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MietwohnungMusizieren in der Wohnung muss möglich sein

Hausmusik muss in gewissen Grenzen als übliche Freizeitbeschäftigung möglich sein, urteilte der BGH. Doch was bedeutet das konkret?

18.01.2019, 23:01

Frankfurt/Berlin (dpa) l Klavier, Trompete oder Akkordeon: Für den einen Menschen erzeugen sie fröhliche, engelsgleiche Töne, für den anderen ist die Musik einfach nur nervige Lärmbelästigung. Wenn Nachbarn ein Instrument spielen oder Hausmusik machen, sorgt dies immer wieder für Streit – manche Fälle landen sogar vor Gericht.

Grundsätzlich gilt: Ein komplettes Verbot, zu Hause zu musizieren, ist unzulässig. In gewissen Grenzen muss Hausmusik als übliche Freizeitbeschäftigung möglich sein, entschied der Bundesgerichtshof. Maßstab sei der verständige Durchschnittsmensch. Was das bedeutet, erklärt Helena Klinger vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland: Besonders sensible Personen könnten „sich nicht auf ihre besondere Empfindlichkeit berufen, solange ein gesunder Mensch die Geräuschkulisse als normal empfindet“.

Neben objektiven Maßstäben sollten Nachbarn sich an gesellschaftliche Gegebenheiten anpassen. „Das Musizieren ist in Wohnvierteln üblich und daher auch zu dulden“, erklärt Klinger. Insbesondere, wenn sich Musiker bei Lautstärke, Zeitraum und Zeitpunkt an den Lebensumständen und Bedürfnissen anderer Hausbewohner orientieren.

Wie viel Musik erlaubt ist, hängt auch vom Umfeld ab: „In einer Seniorenwohnwohnanlage gelten andere Grundsätze als etwa in einem Haus mit vielen jungen Leuten“, erklärt Annett Engel-Lindner vom Immobilienverband Deutschland IVD. Solange Musiker in Zimmerlautstärke spielen, dürfte Nachbarn dies nicht stören.

Wenn Mieter lauter musizieren, müssen sie die Bestimmungen in ihrem Mietvertrag oder in der Hausordnung beachten, gibt Engel-Lindner zu bedenken. Dort steht auch, welche Ruhezeiten sie einhalten müssen – üblicherweise ist dies zwischen 22 und 6 Uhr sowie zwischen 13 und 15 Uhr mittags und oft auch sonntags der Fall.

„Die meisten Gerichte halten das Musizieren für zwei bis drei Stunden täglich für zumutbar“, erklärt Engel-Lindner. Eine einheitliche Rechtsprechung existiert dazu nicht, es komme immer auf den Einzelfall an. Da könnte etwa auch der bauliche Abstand der Wohnungen zueinander oder die Hellhörigkeit der Räume eine Rolle spielen, erklärt Klinger.

Wie lange jemand musizieren darf, hängt aber auch vom Instrument ab: Nach einem Beschluss des Landgerichts Freiburg ist etwa Schlagzeug-Spielen je eine Stunde vormittags und nachmittags erlaubt. Und nach 19 Uhr ganz zu unterlassen, befand das Landgericht Nürnberg-Fürth. Während ein Akkordeon nach einem Urteil des Landgerichts Kleve täglich 90 Minuten gespielt werden darf.

Für Berufsmusiker und Hobby-Musiker gelten die gleichen Regeln. Grundsätzlich sollten Nachbarn Rücksicht nehmen und bei Verdruss erstmal ein konstruktives Gespräch suchen.