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Reserve jedoch unverzichtbar Wind- und Sonnenstrom reichen für Deutschlands Energiebedarf

Braucht Deutschland auf absehbare Zeit noch Kohlestrom, oder liefern Sonne und Wind genug Energie? In der Politik wird darüber heftig gestritten. Der Deutsche Wetterdienst hat nachgerechnet.

06.03.2018, 15:49

Berlin (dpa) - Die Kombination von Sonnen- und Windkraft auf einem europaweiten Strommarkt minimiert dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zufolge das Ausfallrisiko für Ökostrom - eine Absicherung bleibe aber nötig.

Aus meteorologischer Sicht spreche nichts gegen einen weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland und Europa, sagte DWD-Vizepräsident Paul Becker am Dienstag in Berlin. Eine extreme Windflaute gemeinsam mit einer sonnenarmen Phase lasse sich aber nicht ausschließen. Eine verantwortungsvolle Energiepolitik müsse sich deshalb nicht nur um den Ausbau kümmern, sondern zugleich um eine ausreichende Reservestrategie.

Derzeit liegt der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch in Deutschland bei etwa einem Drittel. Die große Koalition von Union und SPD strebt bis 2030 einen Ökostrom-Anteil von 65 Prozent in Deutschland an. "Damit wächst die Abhängigkeit der Stromversorgung vom Wetter natürlich weiter", sagte Becker. Das Risiko einer "Dunkelflaute", also eines Ausfalls von Wind- und Sonnenkraft, ist das wichtigste Argument gegen einen schnellen Ausstieg aus der Stromgewinnung aus Kohle, wie ihn Klimaschützer fordern.

Für ihre Berechnung haben die DWD-Experten europäische Wetterdaten der vergangenen 20 Jahre herangezogen. Sie gingen von Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen nach heutigem Stand der Technik aus und von einer regelmäßigen Verteilung dieser Anlagen in Europa. Sie berechneten, wie oft über einen Zeitraum von 48 Stunden in bestimmten Gebieten die mittlere Energieproduktion aus Wind und Sonne unter zehn Prozent der Nennleistung fiel. Im Fall einer Kombination von Wind an Land und auf See sowie von Photovoltaik in Deutschland waren es zwei Fälle pro Jahr. Bei einer europaweiten Betrachtung von Wind an Land und Solaranlagen trat dieser Fall nur noch 0,2 mal pro Jahr ein.

"Auch wenn sich im Durchschnitt Wind und Sonne gut ergänzen, können Situationen auftreten, in denen in Deutschland aus beiden Energieformen gleichzeitig eine nur geringe Einspeisung zur Verfügung steht", sagte Becker. Dafür brauche es Strategien, etwa Reservekraftwerke, Speicher oder einen "großräumigen Stromaustausch".

Dass europäische Staaten sich je nach Marktlage gegenseitig mit Strom beliefern, ist längst selbstverständlich. Auch auf einem europäischen Strommarkt komme man um eine Strategie zur Absicherung nicht herum, sagte Becker.

Die Berechnungen des Wetterdienstes seien "konservativ", da man von einer gleichmäßigen Verteilung der Solar- und Windkraftanlagen ausgegangen sei, diese aber in Regionen mit besonders günstigen Bedingungen aufgestellt würden, kommentierte der DWD-Vizepräsident. Zudem sei in der europäischen Betrachtung keine Windkraft-Erzeugung auf See eingerechnet, da Daten fehlten.