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Gesundheit Heilwunder Gänseblümchen

Das Gänseblümchen ist zart und trotzt dennoch allen Widrigkeiten. Diese Kraft macht es zu einer lange unterschätzten Heilpflanze.

Von Claudia Hossfeld und Wiebke Vortriede 06.07.2018, 23:01

Hamburg l Einer jahrhundertealten Legende nach entsprangen die ersten Gänseblümchen den Tränen Marias, die sie auf ihrer Flucht nach Ägypten vergoss. Wo die salzigen Tropfen die Erde berührten, erblühten sogleich die zartweißen Blumen – als Zeichen ihrer mütterlichen Liebe. Der Teufel war so erbost über diese zärtlichen „Marienblümlein“, dass er jede List anwandte, um sie vergehen zu lassen. Doch nichts vermochte den tapferen Gänseblümchen etwas anzuhaben. Seither lassen sie jede Wiese erstrahlen, stehen für die große Kraft auch in den kleinsten Dingen.

Erinnern wir uns an unbeschwerte Kindertage, dann sind sie ohne Gänseblümchen gar nicht denkbar. Diese zarten Schönheiten sind es, die im Frühling als Erste erblühen und die als Kränze unser Haupt schmücken. Sie dienten als Orakel der Liebe, wenn wir ihre Blütenblätter einzeln zupften und dabei mitzählten: „Er liebt mich, er liebt mich nicht …“ Sie sind wie Liebkosungen, wenn wir mit bloßen Füßen über Sommerwiesen laufen. Gänseblümchen begleiten uns ein Leben lang, sind immer da, von Anfang an.

Von all den Blumen, die unsere Erde kennt, gibt es nur wenige Arten, um die sich ähnlich viele Mythen ranken wie um das Gänseblümchen. Die Germanen sahen in seinem Herzen das Auge des Sonnengottes Baldur leuchten, für die Römer versinnbildlichte die Blume die Gegenwart der Liebesgöttin Venus. Zu ungeahntem Ruhm kam das Gänseblümchen, als der französische König Ludwig IX. (1214–1270) es zusammen mit der Lilie in sein Wappen aufnahm. Einer anderen Legende zufolge sind die ersten drei Gänseblümchen des Frühjahrs besonders heilsam. Wer sie koste, werde von Krankheit verschont.

Und tatsächlich: Forscher haben herausgefunden, dass die weißen Blütenblätter und das gelbe Herz des Gänseblümchens wirklich Heilkräfte in sich tragen. So ist die Blume zum Beispiel ein hervorragendes und hochwirksames Wundheilmittel. Die in ihm enthaltenen Gerbstoffe bilden auf Kratzern, Wunden und Entzündungen eine schützende Schicht. Das stillt Blutungen und entzieht Bakterien, die sich dort angesiedelt haben, den Nährboden. Gleichzeitig wirken die Gerbstoffe schmerzlindernd – auch bei blauen Flecken, Prellungen, Verstauchungen und Zerrungen. Das Gänseblümchen lässt sogar Ausschläge, Hautunreinheiten und Lippenherpes schneller wieder abklingen.

Einen weiteren erstaunlichen Pflanzenstoff, der im Gänseblümchen in hoher Konzentration vorkommt, erforschen Wissenschaftler erst seit Kurzem: die sogenannten Saponine. Wie genau sie wirken, haben die Forscher noch nicht herausgefunden. Untersuchungen zeigen aber: Sie lösen selbst festsitzenden, schleimigen Husten und erleichtern so schwere Erkältungen. Eine andere bemerkenswerte Eigenschaft: Die Saponine verstärken die Wirkung anderer Inhaltsstoffe.

Welche anderen Wirkungen das beim Gänseblümchen sind? Bitterstoffe zum Beispiel regen den Stoffwechsel und die Verdauung an. Die zerriebenen Blätter lassen Mückenstiche abschwellen und lindern den Juckreiz. Auch bei Verbrennungen an Brennnesseln hilft dieser Trick. Das Gänseblümchen vermag außerdem, Regelschmerzen zu mildern, und sogar bei Glieder- und Gelenkschmerzen wie Gicht und rheumatischen Beschwerden verschafft es Linderung.

Wie genau man sich die Heilkraft des Gänseblümchens zunutze macht? Für die äußerliche Anwendung stellt man eine Tinktur aus ihm her, innerlich wirken die Inhaltsstoffe des Gänseblümchens am besten als Tee. Pflücken Sie dafür einen Korb voll schönster, sauberer und gesunder Blümchen. Am besten dann, wenn die Sonne scheint, denn im Licht öffnen Gänseblümchen ihren Blütenkranz und entfalten ihre ganze Kraft. Mit der Dämmerung schließen sie sich wieder. Es stimmt also, was wir unseren Kindern zur Nachtruhe erzählen: Auch Gänseblümchen gehen abends schlafen …