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Schönheit Kosmetik aus dem Klostergarten

Viele Rezepturen, die Nonnen in Klostergärten entdeckten, wirken noch heute in moderner Kosmetik. Ein Streifzug durch klösterliche Gärten.

Von Susanne Faust 06.07.2018, 23:01

Hamburg l Die Schätze aus den Gärten der Klöster sind die Grundlage für moderne Kosmetik aus der Natur. In Frankreich, Italien und Deutschland entstehen in Klöstern noch heute mit Liebe, Leidenschaft und den richtigen Heilkräutern wohltuende Rezepturen.

„Liebeswasser“ steht auf dem sonnengelben Etikett des Flakons, von dem ein Engel lächelt. Komponiert wurde das „Eau Aimable“ aus Orangenblüten, Bergamotte und wilder Rose vor über hundert Jahren von den Nonnen des Couvent des Minimes. Alle, die durch die Klostertür im Ort Mane in der französischen Provence traten, wurden mit dem frischen Cologne beduftet, um die Nächstenliebe zu stärken. Erbaut wurde das Kloster schon 1613 von Minimen, Brüdern eines Bettelordens, die in größter Bescheidenheit lebten. Sie legten zur Selbstversorgung Gemüse- und Kräutergärten an. Als Franziskanerinnen das Kloster 1862 übernahmen, kultivierten sie auch Heilpflanzen, schufen unter anderem den „Liebvollen Pflegebalsam“, der mit Eibischauszügen die von der Sonne ausgetrocknete Haut tröstet, und den „Wanderfreund“ für die müden Füße der Pilger.

Als 2004 ein Hotel in die Gemäuer zog, wurden die alten Rezepturen wiederentdeckt. Ein verlockender Fund für die Marke L’Occitane, deren Forscher aus den Original-Aufzeichnungen die nostalgische Naturkosmetik-Serie „Couvent des Minimes“ entwickelten. Damit die Nächstenliebe nicht nur aus dem „Liebeswasser“ fließt, spendet die Klosterserie einen Teil ihrer Einkünfte an den Orden der Franziskanerinnen.

Dufte, so eine Busfahrt in Florenz. Über das Gebläse wird regelmäßig das unverkennbare „Potpourri“ aus der ältesten Apotheke Europas verströmt. Die Extrakte aus Kräutern und Blüten, die auf den Hügeln rund um die Stadt in Italien wachsen, werden in der Farmacia Santa Maria Novella von Klosterbrüdern und -schwestern zum olfaktorischen Markenzeichen verwandelt. Gegründet wurde die Apotheke der Basilika schon 1221 von Dominikanermönchen. Seit 1612 werden aus Heilkräutern und Rohstoffen Produkte für Körper, Gesicht und Geist geschaffen: Betörende Düfte, Cremes, Kerzen – und natürlich das berühmte „Potpourri“, das jetzt auch in vielen Taxen weht.

Dem Himmel ganz nah steht das Kloster des heiligen Vinzent oberhalb des Ortes Chantelle in der französischen Auvergne. Es ist so still, dass selbst das Rauschen des Flusses Bouble nicht heraufdringt. Bewohnt wird die trutzige Abtei aus dem Mittelalter seit 1853 von Benediktinerinnen. 1953 hatten die Nonnen eine geniale Eingebung, die sie seitdem mit Leidenschaft umsetzen: Sie stellen Cremes, Seifen und Lotionen aus Rohstoffen der Umgebung in ihrer eigenen Manufaktur her. Zum Beispiel geht das Trockenöl „Chantelle“ aus Traubenkernen, Oliven und Mandeln im Klosterladen mit einem netten „merci“ über den Ladentisch – und die Haut dankt später.

„Aqua Mirabilis“ wurde vor über 300 Jahren von Mönchen als natürliches Heilmittel hergestellt. Die Rezeptur? Geheim. Das Wunderwasser aus seltenen Heilpflanzen wirkte eingenommen von innen und konnte auch auf den Körper aufgetragen werden. Es sollte vor Pest schützen, Verbrennungen und Wunden heilen und nebenbei noch Schönheit schenken. Die Wissenschaftler von Roger & Gallet entschlüsselten die Formel aus 18 destillierten Heilpflanzen und haben sie in eine entgiftende, regenerierende Pflegeserie übersetzt. Zu kaufen in der Apotheke.

Die Aussicht ist göttlich. Das spätromanische Kloster liegt auf einem Hochplateau in der Nähe von Manosque über dem Tal der Durance – ein wilder, unbegradigter Fluss, der bei Ebbe strahlend weißen Kies freilegt. Lange stand das Kloster in Frankreich leer, bis die Benediktiner von Hautecombe 1987 ihr Domizil am Genfer See gegen die luftige Höhe in der Provence tauschten. Ihre Rezepturen für Körperpflegeprodukte brachten sie mit und entwickeln sie mit frischen regionalen Zutaten weiter. Der Bestseller ist die zitronigfrische Eisenkraut-Seife.

Ein Zufall im Jahr 1380 betört die Fans der Düfte von Carthusia bis heute: Als der Prior des Klosters San Giacomo auf Capri die Königin von Neapel zu Besuch erwartete, ließ er auf der italienischen Insel die schönsten Blüten sammeln und dekorieren. Tage später bemerkten die Mönche, dass dem Blumenwasser ein faszinierender Duft entströmte. Der Alchemist des Klosters identifizierte Maiglöckchen, wilde Nelken und Ylang-Ylang und braute daraus „Garofilium silvestre caprese“. Fast sechs Jahrhunderte später entdeckte ein Nachfolger des Priors ein Buch mit alten Formeln und richtete das kleinste Parfumlabor der Welt ein. Er nennt es Carthusia, abgeleitet von „Kartause“, dem Namen des Klosters der Kartäusermönche.

Heute führt der Juwelier Silvio Ruocco, der schon als Kind in den Klostergärten gespielt hat und Gewürzpflanzen sammelte, das Traditionsunternehmen auf Capri. Seine Düfte fangen das unbeschwert mediterrane Flair der Insel perfekt ein. Und mit den Raumdiffusern geht die Sonne von Capri auch zu Hause auf.

Sein ganzheitliches Haarinstitut ist ein Hotspot der Düsseldorfer Beauty-Szene. Das liegt natürlich auch an den besonderen Produkten, die Marc Booten auf Basis naturheilkundlicher Rezepte selbst entwickelt hat. Als Kind begleitete der „Organic-Starfriseur“ seinen Onkel, einen Mönch in der Abtei Mariawald in Heimbach, oft in die Gärten und in die Klosterbibliothek. Dort entdeckte er seine Begeisterung für Heilpflanzen und das überlieferte Wissen der Klosterbrüder. Seine Haarpflege mit Hopfen und Eisenkraut steht deshalb auch bei Dermatologen hoch im Kurs.