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Für Motorboote bis 15 PS ist keine Fahrberechtigung notwendig / Messe "Magdeboot" bis Sonntag Ohne Führerschein zum Kapitän werden

Von Vivian Hömke 09.03.2013, 02:19

Wassersportfreunde dürfen auch ohne Führerschein Sport-, Hausboote und sogar riesige Yachten fahren. In welchen Fällen doch eine Prüfung abgelegt werden muss, ein Charterschein reicht oder keine Erfahrung nötig ist, darüber informieren bis Sonntag die Aussteller auf der Messe "Magdeboot".

Magdeburg l Ob in einem Schlauchboot über den Adolf-Mittag-See, in einem Sportboot über die Elbe oder einem Kleinkreuzer über die Müritz - seit Oktober des vergangenen Jahres darf in Deutschland jeder ab 16 Jahren ohne Führerschein ein Boot fahren - egal welches. Die Führerscheinfreiheit ist nur an eine bestimmte Bedingung geknüpft.

"Ob jemand ohne Führerschein ein Boot fahren darf, hängt nur von der Motorleistung ab", erklärt Günther Köcher von der gleichnamigen Schönebecker Sportbootschule auf der 14. "Magdeboot"-Messe. Der Motor dürfe nicht mehr als 15 PS Kraft haben (Außenborder). Außerdem, fügt der Fahrlehrer hinzu, dürfe das jeweilige Boot nicht länger als 15 Meter sein - genau wie beim Sportbootführerschein für Binnengewässer.

Aber auch, wer gern mal mit einem Hausboot oder einer großen Yacht losschippern möchte, benötigt nicht zwingend einen Fahrausweis. "Mit einem Charterschein kann man sogar Schiffe fahren, die um die 100 PS haben", erläutert Mathias Steinbach aus Werder (Havel), der Segelyachten verkauft und verleiht.

Einen solchen Charterschein erhält der Bootsfahrer auf Zeit nach einer nur dreistündigen Ausbildung. "Die Berechtigung gilt dann aber immer nur für den jeweiligen Törn und muss jedesmal erneuert werden", betont Steinbach. Seine Begründung: "Jedes Schiff reagiert anders." Eine Motoryacht mit 15 PS erreiche eine maximale Geschwindigkeit von zehn, elf Stundenkilometern. "Die fährt ja auch nicht schnell. Einen 15-PS-Motor kann man auch an einem Schlauchboot anbringen. Und das ist dann viel schneller, weil das Boot viel weniger wiegt", erklärt Steinbach weiter.

Messebesucher Ralf Butzke, selbst Motorbootbesitzer, sieht genau darin die Gefahr. "Länge und Größe sind egal, hauptsache das Boot fährt langsam", betont er. Ob ein Laie sich ohne jegliche Vorkenntnisse aufs Wasser begeben sollte, macht er von der PS-Stärke abhängig. "Es ist ganz wichtig, wie stark das jeweilige Boot motorisiert ist."

Seit Anfang des Jahres bietet der Landesverband Motorbootsport Sachsen-Anhalt für alle Wasserneulinge, die keinen Führerschein machen wollen, ein freiwilliges Sportbootzertifikat für Motoren bis 15 PS Leistung an, "um die Leute ein Stück weit vorzubereiten", erklärt Verbandspräsident Uwe Gerlach. In einem Wochenendkurs werden Vorfahrtsregeln, Lichtsignale und Verkehrstafeln im Schnelldurchgang erklärt.

"Dort, wo Binnenschifffahrt stattfindet, sind die Regeln besonders wichtig, zum Beispiel auf der Elbe. Und auch auf einem See - dort gibt es Kanus und Segelboote. Die haben Vorrang vor motorisierten Booten", erläutert Gerlach. Aber wer wisse so etwas ohne Lehrgang? "Ich persönlich finde es nicht gut, dass jeder ab 16 Jahren ein Boot fahren darf, ohne eine Einweisung zu bekommen", fügt Uwe Gerlach hinzu. "16- bis 25-Jährige, das hört man immer wieder, stellen die höchste Risikogruppe dar. Der Grund sind die Dynamik der Jugend, der Egoismus, die Überschätzung, Spaß haben zu wollen, ohne sich an Regeln zu halten", vermutet er.

In Halle 2 zeigen Steffen und Sven Fröh eines der größten und teuersten Boote der Messe. Die "White Lady" kostet mehr als 200000 Euro und hat eine Leistung von 110 PS. Damit kommt die Yacht auf eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 117 Kilometer pro Stunde. Mit einem Charterschein kann auch die "Weiße Dame" ohne große Vorkenntnisse ausgeliehen werden. "Die 15-PS-Grenze gilt nur für Außenborder", erklärt Steffen Fröh.

Ganz sicher ohne Führerschein darf das Modell Selbstbausatz auf dem Wasser bewegt werden. Solche unfertigen Ruderboot bietet auf der Messe die dänische Firma Boatkits in 35 verschiedenen Modellen ab 219 Euro an. "Wir liefern millimetergenaue, zugeschnitzte Holzteile, die dann mit Epoxid und Glasfaserband zusammengeklebt werden", erläutert Morten Olesen, Geschäftsführer der Firma. An zwei Wochenenden sei das Ruderboot fahrtüchtig gebaut.