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Berufsunfähigkeit Abgesichert trotz Krankheit

Wer krankheitsbedingt nicht arbeiten kann, rutscht schnell in die Finanznot. Expertinnen gaben Auskunft zur Berufsunfähigkeitsversicherung.

Von Ann-Kathrin Kerst 15.08.2017, 23:01

Magdeburg l Es gibt viele Gründe, warum ein Mensch berufsunfähig werden kann. Aber nur jeder Zehnte hat für diesen Fall vorgesorgt. Ihre Fragen zu dem Thema beantworteten die Volksstimme-Expertinnen Kerstin Kowol, Versicherungsexpertin der HUK-Coburg, Nance Dümecke, Versicherungsexpertin der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland und Tina Hartung, Reha-Managerin der Unfallkasse Sachsen-Anhalt.

Ich möchte eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen. Welche Laufzeit sollte ich vereinbaren?
Die gängigsten Varianten laufen bis zum 65. oder 67. Lebensjahr. Es ist sinnvoll, die Versicherung bis zum Renteneintritt laufen zu lassen. Denn die Wahrscheinlichkeit, berufsunfähig zu werden, ist in den letzten Arbeitsjahren am höchsten. Läuft der Versicherungsschutz vor der Rente aus, kann der Betroffene eine neue Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen. Die ist dann jedoch recht teuer. Ist die Gesundheit dann auch nicht mehr so gut, kann der Antrag auch abgelehnt werden.

Meine Tochter studiert derzeit. Sollte ich jetzt eine Berufsunfähigkeitsversicherung für sie abschließen?
Für Schüler, Studenten und Auszubildende ist die Versicherung bereits interessant. Von gesetzlicher Seite würde sie jetzt noch nichts erhalten. Außerdem gibt es günstige Einstiegsvarianten für junge Menschen. Damit ist sie gut abgesichert, zahlt aber noch nicht viel. Bei Schülern und Studenten reicht eine Versicherungshöhe von 1000 Euro pro Monat aus.

Mein Sohn arbeitet im Tiefbau. Schon vor zwanzig Jahren hat er eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen. Jetzt möchte er den Job wechseln. Muss er das der Versicherung melden?
Nicht unbedingt. Wechselt Ihr Sohn etwa ins Büro und übt dann nur noch eine risikoarme Tätigkeit aus, kann er diese Änderung der Versicherung melden. In dem Fall würden seine Beiträge sinken. Wechselt Ihr Sohn dagegen in einen Beruf, der aus Sicht des Versicherers genauso bewertet wird wie Tiefbau, muss er die Veränderung nicht mitteilen.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die gesetzliche Rentenversicherung zahlt?
Zunächst einmal müssen die Pflichtbeiträge gezahlt worden sein. Es gilt: In den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung müssen drei Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sein. Können Sie außerdem weniger als sechs Stunden täglich in Ihrem bisherigen Beruf arbeiten, gelten Sie als berufsunfähig. Ihr Rentenversicherer prüft jedoch, ob Sie noch eine andere Tätigkeit ausüben können.

Darf ich trotz Berufsunfähigkeit etwas zur Rente hinzuverdienen?
Ja, das dürfen Sie. Die Hinzuverdienstgrenze wird individuell berechnet und orientiert sich an Ihrem höchsten beitragspflichtigen Jahreseinkommen der letzten 15 Jahre. 2017 liegt sie bei mindestens 14 458,5o Euro pro Jahr.

Ab wann zahlt eine Berufsunfähigkeitsversicherung?
In der Regel ab 50% Berufsunfähigkeit. Um das festzustellen, fertigt der Versicherer eine Tätigkeitsbeschreibung an. Darin werden Umfang und Häufigkeit bestimmter Arbeitsaufgaben festgelegt. Anschließend prüft der Versicherer, inwieweit der Betroffene diesen Aufgaben noch nachkommen kann. In der Regel wird ab diesem Grad der Berufsunfähigkeit die volle Rente gezahlt.

Sollte ich mit 80 Jahren noch eine Unfallversicherung abschließen?
Das kommt darauf an, wie aktiv Sie noch am Alltag teilnehmen. Falls Sie noch Sport machen, Fahrrad fahren, wandern, ist die Unfallversicherung ratsam. Schließlich kommt es bei älteren Menschen häufiger zu bleibenden Schäden.

Bis zu welchem Betrag sollte ich mich mit meiner Berufsunfähigkeitsversicherung absichern?
Bis zu 80 % des Nettogehalts sind ausreichend.

Wann bekomme ich eine Unfallrente?
Wer nach einem Arbeitsunfall unter bleibenden Schäden leidet, kann theoretisch eine monatliche Unfallrente erhalten. Entscheidend ist der Gesundheitszustand während der 26. Woche nach dem Unfall. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Verletzung die Erwerbsfähigkeit mindestens um 20 Prozent verringert. Ob das so ist, wird von Gutachtern mit entsprechendem medizinischem Fachwissen eingeschätzt.

Ich bin 75 Jahre alt und lebe alleine. Lohnt es sich für mich, einen Unfallschutzbrief abzuschließen?
Der Vorteil eines solchen Schutzbriefs ist, dass er verschiedene Hilfsleistungen beinhaltet. Wenn Sie sich etwa einen Arm brechen, werden über den Schutzbrief unter anderem ein Menüservice oder eine Putzfrau finanziert. Häufig ist in den Schutzbrief-Leistungen auch eine Begleitperson beinhaltet, die mit Ihnen zum Arzt geht oder zur Krankengymnastik. Alleinlebenden Senioren kann der Schutzbrief durchaus eine Erleichterung bringen.

Ich habe jahrelang als Friseur gearbeitet, bin nun berufsunfähig. Kann der Versicherer mir die Zahlungen verweigern und auf eine Umschulung drängen? Ich könnte noch arbeiten, nur nicht mehr in meinem eigentlichen Beruf.
Nein, das darf der Versicherer nicht. Ob der Betroffene eine Umschulung macht, ist dessen Entscheidung. Allgemein sollten Interessierte vor Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung auf eine entsprechende Klausel achten. Dann ist von vornherein geklärt, dass der Versicherer auch dann zahlen muss, wenn der Betroffene eigentlich noch einen anderen Beruf ausüben könnte. 

Mein Sohn hatte einen Unfall in der Schule. Ich konnte deshalb einige Zeit nicht arbeiten gehen. Habe ich Anspruch auf Zahlungen?
Wenn Ihr Kind einen Unfall in der Schule oder im Kindergarten hatte und Sie wegen der Betreuung zu Hause bleiben mussten, haben Sie Anspruch auf das sog. Kinderpflege-Verletztengeld. Sind Sie zahlungsberechtigt, sind zusätzlich alle Heil- und Hilfsmittel komplett zuzahlungsbefreit. Voraussetzung für das Kinderpflege-Verletztengeld ist, dass Ihr Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Dieser Anspruch besteht unabhängig von den Leistungen der Krankenkasse.