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Gesundheit Mit Parkinson-Krankheit aktiv sein

Magdeburger Fachärzte beantworten am Ratgebertelefon der Volksstimme Leserfragen. Eine Auswahl von Fragen und Antworten

Von Uwe Seidenfaden 06.04.2016, 01:01

Mein Mann ist jetzt 85 Jahre alt. Seit kurzem beginnen seine Hände auffallend zu zittern, wenn er beispielsweise eine Tasse zum Mund führt oder wenn er sich rasiert. Unser Hausarzt meinte, dass es sich wahrscheinlich nicht um das Parkinson-Syndrom handelt, da das Zittern nur bei Bewegungen der Hände auftritt. Was können mein Mann und ich tun?

Ihr Hausarzt hat vermutlich recht. Die geschilderte Symptomatik spricht für einen sogenannten essentiellen Tremor des Alters – eine gutartige Erkrankung. Behandelt werden müssen die Symptome nur, wenn sie einen Leidensdruck verursachen, d.h. wenn Ihr Mann meint, dass das Zittern ihn stark behindert. Ihr Mann sollte die Ursache der Bewegungseinschränkungen dennoch diagnostisch genauer vom Hausarzt oder von einem Neurologen abklären lassen.

Unsere Schwiegertochter ist erst 22 Jahre alt und zittert gelegentlich ohne ersichtlichen Grund. Begleitet wird das Zittern durch starkes Schwitzen. Sie nimmt keinerlei Medikamente und ist für ihre Größe sehr dünn. Kann sie an einem Parkinson-Syndrom leiden?

Vermutlich nicht. Die klinische Diagnose eines Parkinson-Syndroms erfordert eine allgemeine Verlangsamung der Bewegungen (Bradykinesie) und das Vorhandensein eines der folgenden Leitsymptome: erhöhte Muskelanspannung (Rigor) und ein Zittern in Ruhe (Tremor) sowie Gleichgewichtsstörungen (postdurale Instabilität).

Das von Ihnen berichtete gleichzeitige Auftreten von Zittern und Schwitzen sowie die Tatsache, dass es sich um eine junge Frau handelt, könnte möglicherweise ein Hinweis auf eine Schilddrüsenüberfunktion sein. Ihre Schwiegertochter sollte einen Arzt konsultieren, damit eine gesicherte Diagnose gestellt werden kann.

Meine Mutter hatte mit 45 Jahren eine Parkinson-Erkrankung bekommen. Inzwischen bin ich selbst 50 Jahre alt und habe Probleme beim Nähen. Ich bemerke ein Zittern, wenn ich eine Nadel einfädeln will. Raten Sie zu einer Frühdiagnostik beim Neurologen?

Wenn eine Parkinson-Erkrankung bei einem Familienmitglied bereits in jungen Jahren aufgetreten ist, können Sie sich hinsichtlich des eigenen Parkinson-Risikos genetisch beraten lassen. Neurologen können ein Parkinson-Syndrom erst beim Auftreten der motorischen und nichtmotorischen Symptome, die eingangs genannt wurden, diagnostizieren und behandeln.

Bei mir wurde vor kurzem eine Parkinson-Erkrankung diagnostiziert. Wie ist der Krankheitsverlauf? Ich bin zwar schon Rentner, aber mit dem eigenen Auto noch recht mobil. Muss ich damit rechnen, die Fahrerlaubnis zu verlieren?

Wie schnell Parkinson fortschreitet, ist individuell sehr unterschiedlich und kann zum Zeitpunkt der Diagnose leider noch nicht sicher vorhergesagt werden. Inwieweit Sie auch zukünftig fahrtauglich sein werden, hängt im Wesentlichen vom Ausmaß der Beschwerden ab. Krankheitsbedingt kann die Aufmerksamkeit und die Reaktionsgeschwindigkeit vermindert sein. Zudem erhöhen zahlreiche Parkinson-Medikamente das Risiko für einen Sekundenschlaf. Ob ein Parkinson-Patient also Auto fahren darf oder nicht, muss individuell in Absprache mit Ihrem behandelnden Neurologen entschieden werden. Zudem kann man sich bei der Fahrschule die Fahrtaugkeitkeit bestätigen lassen. In Phasen der Medikamentenumstellung und der Dosisveränderung wird geraten, auf das Fahren eines Kfz zu verzichten.

