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Früherkennung Rechtzeitig zur Krebsvorsorge gehen

Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung kennen die Angebote der Krankenkassen zur Krebsfrüherkennung, aber nur wenige nutzen sie.

Von Prof. Christoph Arens 16.10.2019, 23:01

Magdeburg l Durch die enormen Fortschritte der Medizin kann Krebs heutzutage oftmals geheilt werden. Die frühe Erkennung der Erkrankung ist hierfür eine wichtige Voraussetzung. Trotzdem nutzen nur jeder fünfte Mann über 45 und jede zweite Frau über 20 die Möglichkeiten der kostenlosen Screening-Untersuchungen im Rahmen der Krebsfrüherkennung. Beispielsweise können bei Gebärmutterhals- oder Darmkrebs schon die Vorstadien eines Tumors erkannt und behandelt werden. Beim Kehlkopfkarzinom können mit Hilfe neuer Endoskopietechniken Schleimhautverdickungen und Gefäßveränderungen nachgewiesen werden, die in über 90 Prozent eine korrekte Tumordiagnose ermöglichen. Auch durch wiederholte Eigenuntersuchungen lassen sich Anzeichen bestimmter Krebsarten wie Haut-, Brust- und Hodenkrebs frühzeitig feststellen. Trotz der gravierenden Folgen einer Krebserkrankung und der vorhandenen Vorsorgeprogramme zur Krebsfrüherkennung erfolgt nur eine unzureichende Inanspruchnahme der präventiven Diagnostik.

In den letzten zwei Jahrzehnten sind die größten Erfolge bezüglich des Überlebens bei Prostata-, Brust- und Darmkrebs zu verzeichnen. Diese Entwicklung ist die unmittelbare Folge der neuen Untersuchungstechniken und Vorsorgeprogramme. Derzeit sind vier Präventionsprogramme zum Darm-, Haut- und Brustkrebs sowie dem Zervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs) etabliert. Speziell die Vorsorge von Krebserkrankungen in der Frauenheilkunde hat seit fünf Jahrzenten eine lange Tradition. So konnte die Rate des Gebärmutterhalskrebses durch einen einfachen Test, den Zellabstrich vom Gebärmutterhals mit anschließender Färbung der Zellen, um ca. 60 bis 70 Prozent gesenkt werden. 2008 erhielt der Heidelberger Professor zur Hausen den Medizinnobelpreis für den Nachweis der Entstehung von Krebsarten aus Virusinfektionen. Schon 1976 veröffentlichte er seine Hypothese, dass Warzenviren eine Rolle bei der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs spielen. Basierend auf den Forschungsergebnissen wurden neue Impfstoffe gegen Humane Papillomviren (HPV) entwickelt und eine Impfung zur Krebsvorbeugung etabliert. Der Gebärmutterhalskrebses wird in bis zu 99,8 Prozent der Fälle durch eine Infektion mit bestimmten humanen Papillomviren-Typen (HPV) verursacht. Eine persistierende Infektion mit humanen Papillomviren ist eine notwendige Voraussetzung für die Entstehung des Gebärmutterhalskrebs in den meisten Fällen. Hier setzen neue Vorsorgekonzepte an, um in der Zukunft noch mehr Frauen die Diagnose Gebärmutterhalskrebs zu ersparen. So konnte durch sogenannte HPV-DNA-Tests die Früherkennung des Gebärmutterhalskrebses gerade für Frauen über 30 Jahre verbessert werden.

