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Medizin Therapie bei Hodenhochstand früh beginnen

Eine frühzeitige Behandlung von Hodenhochstand ist entscheidend für die spätere Zeugungsfähigkeit.

Von Uwe Seidenfaden 28.06.2017, 01:01

Magdeburg l Anne (26) und Alexander (29) sind seit vielen Jahren ein Paar. Beide wünschen sich nichts sehnlicher als ein eigenes Kind, doch die erhoffte Schwangerschaft stellte sich auch nach vier Jahren nicht ein. Den Grund erfuhren sie unlängst in der Kinderwunschsprechstunde der Magdeburger Uniklinik für Reproduktionsmedizin: Der junge Mann produziert viel zu wenig bewegliche Spermien.

Die Samenzellen reichen nicht für eine Befruchtung auf normalem Weg. Zu der schlechten Spermaqualität kann es durch eine frühkindliche Entwicklungsstörung kommen, bei der ein oder beide Hoden nach der Geburt nicht im Hodensack, sondern in der Bauchhöhle bzw. in der Leiste liegen. Mediziner sprechen von einem sogenannten Hodenhochstand (Maldescensus testis).

„Maldescensus testis ist einer der Hauptursachen männlicher Unfruchtbarkeit“, sagt Professor Jürgen Kleinstein, Direktor der Magdeburger Uniklinik für Reproduktionsmedizin. Die Entwicklungsstörung ist für etwa zehn Prozent der unerfüllte Kinderwünsche verantwortlich. Diese Männer können meist nur mit Hilfe der Reproduktionsmedizin Vater werden.

Zudem haben diese unfruchtbaren Männer ein erhöhtes Risiko, an Hodenkrebs zu erkranken, ergänzt Privatdozent Dr. Uwe-Bernd Liehr, leitender Oberarzt an der Uniklinik für Urologie und Kinderurologie.

Der Hodenhochstand ist insbesondere unter Frühgeborenen häufig. Aber auch drei bis fünf Prozent der Jungen, die zum normalen Geburtstermin auf die Welt kommen, sind davon betroffen. Innerhalb der ersten sechs Lebensmonate kann sich der Hoden noch von selbst in den Hodensack absenken. Geschieht das nicht, ist eine Behandlung ratsam.

Nach den aktuellen ärztlichen Leitlinien-Empfehlungen sollte die Lagekorrektur der Hoden innerhalb der ersten zwölf Lebensmonate durchgeführt werden. Leider werden diese medizinisch begründeten Empfehlungen nicht immer eingehalten. Erst vor wenigen Monaten bescheinigte eine im Ärzteblatt Sachsen-Anhalts veröffentliche Analyse ein deutliches Defizit bei der frühzeitigen Behandlung des Hodenhochstandes in großen Teilen Sachsen-Anhalts.

Danach erfolgen Korrekturen durchschnittlich erst nach rund 3,5 Jahren. In diesem Alter besteht bereits ein um 50 Prozent erhöhtes Unfruchtbarkeitsrisiko.

Liegen nach etwa einem halben Jahr die Hoden noch nicht im Hodensack, raten Kinderärzte zu einer Hormonbehandlung. Führt die Behandlung nicht zum Erfolg, ist eine Operation notwendig, um den Hoden in den Hodensack zu verlegen.

Es ist ratsam, sich in einem medizinischen Zentrum beraten zu lassen, das über eine Kinderchirurgie und Kinderurologie sowie über eine Kleinkindanästhesie verfügt. Das gilt insbesondere bei einer „unklaren Hodenlage“, so Oberarzt Dr. Hardy Krause. Auch wenn nur einseitig ein Hoden nicht seine richtige Position erreicht hat, sollte eine Behandlung erfolgen, ergänzt Privatdozent Dr. Liehr.

Die Ärzte raten Eltern, alle staatlich vorgesehenen U-Vorsorgeuntersuchungen der Kinder wahrzunehmen. Nützlich können aber auch selbst durchgeführte Kontrollen, z. B. auf dem Wickeltisch oder in der Badewanne, sein. In warmer Umgebung sollten sich in den ersten sechs Monaten eines Jungen die Keimdrüsen im Hodensack ertasten lassen.

Ängste vor der Behandlung des Kindes in den ersten zwölf Lebensmonaten müssen die Eltern nicht haben: Die Schmerzen durch den Eingriff vergehen meist schnell wieder, während die negativen Folgen von Nichtstun oder längerem Abwarten einen heranwachsenden Mann ein Leben lang begleiten können.