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Wehrbeauftragte Wiedereinführung der Wehrpflicht? Ablehnung für Högl-Vorstoß

War die Aussetzung der Wehrpflicht ein "Riesenfehler"? Die Meinungen darüber gehen seit 2011 auseinander. Stimmen, die auf freiwillige Dienste setzen, scheinen nun aber in der Mehrzahl.

06.07.2020, 15:35

Berlin/Calw (dpa) - Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), ist mit Vorschlägen für eine Rückkehr zur Wehrpflicht auf weitere Ablehnung gestoßen.

Nach Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) widersprach am Montag auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. "Eine Rückkehr zur Wehrpflicht ist keine realistische Debatte", sagte er der "Augsburger Allgemeinen". Sinnvoller sei es, über die Stärkung des freiwilligen Dienstes zu reden.

Aus FDP-Sicht würde eine Rückkehr zur Wehrpflicht die Bundeswehr vor neue Schwierigkeiten stellen und keines der bestehenden Probleme lösen. "Eine Wiedereinsetzung würde sowohl zu neuen Ungerechtigkeiten führen und außerdem nicht helfen, die verteidigungspolitischen Herausforderungen unserer Zeit zu meistern", sagte FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg in Berlin. Es wäre ein Fehler zu glauben, es ließe sich so vielfältigen Problemen wie der Verbreitung des Rechtsextremismus oder der Spaltung der Gesellschaft entgegenwirken.

Högl hatte die Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 als einen "Riesenfehler" bezeichnet. Sie sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe auf die Frage, ob sie für die Wiedereinführung sei: "Natürlich müssen wir das Problem der Wehrgerechtigkeit im Auge behalten. Es tut der Bundeswehr jedenfalls sehr gut, wenn ein großer Teil der Gesellschaft eine Zeit lang seinen Dienst leistet. Das erschwert es auch, dass sich Rechtsextremismus in der Truppe breit macht. Ich möchte darüber im nächsten Jahr intensiv diskutieren."

SPD-Chefin Saskia Esken steht einem Pflichtjahr für junge Menschen im Dienst der Allgemeinheit offen gegenüber. "Grundsätzlich würde ich es sehr begrüßen, wenn der Haushaltsgesetzgeber und die Regierung insgesamt sich aufmachen würde, all denen, die gerne so ein soziales Dienstjahr leisten wollen, auch einen Platz anzubieten", sagte sie am Montag im baden-württembergischen Calw auf eine Frage zur allgemeinen Dienstpflicht. Derzeit gebe es mehr Bewerber für das freiwillige soziale Jahr als Plätze. "Wenn wir soweit sind, dass wir allen einen Platz anbieten können, dann können wir gerne auch über ein verpflichtendes Jahr sprechen."

Zugleich bekräftigte Esken, dass sie gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht sei - auch mit Hinweis auf die sogenannte Wehrgerechtigkeit "Da nach zehn Jahren den Schlüssel wieder umzudrehen, wäre ohnehin sehr schwierig, aber ich halte es auch für fragwürdig", sagte sie.

Esken besuchte das Kaserne des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr nach rechtsextremistischen Vorfällen. Die Einheit stehe vor einem tiefgreifenden Umbruch. "Dass die Kompetenzen gebraucht werden, liegt auf der Hand und bleibt auch wahr. Ob das KSK in seiner Struktur so erhalten werden kann, ist die ganz andere Frage", so Esken.

Das KSK hatte seit 2017 immer wieder mit rechtsextremistischen Vorfällen Schlagzeilen gemacht. Bei einer Abschiedsparty für einen KSK-Kommandeur sollen Schweineköpfe geworfen, Rechtsrock gespielt und der Hitlergruß gezeigt worden sein. In diesem Mai wurde auf dem Grundstück eines KSK-Soldaten in Sachsen ein Waffenversteck mit Munition und Sprengstoff von der Polizei ausgehoben.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) kündigte jüngst eine Umstrukturierung des KSK und die Auflösung einer Kompanie an. Esken sprach von alarmierenden Vorfällen beim KSK.

Das KSK gilt als Eliteeinheit der Bundeswehr. Zentraler Auftrag ist die Rettung Deutscher aus Kriegs- und Krisengebieten. Die Kommandosoldaten haben aber auch andere Aufgaben wie die Festnahme von Kriegsverbrechern und Terroristen, das Gewinnen von Informationen in Krisengebieten, die Ausbildung verbündeter Streitkräfte und die Bekämpfung strategisch wichtiger Stellungen eines Gegners.

© dpa-infocom, dpa:200706-99-693508/3

Bundeswehr-Seite zur KSK