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Förderung einer Umschulung Kein Geld für Restzeit der Ausbildung

Von Gudrun Oelze 15.11.2010, 04:18

Als Steuerfachangestellte hofft Kati Hellie aus Stendal, eine Chance auf einen Job zu bekommen. Weil sie nach Geburt ihrer Tochter und der Elternzeit wieder in das Berufsleben zurückkehren wollte, drückt sie seit April vergangenen Jahres die Schulbank. Die Ausbildung der jungen Frau zur Steuerfachangestellten wird durch die Arbeitsagentur gefördert, allerdings nur zwei Jahre lang.

Im April 2009 stieg Kati Hellie also in einen Kurs ein, der schon seit Herbst des Vorjahres lief. Sie hatte den Stoff des ersten Halbjahres im Selbststudium aufzuholen, was sie auch mit Bravour meisterte. Jetzt ist sie im dritten Ausbildungsjahr, das sie jedoch nicht regulär beenden kann – weil ihr Umschulungsvertrag nur bis März 2011 läuft.

Die Prüfungen sind jedoch erst im August. Dann heißt es also wieder, im Selbststudium zu büffeln – aber eine finanzielle Unterstützung gibt es während der Zeit dann nicht mehr. Und das stellt nicht nur Kati Hellie vor Probleme, wie auch aus zahlreichen anderen Leseranliegen hervorgeht.

Die Übernahme der Weiterbildungskosten und die Gewährung von Unterhaltsgeld bei Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung sind nach dem Sozialgesetzbuch III durchaus möglich.

Allerdings hat der Gesetzgeber eben auch festgelegt, dass die Dauer einer solchen Maßnahme "angemessen" zu sein hat und sich auf den für das Erreichen des Bildungszieles erforderlichen Umfang beschränken muss.

Konkret vorgegeben wurde, dass eine derart geförderte Vollzeitmaßnahme, die zu einem Abschluss in einem allgemein anerkannten Ausbildungsberuf führt, mindestens ein Drittel kürzer als eine entsprechende Berufsausbildung zu sein hat.

Bei der Ausbildung zur Steuerfachangestellten handelt es sich um einen anerkannten Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG), der bundesweit eine dreijährige Ausbildung voraussetzt. Die Agentur für Arbeit konnte nach der Rechtslage Kati Hellie also nur eine Förderung von maximal zwei Jahren zusagen, wurde uns von der zuständigen Behörde mitgeteilt.

"Vor Beginn der Umschulung wurde Frau Hellie ausführlich über die Fördervoraussetzungen informiert und beraten", heißt es in der Stellungnahme.

Bei einer Förderung bis zum Ende der regulären Ausbildung hätte die Umschulung erst mit dem neuen Schuljahr, also im August 2009, beginnen können. Dann hätte die Kundin gleich in das zweite Ausbildungsjahr einsteigen und den gesamten Unterrichtsstoff des ersten Jahres aufholen müssen. Mit Beginn mitten im ersten Ausbildungsjahr verpasste sie jedoch nur die ersten Monate.

Kati Hellie sei vorher bekannt gewesen, dass sich die Förderung auf maximal zwei Jahre beschränken werde. Sie selbst habe keinerlei Bedenken zum Erreichen des Bildungsziels geäußert, stellt die Arbeitsagentur fest. Die Steuerberaterkammer habe in diesem Fall der Verkürzung der regulären Ausbildungszeit zugestimmt und Frau Hellie für die Sommerprüfung 2011 vorgemerkt.

Auch der Ausbildungsbetrieb und die Berufsschule äußerten keine Zweifel, den Ausbildungsinhalt in zwei Jahren zu erlernen. Eine derartige Umschulung zur Steuerfachangestellten sei durch die Agentur für Arbeit bereits mehrfach gefördert und von den Teilnehmern erfolgreich beendet worden.

Kati Hellie habe nach Beendigung des Umschulungsvertrages ja die Möglichkeit, sich in den verbleibenden Monaten bis zur Prüfung im Selbststudium intensiv darauf vorzubereiten. Mit dem Ausbildungsbetrieb könne sie zudem vereinbaren, während dieser Zeit dort weitere praktische Kenntnisse zu erwerben. Zusätzliche Lernmittel seien ihr aufgrund der verkürzten Ausbildungsdauer durch die Arbeitsagentur bewilligt worden.

Das schon, aber dass sie nach Auslaufen der Förderung keinerlei Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr habe, sei ihr vorher nicht bewusst gewesen, sagte uns die junge Frau. Darauf habe man sie nicht hingewiesen. Denn als sie die Umschulung begann, hatte sie noch für sechs Monate Anspruch auf ALG. Damit werde sie nach Auslaufen der zweijährigen Förderung bis zur den Prüfungen im Sommer 2011 finanziell über die Runden kommen, glaubte sie. Und irrte.

Denn der aus vorheriger versicherungspflichtiger Beschäftigung erworbene ALG-Anspruch ist während der Umschulung aufgebraucht worden. Sie habe ja nicht nur in den in ihrem Fall verbliebenden sechs Monaten, sondern die gesamte zweijährige Zeit der geförderten beruflichen Weiterbildung Anspruch auf Arbeitslosengeld, entgegnet die Agentur.

Nach Abschluss der Maßnahme werde es noch einen weiteren Monat gewährt, danach aber nicht mehr. Eine von Kati Hellie beantragte Verlängerung des Weiterbildungsverhältnisses wurde abgelehnt. Das sei nur bei Vorliegen wichtiger Gründe wie einer längeren Krankheit oder bei einem Unfall möglich, "wenn eine solche Verlängerung zum Erreichen des Bildungszieles zwingend notwendig ist", teilte man uns mit. Derartige Gründe lägen in diesem Falle nicht vor. Einen Ermessenspielraum habe die Agentur für Arbeit hierbei nicht.

Kati Hellie ist gewillt, die Prüfungen zur Steuerfachangestellten im Sommer 2011 erfolgreich zu bestehen, um durch diesen beruflichen Abschluss ihre Möglichkeiten zur dauerhaften Eingliederung auf dem ersten Arbeitsmarkt zu verbessern.

Da die letzten Monate des Kurses aber nicht durch die Arbeitsagentur gefördert werden, stellt dies die Familie vor große finanzielle Probleme.