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Kinderbetruung Leihoma oder Familienpate?

"Oma zu verleihen": Wer keine eigenen Verwandten in der Nähe hat, würde sich über eine solche Anzeige freuen.

26.08.2018, 23:01

Freiburg /Siegen (dpa) l Nachmittags zum Arzt, am Sonnabend in Ruhe einkaufen und abends mal zu zweit ins Kino? Für Eltern oft ein Balanceakt. Heute ist es eher die Ausnahme als die Regel, dass Oma und Opa im Haus gegenüber leben. Die gute Nachricht: Genau darum gibt es immer mehr Betreuungsmöglichkeiten außerhalb der Verwandtschaft. Manche bezahlt man, andere verschenken ihre Zeit.

Hilfe aus der Nachbarschaft: In der Wohnung nebenan lebt ein 17-Jähriger, der auf seinen Führerschein spart und gerne Märchen vorliest? Volltreffer! „Teenies aus der Nachbarschaft sind der bewährte Klassiker, wenn es darum geht, sich einen Babysitter zu suchen“, erklärt Uta Linß, Geschäftsführerin des Familienzentrums „Klara“ in Freiburg. „Ich kenne sie, ich vertraue ihnen, und die Wege sind kurz, so dass ich sichergehen kann, dass sie abends gut nach Hause kommen.“

Wichtig sei es, für dauerhafte Babysitter eine Haft- und Unfallversicherung abzuschließen und sie bei der Minijobzentrale anzumelden. Bei Minderjährigen empfiehlt Linß, sich je nach Alter zu erkundigen, wie lange und zu welchen Zeiten sie arbeiten dürfen. „Beim Deutschen Roten Kreuz oder über örtliche Familienbildungsstätten gibt es zudem die Möglichkeit für Jugendliche, einen Babysitterkurs zu belegen.“

Babysitter über Agenturen oder Datenbanken: Wer eine Babysitter-Agentur in Anspruch nimmt, spart sich die Zeit und Mühe, selbst zu suchen: Die Agentur vermittelt Personen, die in der Regel gut qualifiziert sind, persönlich überprüft wurden und ihr polizeiliches Führungszeugnis vorlegen mussten. Auch Datenbanken wie die Online-Plattformen Yoopies oder betreut.de ersetzen die „Babysitter gesucht“-Anzeige. Doch Uta Linß warnt: „Wenn jemand mein Kind betreuen soll, ist mein persönliches Gefühl das Wichtigste.“ Darum rät sie zu einer Eingewöhnungsphase, um genug Zeit zu haben, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.

Leihoma oder Leihopa: Manche Leihgroßeltern arbeiten ehrenamtlich oder für eine geringe Aufwandsentschädigung, andere beziehen ein ähnliches Honorar wie Babysitter. Über Organisationen wie das Deutsche Rote Kreuz, Familienzentren, die Arbeiterwohlfahrt oder auch über Online-Datenbanken können die neuen Familienmitglieder gesucht und gefunden werden.

„Oft haben Leihomas keine eigenen Enkel in der Nähe“, erklärt Kerstin Tempel vom Mütterzentrum Siegen und Geschäftsführerin vom Bundesverband der Mütterzentren. „Sie entwickeln oft ein enges Verhältnis zu den Kindern und gehören richtig zur Familie.“ Auch über Vereine wie Wahlverwandtschaften finden Großeltern und Enkelkinder zusammen. „Das ist wie ein Datingtreff für Gruppen“, sagt Linß. „Es geht nicht darum, Dienste auszutauschen, sondern jemanden zu finden, der zur eigenen Familie passt.“

Tagesmutter oder Tagesvater: Als Ersatz für Kindertagesstätten sind Tageseltern bekannt – sie können aber oft auch flexibel eingesetzt werden, wie Linß erläutert. Kerstin Tempel erzählt: „Ich habe meine Kinder stundenweise von einer Tagesmutter betreuen lassen, bevor sie in den Kindergarten kamen.“ Da ihre Eltern und Schwiegereltern weit entfernt wohnen, konnte sie sich so die nötigen Freiräume schaffen, um zu arbeiten oder mal zum Zahnarzt zu gehen. Anders als ein Au-pair oder eine Kinderfrau betreuen die Tageseltern meist mehrere Kinder aus verschiedenen Familien bei sich selbst zu Hause. Es handelt sich dabei um eine erlaubnispflichtige, professionelle Tätigkeit.

Ehrenamtliche Helfer: Vielen Familien fehlt das Geld für Kinderbetreuung außerhalb der staatlich geförderten Möglichkeiten. Es gibt jedoch zahlreiche Projekte, die mit ehrenamtlichen Helfern arbeiten, zum Beispiel die Familienpaten, je nach Region und Einsatz auch als Kinderpaten oder allgemein als Aktivpaten bekannt. „In Siegen nennt sich dieses Projekt Zeitpaten“, so Tempel. „Sie unterstützen Eltern im Alltag, kümmern sich um die Kinder – schenken den Eltern also Zeit.“

Man habe immer denselben Paten, um eine feste Beziehung aufzubauen, erklärt Linß. „Diese Paten werden durch Einrichtungen begleitet und ausgebildet. Sie können durch den Kinderschutzbund und ähnliche Programme vermittelt werden.“ Auch den Besuch von offenen Treffs und Babycafés empfiehlt Linß, um Eltern in ähnlicher Situation kennenzulernen. Oft könne man sich gegenseitig unterstützen.

Au-pair: Im Normalfall lebt das Au-pair bei der Familie. Wer dauerhaft jemanden bei sich aufnehmen möchte, braucht daher entsprechenden Platz – denn ein Au-pair hat das Recht auf ein eigenes, abschließbares Zimmer, sagt Cordula Walter-Bolhöfer, Geschäftsführerin der Gütegemeinschaft Au-pair. Au-pairs kümmern sich 30 Stunden in der Woche um die Kinder, im Gegenzug kommt die Familie für Kost und Logis auf. Außerdem müssen die Eltern ein monatliches Taschengeld von 260 Euro zahlen, 50 Euro zu einem Sprachkurs dazugeben und monatlich etwa 40 Euro für die Kranken-, Haftpflicht und Unfallversicherung des Gastes zahlen.