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Erschließungskosten für Grundstücke Eigentümer müssen permanent mit Beitragserhebung rechnen

Von Emmi Schulze 02.11.2009, 11:32

Die Straße, in der Helmut Peist aus Siestedt, Ortsteil Klinze, wohnt, wurde 2004/05 erneuert. Wie die übrigen Anwohner auch, erhielt er dafür einen Bescheid zur Zahlung eines Erschließungsbeitrags. Dieser Aufforderung kam er nach und zahlte. Doch nach Jahren, im August 2009, kam ein neuer, höherer Bescheid von der Verwaltungsgemeinschaft Flechtingen.

Nun sollen nochmals Erschließungsbeiträge gezahlt werden. Damit war er nicht einverstanden und legte Widerspruch ein. Außerdem fragte er, ob dieses Verfahren rechtmäßig sei.

Eine Antwort erhielten wir von Holger Neumann, Präsident des Landesverbandes von Haus & Grund Sachsen-Anhalt. "Diese Frage verdeutlicht", so heißt es in dem Antwortschreiben, "wie rechtsunsicher die Beitragserhebung in Sachsen-Anhalt ist. Grundstückseigentümer sind hier einer permanenten Beitragserhebung ausgesetzt, weil je nach Rechtsprechung und Kassenlage Nacherhebungen möglich sind." Nach der Rechtsprechung unseres Oberverwaltungsgerichts seien Beitragsbescheide nur belastende, nicht aber begünstigende Verwaltungsakte. Anders ausgedrückt: Die Grundstückseigentümer müssen zwar zahlen, aber es gibt ihnen keiner die Garantie, dass nicht noch eine Nacherhebung irgendwann einmal fällig wird. Das ist umso problematischer, weil sie sich auch nicht auf die Festsetzungsverjährung von vier Jahren verlassen dürfen. Denn der Beginn einer Verjährungsfrist ist vom Vorliegen einer sogenannten "wirksamen Satzung" abhängig. Was aber "wirksam" ist, entscheiden die Verwaltungsgerichte immer wieder neu.

Im Fall von Helmut Peist muss überprüft werden, ob es rechtmäßig war, Erschließungsbeitragsbescheide mit einem höheren Beitragssatz zu erlassen. Dabei kommt es darauf an, ob die Straße nach Paragraf 242 Absatz 9 BauBG zum 3. Oktober 1990 bereits endgültig fertiggestellt war. Endgültig hergestellt heißt, dass entweder ein Bauprogramm erfüllt wurde oder dass je nach Straßenkategorie ortsüblich ausgebaut wurde.

Vorteilhaft sei es, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Beweislast für die Unfertigkeit der Straße zu diesem Zeitpunkt die Gemeinde trägt. Weiterhin wäre auch die Festsetzungsverjährung zu überprüfen. Betroffene, so rät Neumann, sollten sich solidarisieren und versuchen, in Abstimmung mit der Gemeinde einen Musterprozess zu führen. Rat und Hilfe geben hierbei ein Haus & Grund-Eigentümerverein in Sachsen-Anhalt bzw. spezialisierte Rechtsanwälte (Fachanwälte für Verwaltungsrecht).