaufnahme. "Der Staat kann auf Dauer nicht jedes Problem lösen, das geht nur, wenn die Wirtschaft in Gang kommt." Bei der Bundestagswahl wollten SPD und Grüne der CDU Wähler in der Mitte abspenstig machen, sagte Laschet und warnte vor Rot-Rot-Grün. "Sie werden es diesmal machen, wenn es rechnerisch geht."

Merz, Laschet und der Außenpolitiker Norbert Röttgen haben ihre Kandidatur um die Nachfolge von CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer erklärt. Die Entscheidung soll auf dem CDU-Bundesparteitag am 4. Dezember in Stuttgart fallen. 2018 hatte Merz schon einmal für den CDU-Vorsitz kandidiert und knapp gegen Kramp-Karrenbauer verloren.

Niedersachsens CDU-Landeschef und Wirtschaftsminister Bernd Althusmann hatte sich zuletzt Ende Februar klar für Laschet als künftigen CDU-Bundesvorsitzenden ausgesprochen und dem Duo aus Laschet und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn "absolute Führungsfähigkeit" attestiert. Dass Althusmann, der in Hildesheim ebenfalls zu den Delegierten sprach, zwar mit Merz eintraf, bei Laschets Rede aber nicht mehr anwesend war, hatte private Gründe.

© dpa-infocom, dpa:200919-99-624176/4

Peter Steffen
Peter Steffen
dpa
Michael Kappeler
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dpa