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Teilzeit oder lange Elternpause: Fallen für Altersarmut

31.12.2014, 09:17
Wenig Geld im Alter: Die Gründe dafür liegen oft Jahre zurück. Frauen bleiben beispielsweise oft in Teilzeitjobs hängen und zahlen zu geringe Rentenbeiträge. Foto: Malte Christians
Wenig Geld im Alter: Die Gründe dafür liegen oft Jahre zurück. Frauen bleiben beispielsweise oft in Teilzeitjobs hängen und zahlen zu geringe Rentenbeiträge. Foto: Malte Christians dpa

Köln - Die gesetzliche Rente ist in Deutschland die Haupteinnahmequelle für ältere Menschen. Sie basiert auf den Einkünften aus dem Erwerbsleben. Doch was ist mit den Frauen, deren Ehe gescheitert ist oder die lange in Teilzeit gearbeitet haben?

Anna Kubers (Name geändert) war 29 Jahre alt, als sie in ihrer wichtigsten Ausbildungsphase steckte und ihr erstes Kind bekam. Unterbrechen konnte und wollte sie nicht, auch finanziell sah es nicht gerade rosig aus. Doch nicht nur das stellte die junge Frau vor ein Problem: Wer sollte sich in dieser Zeit um das Kind kümmern? Krippenplätze gab es in dieser Gegend damals nicht, und die Großeltern waren nicht greifbar. Mit Hilfe von Nachbarinnen, einem Au-Pair-Mädchen und ihrem Mann ist es ihr schließlich gelungen, die Ausbildung abzuschließen. Lange Unterbrechungen mit fehlenden Rentenbeiträgen konnte sie dadurch vermeiden.

Laut einer Erhebung des verfügbaren Haushaltsnettoeinkommens im Vorjahr durch das statistische Bundesamt liegt das relative Armutsrisiko in Deutschland unverändert bei 16,1 Prozent. Doch das Armutsrisiko der Frauen steigt signifikant. Während bei den Männern ab 65 Jahren die Quote mit 13 Prozent vergleichsweise niedrig ist, sind allein 18 Prozent aller Frauen ab 65 Jahren armutsgefährdet. Die Gründe hierfür liegen nicht nur in der Renten- und Familienpolitik, sondern vor allem in brüchigen Erwerbsbiografien und verfestigten Karrieren in Minijobs und Teilzeit.

"Das erste Problem dabei ist, dass die Rentenzahlbeträge bei Männern und Frauen völlig unterschiedlich sind. Das sticht sogar im internationalen Vergleich heraus", sagt Anika Rasner vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Die gesetzliche Rentenversicherung werde für die meisten ohne weitere Vorsorge nicht ausreichen. Deshalb sollten die Frauen versuchen, mehr als nur den Mindestbetrag in der privaten Riesterrente anzusparen. So können sie die Versorgungslücken im Alter schließen.

Auch Cornelia Spachtholz warnt davor, Entscheidungen zur Lebens- und Arbeitsgestaltung nur von der vielleicht aktuellen guten Situation des Nettoeinkommens abhängig zu machen. Vielmehr gelte es, nach vorne zu schauen und sich über eine eigenständige Alterssicherung, aber auch über seine eigenen Ziele klar zu werden, sagt die Vorstandsvorsitzende des Verbandes berufstätiger Mütter.

Ein weiteres Problem sieht Spachtholz neben fehlenden Ganztagsbetreuungsplätzen auch in Fehlanreizen der Steuer- und Rechtspolitik. "Gerade das Betreuungsgeld oder aber das Ehegattensplitting in Kombination mit einer beitragsfreien Mitversicherung des Ehepartners sind für die Familien oft ein Anreiz, dass die Frauen für längere Zeit aus dem Beruf aussteigen." Dabei sei es wichtig, möglichst nicht zu lange in Teilzeit oder in einem Minijob zu bleiben und die Elternzeit so lange wie nötig, aber so kurz wie möglich zu halten. Nur so könnten Frauen vermeiden, den Anschluss an den Job zu verlieren.

Oft genug sind diese Lücken im Berufsleben später für eine Altersarmut verantwortlich - vor allem dann, wenn die Ehe scheitert, Erziehungs- und Pflegezeiten negativ zu Buche schlagen oder Frauen in Mini- und Teilzeitjobs hängenbleiben. Deshalb rät auch Anika Rasner dazu, möglichst bald wieder in Vollzeit zu arbeiten oder die Teilzeit aufzustocken.

Besonders betroffen von dieser Armutsfalle sind Alleinerziehende, die häufig nicht in der Lage sind, Vollzeit zu arbeiten und ausreichende Rentenansprüche aufzubauen. Viele von ihnen haben es darüber hinaus schwer, Unterhaltsansprüche durchzusetzen.

Das beobachtet auch Michael David, sozial- und rentenpolitischer Experte bei der Diakonie Deutschland. "Problematisch sind vor allem die Konzentration familienpolitischer Leistungen auf Ehepaare."

Doch auch wenn die Frauen sich nicht freimachen können vom politischen System, in dem sie leben: Einige Dinge können sie selbst tun. Sich ein familiäres und soziales Netzwerk aufbauen, den Partner in die Kindererziehung einbeziehen, so dass mehr Zeit für den Job bleibt. So, wie Anna Kubers es gemacht hat und dadurch weder auf Familie noch auf eine abgeschlossene Berufsausbildung verzichten musste.