Weiterhin wurden Impfungen gegen HPV-Viren entwickelt und stehen seit 2006 zur Verfügung. Durch die HPV-Impfungen kann ein Großteil der Gebärmutterhalskrebserkrankungen verhindert werden. Auch Vorstufen des Gebärmutterhalskrebses, die operativ behandelt werden müssen, können mit diesen Impfungen vermieden werden. Mit entscheidend für die Wirksamkeit von Vorsorgemaßnahmen gegen Krebs ist die breitflächige Anwendung dieser Methoden. Leider ist die Rate an HPV-Impfungen in Deutschland zur Vorbeugung von Gebärmutterhalskrebs mit ca. 40 Prozent noch sehr gering. In anderen Industrieländern liegt sie bei über 80 Prozent. Ein weitaus größeres Problem hinsichtlich der Früherkennung stellt der Eierstockkrebs dar. Er ist gekennzeichnet durch eine hohe Sterberate aufgrund der schlechten Früherkennung.

Über 70 Prozent der Patientinnen werden erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Ultraschalluntersuchungen oder die Bestimmung von Tumormarkern im Blut haben sich als Methoden zur Früherkennung bei dieser Erkrankung nicht als wirkungsvoll erwiesen. Die Verbesserung von bildgebendernUntersuchungsmethoden und die Entwicklung von aussagekräftigeren Blut- und Gentests lassen auf bessere Resultate auf diesem Gebiet hoffen.Die Früherkennung bei Brustkrebs konnte durch die Einführung der Mammografie als Screening-Methode im letzten Jahrzehnt deutlich verbessert werden. Die Mammografie ist eine einfach durchzuführende Röntgenuntersuchung der Brust. Die Strahlenbelastung ist sehr gering. Die Aussagekraft der Mammografie ist bei Frauen über 50 Jahre hoch.

Das primäre Ziel einer Früherkennungsmethode, die Sterberate zu senken, konnte hinsichtlich des Mammografie-Screenings in mehreren Studien gezeigt werden. In Studien konnte die Sterberate um 20 Prozent gesenkt werden, wenn Frauen am Mammographie-Screening teilnahmen.

Ein Problem nicht nur dieser Früherkennungsmethode sind abklärungsbedürftige Befunde, die sich als nicht bösartig herausstellen. Infolgedessen werden Frauen verunsichert und eigentlich unnötige Operationen zur Abklärung der unklaren Befunde durchgeführt. Der Nutzen des Mammografie-Screenings überwiegt jedoch, gerade wenn die Teilnahme am Mammografie-Screening hoch ist. In der Zukunft ist damit zu rechnen, dass der Ultraschall der Brust bei Frauen mit dichtem Drüsengewebe als ergänzende Methode zum Einsatz kommen wird. Gerade bei jüngeren Frauen, die häufiger dichtes Drüsengewebe aufweisen, kann dadurch die Nachweisrate von Brustkrebs und damit die Früherkennung verbessern werden.

Dass Screening-Untersuchungen sinnvoll sind, zeigen zahlreiche Studien. In einer US-amerikanischen Studie konnte beispielsweise nachgewiesen werden, dass regelmäßige CT-Untersuchungen bei Rauchern und ehemaligen Rauchern die Lungenkrebssterblichkeit signifikant vermindern. Oftmals ist der Anspruch auf Früherkennungsuntersuchungen nicht bekannt. Ca. der Hälfte von tausend Befragten einer Studie von 2015 war nicht bekannt, dass das Hautkrebsscreening von den deutschen gesetzlichen Krankenkassen für alle Versicherten ab dem 35. Lebensjahr alle zwei Jahre übernommen wird. Daher sind eine intensive Aufklärung und Werbekampagnen notwendig, um die vorhandenen Möglichkeiten der Früherkennung noch mehr bekannt werden zu lassen. Im Rahmen des 20. Familien-Infotages in der Magdeburger Johanniskirche am kommenden Sonnabend können sich die Besucher intensiv zu den Möglichkeiten der Krebsfrüherkennungsuntersuchungen informieren, Experten aus allen Themenbereichen geben gerne Auskunft.

Ein Gastbeitrag von Herr Prof. Dr. Christoph Arens, Direktor der Magdeburger Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie und Herr PD Dr. Holm Eggemann, Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Klinikum Magdeburg.