1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Inszenierte Geschichte des Autos

Ferientipps Inszenierte Geschichte des Autos

Die Volksstimme-Redakteure haben sieben Ausflugsziele in Sachsen-Anhalt getestet. Fünfte Station ist der PS-Speicher in Einbeck.

Von Ulrich Meinhard 29.06.2017, 01:01

Einbeck l Seit jenem Tag, an dem das Rad erfunden worden ist, bewegt sich die Menschheit immer schneller und auch luxuriöser voran. Wer genau diese Entwicklung – vom holprigen Holzkarren bis zum schnittigen Formel 1 Wagen – in Augenschein nehmen möchte, findet im PS-Speicher Einbeck (Niedersachsen) eine außergewöhnliche Adresse.

Mit der Geschichte des Rades sind drei Aspekte verbunden: Kreativität, Experimente und stetige Neuerungen. Drei Dinge, die auch den Ausstellungsmachern in Einbeck zugute geschrieben werden dürfen. Im 2014 eröffneten PS-Speicher kann auf eine Zeitreise gegangen werden, zwar nicht bis in die Zeit der Sumerer und ihren ersten rollenden Versuchen, aber doch bis in das Jahr 1812. Und das geht so: Der geneigte Besucher betritt einen Fahrstuhl und entschwebt nach oben, ganz langsam. Je höher es geht, umso weiter rutscht der Gast in die Tiefe der Zeit. Oben oder besser gesagt in der Vergangenheit angekommen, erwarten ihn Pferdewiehern und das Geräusch rollender Kutschen. Von hier aus wird er – quasi auf Rädern – zurück in die Gegenwart geführt. Und der Fahrstuhl ist nicht einfach nur ein Fahrstuhl …

Alles, einfach alles in diesem Museum ist anders, ist beeindruckend, wird sehr modern präsentiert. Hier stehen nicht zwei Dutzend alte Autos herum – hier ist die Geschichte des Automobils höchst geistreich ins-zeniert. Und obendrein finden sich seltene Schmuckstücke, wertvolle Vehikel, Fahrzeuge mit einmaliger Geschichte, wie das vermutlich schnellste Auto der Welt (es konnte bisher noch nie richtig ausgefahren werden) oder ein Rennwagen, den der Sohn Stalins von deutschen Ingenieuren zusammenbauen ließ, der aber nie gefahren ist (was nicht an den Ingenieuren lag) oder die Gegenüberstellung von west- und ostdeutscher Automobilproduktion in den 1950er und 1960er Jahren. Alles das ist einfach spannend, auch für Menschen, deren Herzen nicht vorrangig an den PS-starken Kisten hängen.

„Wir wollen wirklich alle erreichen: Männer, Frauen, Kinder. Das ist unser Anliegen“, betont Alexander Kloss, der Pressesprecher des PS-Speichers. Und weil die Museumsmacher wirklich kreativ sind, haben sie sich einige zusätzliche Attraktionen ausgedacht, etwa eine Disco aus den 1970er Jahren oder eine Milchbar. Allein in der Dauerausstellung lassen sich 400 zwei-, drei- und vierrädrige Fahrzeuge finden, hinzu kommen Sonderausstellungen wie die Präsentation von Nutzfahrzeugen und Motorrädern. Multifunktionssäle können für Veranstaltungen genutzt werden, die mit modernster Medientechnik ausgestattet sind. Kostenfreie Parkplätze gibt es direkt vor dem PS-Speicher, auch für Busse.

Trägerin des PS-Speichers Einbeck ist die Kulturstiftung Kornhaus, eine seit 2009 bestehende gemeinnützige Stiftung. Über 30 Millionen Euro plus noch einmal 1,5 Millionen Euro Fördergelder sind in den Umbau eines alten Getreidespeichers investiert worden. Das Gesamtareal misst rund 25.000 Quadratmeter, die Ausstellungsflächen messen etwa 6500 Quadratmeter.