Darlehen Spiel auf Zeit

Alte Immobiliendarlehen können nur noch bis zum 21. Juni widerrufen werden. Die Zeit läuft ab.

03.06.2016, 23:01

Magdeburg l Der Magdeburger Rechtsanwalt Ronni Krug vertritt viele Mandanten zum Thema Darlehenswiderruf. Er mahnt zu Eile. Denn Immobilienkäufer können zwischen 2002 und 2010 geschlossene Darlehensverträge mit einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung nur noch bis zum 21. Juni 2016 widerrufen. Bisher galt ein unbefristetes Widerrufsrecht.

Für die Kunden geht es um viel Geld – vor allem, seitdem die Zinsen im Keller sind. Im Idealfall kommen sie durch den Widerruf auch noch nach Jahren aus ihrem alten Kreditvertrag heraus und können einen neuen Vertrag zu deutlich günstigeren Konditionen abschließen. Eine Vorfälligkeitsentschädigung an die Bank wird in dem Fall nicht fällig.

Den Banken ist das ein Dorn im Auge. Die alten Verträge mit vergleichsweise hohen Zinsen sind für die Geldhäuser ein gutes Geschäft. Sie kämpfen zum Teil mit harten Bandagen und wollen dem Kunden den Widerruf so schwer wie möglich machen, meint Jurist Ronni Krug. Er sagt: „Die Banken spielen auf Zeit.“ Verbraucher, die ihren Immobilien-Kreditvertrag noch überprüfen lassen wollen, rät er Kontakt zu einem Anwalt oder zur Verbraucherzentrale aufzunehmen.

Sven Kretzschmar ist Referent für Finanzdienstleistungen in der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt. „Mehr als 70 Prozent der von uns überprüften Widerrufsbelehrungen sind fehlerhaft“, sagt Kretzschmar. Mal sei der genaue Beginn der Frist nicht klar, mal fehlten Informationen, mal stehe da Überflüssiges, das verwirrte. Bei der Verbraucherzentrale können alte Verträge für 70 Euro überprüft werden. Im Anschluss erhalten Verbraucher ein schriftliches Ergebnis der Prüfung mit Hinweis zu den Erfolgsaussichten eines Widerrufs und dessen rechtlicher Durchsetzung.

Kretzschmar warnt allerdings davor, zu blauäugig vorzugehen. Hat der Widerspruch Erfolg, muss der Kunde nach geltendem Recht die Restschuld des Darlehens innerhalb von 30 Tagen zurückzahlen. „Viele Menschen haben so viel Geld aber nicht schlagartig zur Verfügung und müssen sich um eine Anschlussfinanzierung kümmern“, erklärt er. Doch nicht jeder Verbraucher erhalte automatisch einen neuen Darlehensvertrag. Betroffene sollten vor dem Widerruf Angebote einholen, aber auf keinen Fall eine Anschlussfinanzierung abschließen, bevor der Widerruf des Alt-Darlehens nicht von der Bank akzeptiert worden ist, erläutert Kretzschmar.

Doch die Bank akzeptiere den Widerruf häufig nicht. In vielen Fällen hilft nur ein Anwalt. Gibt das Geldhaus dem Widerruf auch nach einem anwaltlichen Schreiben nicht statt, muss sich der Verbraucher entscheiden, ob er seine Rechte per Klage durchsetzen will. Doch das ist nicht selten teuer. „Bei einem Streitwert von 130 000 Euro betragen die Kosten für den Prozess über 13 000 Euro, allein in der ersten Instanz“, sagt Anwalt Ronni Krug. Gewinnt der Verbraucher, muss er die Prozesskosten allerdings nicht tragen. Die kostengünstigere Alternative sei, so Krug, ein Ombudsverfahren, bei dem zum Beispiel ein pensionierter Richter als Schlichter bestellt wird.

Auf Anfrage teilte die Magdeburger Volksbank mit, dass derzeit noch kein Kunde seinen alten Immobilien-Darlehensvertrag widerrufen habe. Die Sparkasse wollte sich nicht äußern. Ein Sprecher erklärte aber, die Bank suche stets eine „für beide Seiten zufriedenstellende Antwort“.

Für Verträge, die zwischen Juni 2010 und März 2016 geschlossen wurden, hat das „ewige Widerrufsrecht“ auch nach der neuen Gesetzeslage Bestand. Höchstrichterliche Entscheidungen zu gängigen Fehlern stehen hier noch aus. Interessant: Mehrere Gerichte hatten zuletzt Widerrufsinformationen gekippt, die dem gesetzlichen Muster entsprachen.