Gibt es Ernährungsvorschriften, die bei der Einnahme von Dopamin zu beachten sind?

Dopamin sollte man nicht zu den Hauptmahlzeiten einnehmen, sondern entweder mindestens 30 Minuten davor oder frühestens 90 Minuten danach und mit viel Flüssigkeit. Zu empfehlen ist außerdem, eiweißreiche Mahlzeiten auf den Abend zu verlegen. Bei hohen L-Dopa-Dosen muss man auch den Vitamin-B6 und -B-12-Mangel ausgleichen (Spritzen).

Sollten Menschen, die an einer Parkinson-Erkrankung leiden, kein Fleisch essen?

Nein. Generell ist ihnen eine ausgewogene, Vitamin- und Ballaststoffreiche Kost zu empfehlen. Auf Fleischgerichte müssen Parkinson-Patienten nicht verzichten.

Was ist, wenn die Parkinson-Medikamente nicht mehr helfen?

Es gibt eine Reihe von verschiedenen Medikamenten, die zur Behandlung der Parkinson-Symptome eingesetzt werden können. Hinzu kommen zahlreiche unterstützende Maßnahmen wie Krankengymnastik, Ernährungsberatung, Ergo- und Logopädie sowie die psychologische Betreuung der Patienten.

Stoppen oder heilen lässt sich eine Parkinson-Erkrankung bislang nicht. Mit den Jahren werden deshalb immer wieder Dosisanpassungen und Medikamentenumstellungen erforderlich sein. Auf diese Weise können viele Patienten meist mehrere Jahrzehnte lang gut behandelt werden. Ihre Lebenserwartung ist im Vergleich zu Altersgenossen ohne Parkinson nicht eingeschränkt.

Wenn die Bewegungseinschränkungen sehr stark sind und mit Medikamenten nicht mehr ausreichend zu lindern sind, ist unter Umständen eine sogenannte Tiefe Hirnstimulation angebracht. Dabei handelt es sich um elektronische Implantate vergleichbar einem Herzschrittmacher. Bei schweren psychischen Störungen und Demenzen gibt es Alternative zur „Tiefen Hirnstimulation“ eine Medikamenten-Pumpentherapie. Mit dem Einsatz beider Verfahren liegen inzwischen gute Erfahrungen über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten vor.

Kann man die zunehmend leisere und monotonere Sprache verhindern?

Patienten können in einer Stimm- und Sprachtherapie bei Logopäden sowie durch eigene Übungen ihre Sprechweise trainieren und länger erhalten. Übungen können auch helfen, Schluckbeschwerden zu lindern. Es gibt speziell für Parkinson-Patienten logopädische Behandlungen (LSVT-BIG), die der Arzt verordnen kann.

Lässt sich durch Sport der Verlauf einer Parkinson-Krankheit günstig beeinflussen?

Ja. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, aktiv zu bleiben und die eigene Fitness zu trainieren. Das kann durch regelmäßige physiotherapeutische und ergotherapeutische Behandlungen sowie mit leichtem Ausdauersport erreicht werden.

Wo kann ich Menschen treffen, die ebenfalls am Parkinson-Syndrom leiden?

Sie können Kontakt mit dem Landesverband Sachsen Anhalt der Deutschen Parkinson Vereinigung, e.V aufnehmen in 38855 Wernigerode, Seigerhüttenweg 52, Telefon: (03943) 43220, E-Mail: bernd.kammler@gmx.de.