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Früherkennung Gefährliche Blutungen im Bauch

Ein Riss in der großen Bauchschlagader kann lebensbedrohliche Blutungen zur Folge haben. Noch immer geschieht das allzu oft ohne Vorwarnung.

Von Uwe Seidenfaden 21.03.2016, 14:24

Magdeburg l Beim Bruch einer unterirdischen Hauptwasserleitung treten in kurzer Zeit große Wassermengen aus. Die Folge können großräumige Zerstörungen an Straßen und Häusern sein. „Etwas Ähnliches passiert, wenn eine Hauptschlagader im menschlichen Körper reißt“, sagt Dr. Jörg Tautenhahn, Chefarzt und Leiter des Gefäßzentrums am Klinikum Magdeburg. Besonders gefürchtet sind natürlich Blutungen in das Gehirn.

Aber auch ein Leck in der großen Bauchschlagader ist lebensbedrohlich. Diesem Notfall viele Jahre voraus gehen oft symptomlose Veränderungen der Bauchschlagader (Aorta). Begünstigt durch langjähriges Rauchen, Bluthochdruck, Störungen des Zucker- und Fettstoffwechsels sowie durch genetische Risikofaktoren kann es zu einer ballonartigen Ausweitung der Aorta kommen. Dabei sinkt die Elastizität der Gefäßwand ähnlich wie in einem zu stark aufgeblasenen Luftballon, bis dieser schließlich platzt.

Normalerweise hat die Bauchschlagader bei Erwachsenen einen Durchmesser zwischen 1,5 bis 2,5 Zentimeter. „Bei einer Erweiterung auf drei Zentimeter und mehr sprechen wir von einem Aneurysma“, so der Mediziner. Je größer die Gefäßausweitung und je schneller die Größenzunahme, desto dringlicher ist eine gefäßchirurgische Behandlung, um einen plötzlichen Bruch (Ruptur) zu vermeiden.

Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten der gefäßchirurgischen Behandlung: die offene Operation und die sogenannte endovaskuläre Behandlung. Beide Verfahren haben Vor- und Nachteile, die individuell mit dem Arzt besprochen werden sollten. Bei der offenen Bauchschnitt-OP wird die erweiterte Bauchschlagader mitsamt ihrer erweiterten Abzweigung ausgeschaltet und durch eine individuell passende Gefäßprothese aus synthetischem Material ersetzt.

Alternativ können Gefäßmediziner eine Gefäßendoprothese mikrochirurgisch durch die Leistenarterien in die kranke Schlagader einsetzen. Die Schlagader bekommt dadurch eine neue innere Wand. Dafür nutzen die Mediziner am Klinikum Magdeburg u.a. eine der modernsten bildgebenden Röntgen-Anlagen in einem Operationssaal.

Da die sogenannte endovaskuläre Therapie ohne großen Bauchschnitt auskommt, erholt sich der Patient schneller als nach einer offenen Bauch-OP. Allerdings sind regelmäßige Spezialkontrollen erforderlich. Nach einer offenen OP ist das nicht notwendig. Ab einer Größe von 4,5 bis fünf Zentimetern raten Gefäßmediziner kontrolliert zu einem Eingriff, denn das Risiko einer planbaren Behandlung – egal mit welcher Methode - ist deutlich geringer als das einer Notfalloperation, bestätigt Chefarzt Tautenhahn.

Nach wissenschaftlichen Untersuchungen leben in Deutschland etwa 250 000 Menschen mit einer erweiterten Bauchschlagader – einem Aneurysma. Viele von ihnen wissen es nicht, denn Symptome wie zunehmend stärkere Schmerzen im Bauchraum und Rücken treten oftmals erst bei einer bereits geplatzten Bauchschlagader auf. Wie die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie rät auch der Magdeburger Facharzt insbesondere Männern im Alter ab 65 Jahren zu einer Ultraschall-Untersuchung des Bauchraumes beim Hausarzt. Befolgen sollten diesen Ratschlag insbesondere regelmäßige Raucher und Bluthochdruck-Patienten, denn sie sind statistisch deutlich häufiger als Frauen im gleichen Alter betroffen.

In Familien, in denen auch Verwandte an einem Aneurysma erkrankten, sollte das Screening bereits ab 50 Jahren erfolgen. Durch die Ultraschall-Kontrolle können Veränderungen der Bauchschlagader entdeckt werden, bevor Beschwerden auftreten oder es zur Notfallsituation kommt. Den Nutzen hat unlängst das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bestätigt.