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Beförderungsbedingungen der Magdeburger Verkehrsbetriebe Wenn das Gleichheitsprinzip anscheinend die Falschen trifft

Von Gudrun Oelze 22.02.2010, 05:19

Für ein Kurzstreckenticket der Magdeburger Verkehrsbetriebe (MVB) zahlte Peter Brinck aus Niederndodeleben mehr als nötig. Er hatte seine Brille nicht dabei, steckte 1,40 statt nur 1,20 Euro in den Automaten an der Haltestelle und erhielt dafür eine Fahrkarte. Dass es sich um einen Kinderfahrschein handelte, bemerkten erst Kontrolleure. Doch wurde Herrn Brinck nicht etwa der überzahlte Fahrpreis erstattet, sondern ihm zusätzlich ein erhöhtes Beförderungsentgelt auferlegt.

"Völlig berechtigt" habe er die 40 Euro zu zahlen, so die Reaktion der MVB auf unsere Nachfrage. Zum Zeitpunkt der Kontrolle sei es von entscheidender Bedeutung, ob eine gültige Fahrkarte vorhanden ist oder nicht. Die Mitarbeiter handeln prinzipiell nach den gesetzlichen Verordnungen und seien nach dem Gleichheitsprinzip bemüht, die vorhandene Sachlage objektiv zu beurteilen, hieß es zur Begründung.

Der MVB sei bewusst, dass die Rechtslage in den Augen des Fahrgastes schwer nachvollziehbar sei.

Dass vorsätzliches Fahren ohne gültigen Fahrausweis streng geahndet wird, ist ganz gewiss zu begrüßen. Weniger erfreulich ist, dass immer eifrig zahlende Straßenbahnnutzer in einer solchen besonderen Situation wie bewusste Schwarzfahrer zur Kasse gebeten werden, meinen wir. Die MVB hält es jedoch "für außerordentlich wichtig, alle Fahrgäste im gleichen rechtlichen Rahmen zu behandeln, egal ob – wie in diesem Fall – die Situation aus Versehen oder aber vorsätzlich herbeigeführt wurde".

Automat nahm Geldscheine nicht an

Kein Versehen und auch kein Vorsatz war es, als Florian Fuhrmann Anfang des Jahres ohne gültige Fahrkarte "erwischt" wurde. Der Student wollte seine ermäßigte Monatskarte aus Zeitgründen nicht wie sonst am Zeitungskiosk, sondern am Automaten in der Straßenbahn kaufen.

"Dies gestaltete sich jedoch schwieriger als ich dachte, da der Automat für die 29 Euro teure Karte weder einen 50-Euro-Schein noch einen Zehner plus Zwanziger annahm", schildert er das Geschehen.

Als zwei Kontrolleure einstiegen, ging er sofort zu ihnen und erklärte seine Lage. Warum der Automat die Scheine nicht annimmt, konnte man ihm zwar nicht erläutern, aber seine Personalien an die MVB weiterleiten.

Dorthin begab sich Tobias Fuhrmann wenige Tage später "guten Gewissens, nichts falsch gemacht zu haben". Er legte die Monatskarte vor, die er auf der Rückfahrt (mit viel Kleingeld) erworben hatte, "um zu zeigen dass ich mir auch wirklich eine solche kaufen wollte".

Das brachte ihm aber nur das Kulanzangebot ein, das erhöhte Beförderungsentgelt auf 7,50 Euro zu ermäßigen. Das schlug der junge Mann aus, "da ich mir absolut keiner Schuld bewusst bin".

Daraufhin sollte er eine Strafe von 40,50 Euro zahlen. "Ich empfinde das Verhalten der MVB in diesem Fall absolut ungerecht, da ich mir jeden Monat eine Monatskarte kaufe, während ich immer wieder Leute beobachte, die offensichtlich erfolgreich Schwarz fahren, indem sie einfach aussteigen, wenn sie irgendwo Kontrolleure sehen."

Bei der MVB wurde auch dieser Fall geprüft. Ergebnis: Die Feststellung durch das Kontrollpersonal, dass Florian Fuhrmann ohne gültige Fahrkarte fuhr, "war korrekt". Und wer sich eine solche nicht beschafft hat, ist zur Zahlung eines erhöhten Beförderungsentgeltes verpflichtet.

Die Magdeburger Verkehrsbetriebe GmbH ist eines der wenigen Verkehrsunternehmen mit mobilen Fahrkartenautomaten auf allen Fahrzeugen, die die gesamte Produktpalette abbilden und eine Banknotenverarbeitung anbieten, teilten die MVB mit. Diese 150 Automaten an Bord können als Zahlungsmittel Münzen im Wert von 0,05 bis 2 Euro und Banknoten im Wert von 5 bis 50 Euro annehmen.

Kulanzangebot erneuert

Eine ermäßigte Monatskarte wie die von Tobias Fuhrmann kann mit einem Zehner oder einem Zwanziger bezahlt werden, der Restbetrag ist jeweils mit Münzen aufzufüllen. Denn tatsächlich kann pro Verkaufsvorgang nur eine Banknote angenommen werden.

Auf erheblich größere und auch viel gewichtigere Automaten, die die Verarbeitung mehrerer Banknoten ermöglicht hätten, wurde bei der MVB aus Platz- und Kapazitätsgründen nämlich verzichtet. Auf den vorhandenen gibt es einen Hinweis, dass sie eben mit nur einem Schein zu bestücken sind.

Da Florian Fuhrmann dies nicht berücksichtige, wurde der Verkaufsvorgang abgebrochen und die Banknote wieder ausgegeben. "Wir haben den Fahrkartenautomaten eingehend geprüft. Ein technischer Defekt lag nicht vor. Es wäre durchaus möglich gewesen, eine andere Fahrkarte mit einem Zehn-Euro-Schein zu erwerben", so die MVB-Stellungnahme.

Es bleibt also dabei, der Student wurde ohne gültige Fahrkarte angetroffen. Statt 40 nur sieben Euro Strafe (plus 50 Cent Bearbeitungsgebühr) werden verhängt, wenn der Fahrgast binnen einer Woche nachweist, dass er zum Zeitpunkt seiner vermeintlichen Schwarzfahrt Inhaber einer gültigen persönlichen Zeitkarte war.

"Obwohl Herr Fuhrmann seine Monatskarte nachweislich nach der Kontrolle erworben hat, wollen wir aus Kulanzgründen diese Regelung anwenden", erläutern die MVB. Dieses Angebot wurde nun erneuert, wenn Tobias Fuhrmann den geforderten Betrag von 7,50 Euro zügig einzahlt.