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Berufsunfähigkeit Abgesichert für den Fall der Fälle

Berufsunfähigkeitsversicherungen zahlen, wenn Arbeitnehmer langfristig ausfallen Sind teure Versicherungen die beste Wahl?

28.08.2019, 23:01

Hamburg/Berlin (dpa) l Jeder vierte Arbeitnehmer wird mindestens einmal berufsunfähig. Dabei trifft es nach Angaben der Deutschen Aktuarvereinigung sowohl Ältere als auch Jüngere, körperlich Arbeitende wie Büroangestellte. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) kann helfen, den Lebensstandard zu halten, wenn man aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann. Die Police kann aber teuer sein. Wen trifft dies besonders und welche Alternativen gibt es?

„Entscheidend für die Höhe der Prämie ist einmal die Tätigkeit“, sagt Kerstin Becker-Eiselen von der Verbraucherzentrale Hamburg. Auch das persönliche Gesundheitsprofil, das Alter und risikorelevante Hobbys wie etwa Fallschirmspringen spielen eine Rolle.

Becker-Eiselen nennt Beispiele: Ein 20-Jähriger vereinbart mit einer Versicherung eine Rente über 1500 Euro monatlich im Fall einer Berufsunfähigkeit. Arbeitet er im kaufmännischen Bereich, zahlt er dafür im Schnitt etwa 55 bis 70 Euro im Jahr, als Krankenpfleger aufgrund des Berufsrisikos dagegen rund 125 bis 160 Euro. Mit dem Alter steigen die Beiträge. Ein 40-jähriger Krankenpfleger zahlt bereits rund 190 bis 240 Euro Prämie.

Auf der Suche nach Alternativen stoßen Berufstätige zum Beispiel auf die sogenannte Grundfähigkeitsversicherung. „Diese Police sichert den Verlust bestimmter Fähigkeiten ab, etwa des Sehens, Hörens, Autofahrens oder Gehens“, erläutert Mathias Zunk vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin. Bei Vorerkrankungen kann allerdings manches ausgeschlossen oder ein Risikozuschlag erhoben werden. Die BU sichert aus Sicht des GDV insgesamt deutlich umfangreicher ab.

Ähnlich ist es bei der Unfallversicherung. Sie zahlt einen einmaligen Geldbetrag oder eine Rente nur, wenn der Versicherte unter den Folgen eines Unfalls leidet. Bei einer Erkrankung, etwa Krebs, greift die Unfallversicherung nicht.

Speziell gegen eine oder mehrere bestimmte Krankheiten können sich Menschen dagegen mit einer Dread-Disease-Versicherung (englisch: schwere Krankheit) versichern – etwa Schlaganfall oder Multiple Sklerose. „Mit den Leistungen können Versicherte eine Zeit der beruflichen Umorientierung überbrücken oder auch das Haus behindertengerecht umbauen“, so Zunk.

Aus Sicht des Bundes der Versicherten (BdV) sind diese drei Policen allerdings nur dann eine echte Alternative zur BU, wenn diese nicht abgeschlossen werden kann. Gleiches gilt für die Multi-Risk-Versicherung (englisch: viele Risiken) – eine Kombination aus mehreren Produkten.

BdV-Pressereferent Kim Paulsen zählt auf, woher Bestandteile stammen: „Private Unfallversicherung mit Rentenleistung, Pflegerentenversicherung, Grundfähigkeitsversicherung und Dread-Disease-Versicherung.“

Eine markteinheitliche Definition, wann der Multi-Risk-Versicherer zahlt, gibt es nicht. In der Regel wird eine Monatsrente dann ausgezahlt, wenn der Versicherte durch einen Unfall oder eine schwere Krankheit invalide oder pflegebedürftig geworden ist oder körperliche Grundfähigkeiten eingeschränkt sind.

Ebenfalls wichtig zu wissen: Häufig haben Versicherer bei Policen, die nicht als Lebensversicherung abgeschlossen sind, ein ordentliches Kündigungsrecht. „Der Anbieter kann den Vertrag dann also regulär aufheben“, warnt Paulsen. In einem solchen Fall stünde der Versicherungsnehmer ohne jeglichen Schutz da.

Eine weitere Option ist die Erwerbsminderungsrente. Einen Antrag hierauf können Arbeitnehmer nach einem Unfall oder bei schwerer Krankheit bei der Deutschen Rentenversicherung stellen. „Allerdings haben nur Arbeitnehmer, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, noch Anspruch auf eine vergleichsweise umfassende Erwerbsminderungsrente, wenn sie in ihrem zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr arbeiten können“, so Zunk.

Für später Geborene gilt: Nur wer weniger als sechs Stunden am Tag irgendeiner Beschäftigung nachgehen kann, erhält Leistungen. Welche Arbeit noch möglich ist, spielt keine Rolle. Die volle Rente, in der Regel weniger als ein Drittel des letzten Bruttogehalts, bekommt nur, wer weniger als drei Stunden am Tag arbeiten kann. „Vor allem jüngeren Berufstätigen, die erst geringe Rentenansprüche erworben haben, sichert die staatliche Leistung nicht den Lebensunterhalt“, erklärt GDV-Experte Zunk.

Was also tun? „Letztlich gibt es kein Produkt, das in vergleichbarer Weise wie die Berufsunfähigkeitsversicherung leistet und zu vergleichbaren Prämien zu haben ist“, stellt Becker-Eiselen klar. Berufstätige sollten 75 bis 80 Prozent des Nettoverdienstes absichern und Gesundheitsfragen korrekt beantworten, so ihr Rat.

Wer wegen gefährlicher Hobbys oder seiner Gesundheit zweifelt, welche Konditionen auf ihn zukommen, kann eine anonyme Risikovoranfrage stellen. „Dies kann etwa durch unabhängige Versicherungsberater erfolgen“, sagt Paulsen. So wird vermieden, dass bei einem Nein der Versicherung die Daten zugeordnet werden können.