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Gesundheit Krankes Herz durch kranke Zähne

Eine unzureichende Mundhygiene im Alter begünstigt auch „Gefäßverkalkungen“ im gesamten Körper und erhöht das Infarktrisiko.

Von Uwe Seidenfaden 20.06.2019, 01:01

Magdeburg l Im Roman „Die Buddenbrooks“ von Thomas Mann stirbt der alte Senator Thomas Buddenbrook nach einer Zahnextraktion. Die eigentliche Todesursache war vermutlich ein Herzinfarkt, der sich mit starken Schmerzen im Unterkiefer bemerkbar gemacht hatte. Mediziner prägten dafür den Begriff „Buddenbrook­Syndrom“. Im 19. Jahrhundert gab es noch nicht die heutigen diagnostischen Möglichkeiten und es war ebenso wenig bekannt, wie stark die Mundgesundheit den Rest des Körpers beeinflusst und umgekehrt.

„In jüngster Zeit erschienen zahlreiche wissenschaftliche Studien, die Zusammenhänge zwischen Parodontitis, Zahnausfall und häufigen Volkserkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfällen aufzeigen“, sagt die Magdeburger Zahnärztin und Spezialistin für Parodontologie Dr. Lisa Hezel, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie. Die US-Herzgesellschaft gibt an, dass der Zahnverlust ab 45 Jahren das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um bis zu 25 Prozent steigen lasse.

Die Parodontitis ist eine bei den über 50-jährigen Frauen und Männern weit verbreitete chronisch-entzündliche Erkrankung des Zahnbetts. Nach Angaben der fünften deutschen Mundgesundheitsstudie ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung betroffen. Bei einer Parodontitis führt bakterielle Plaque zu Entzündungen am Zahnfleischsaum und in der Folge zu Zahnfleischrückgang, freiliegenden, schmerzempfindlichen Zahnhälsen und Zahnausfall. Die Parodontitis ist aber auch ein Krankheitsherd für den gesamten Körper. An den entzündeten Stellen im Mundraum können aggressiven Bakterien und deren teils giftige Stoffwechselprodukte in den Blutkreislauf gelangen, um weitere Entzündungen an den Blutgefäßen auszulösen. Dadurch erhöhen sie u. a. das Risiko zur Bildung von Blutgerinnseln, die zu Herzinfarkten und Schlaganfällen führen.

Bei der Entstehung einer Parodontitis kommen oft mehrere Gründe zusammen, z. B. Fehler beim Zähneputzen, eine zu zuckerreiche Ernährung, Übersäuerungen im Mundraum, geringer Speichelfluss bzw. Veränderungen seiner Zusammensetzung durch Nebenwirkungen von Medikamenten sowie – oftmals unterschätzt – das Rauchen. Tabakinhaltsstoffe verfärben nicht nur die Zähne. Sie tragen auch zur Zahnzerstörung bei, so der Magdeburger Zahnarzt Dr. Dirk Wagner, Öffentlichkeitsreferent im Vorstand der Zahnärztekammer.

„Ein Frühwarnsymptom ist Zahnfleischbluten beim Zähneputzen oder beispielsweise beim Biss in einen Apfel“, sagt Dr. Wagner. Auch wenn das nicht schmerzt, sollte man bei Zahnfleischbluten den Zahnarzt aufsuchen. In den Anfangsstadien lässt sich eine Parodontitis leichter und besser behandeln als nach Jahren des Nichtstuns. Die erfolgreiche Behandlung führt zu einer Reduzierung der Bakterien und Entzündungsstoffe in der Blutbahn und hat damit einen positiven Effekt an den Gefäßen.

„Vorbeugen lohnt nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern auch noch für Senioren“, sagt die Zahnärztin Dr. Nicole Primas, Referentin für präventive Zahnheilkunde. Es geht darum, die Entstehung bakterieller Plaque zu verhindern bzw. frühzeitig zu beseitigen. Dafür gibt es für ältere Menschen zahlreiche Hilfen. Wer z. B. Probleme beim Halten der Zahnbüste hat, kann spezielle Griffhilfen nutzen. Zungenreiniger, Zahnseide und sogenannte Interdentalbürsten helfen, die Bereiche von krankmachenden Bakterienbelägen zu befreien, die mit der Zahnbürste allein nicht zu reinigen sind. Zahnärzte und die Mitarbeiterinnen helfen Patienten dabei, die inviduell richtige Wahl der Zahnpflegemittel zu treffen. Es kann helfen, sich beraten zu lassen.