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Tag der Gefäßgesundheit Schmerzende Beine, Gefahr für das Herz

Wenn beim Gehen die Beine schon nach kurzer Zeit schmerzen, kann das ein Warnsignal für die sogenannte Schaufensterkrankheit sein. Das klingt harmloser als es ist. Unbehandelt drohen schwere Schäden u.a. auch am Herzen.

Von Uwe Seidenfaden 28.06.2014, 03:20

Magdeburg l Manche Rekorde sind ebenso unrühmlich wie unnötig. Dazu zählt, dass Sachsen-Anhalt die Liste der Todesfälle durch Herzkreislaufkrankheiten in Deutschland anführt. Ein Risiko für das Herz sind u.a. Durchblutungsstörungen, die leider oft erst spät erkannt und behandelt werden. Meist machen sich die Beschwerden zuerst in den Beinen bemerkbar. Beim Spazierengehen müssen die Betroffenen hin und wieder stehenbleiben, weil sie Schmerzen in den Waden oder Oberschenkeln haben. Weil sie diese Gehpausen nutzen, um die Fensterauslagen von Geschäften zu betrachten, spricht man von "Schaufensterkrankheit". Medizinisch korrekt ist der Begriff "periphere arterielle Verschlusskrankheit" (pAVK).

"Wie der Name andeutet, werden die Beschwerden durch krankhafte Gefäßverengungen der Arterien hervorgerufen. Sie führen zu einer zunehmenden Mangeldurchblutung von Geweben und Organen", so der Gefäßmediziner Dr. Jörg Herold von der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie des Uniklinikums.

Die "Schaufensterkrankheit" wird in vier Stadien unterteilt, die verschiedener Therapien bedürfen:

lStadium 1: Die Elastizität der Arterien nimmt als Folge von Fett- und Kalkablagerungen sowie entzündlicher Prozesse ab. Die Betroffenen haben noch keine deutlich spürbaren Leistungseinschränkungen.

l Stadium 2: Es kommt beim Gehen oder bei anderen körperlichen Aktivitäten zu Muskelschmerzen - meist zuerst in den Beinen oder Armen. Die Schmerzen schränken die Mobilität zunehmend ein. Beträgt die Gehstrecke mehr als 200 Meter, spricht man von dem Stadium IIa. Bei weniger als 200 Metern vom Stadium IIb, spätestens hier muss ein Arzt konsultiert werden, so Dr. Herold.

l Stadium 3: Die Schmerzen treten schon bei geringen körperlichen Belastungen und schließlich auch in Ruhe (u.a. beim Schlafen) auf.

lStadium 4: Die Durchblutungsstörungen führen zu rotbräunlich-schwarzen Verfärbungen der Haut. Selbst kleine Verletzungen heilen nur noch schlecht. Es kommt zu offenen Wunden. Kann ein ausreichender Blutfluss nicht wiederhergestellt werden, ist im schlimmsten Fall eine Amputation notwendig.

Die "Arterienverkalkung" ist nicht zuletzt deshalb eine ernsthafte Gefahr, weil davon oft auch das Herz betroffen ist.

Schonende Diagnostik der Verschlusskrankheit

Eine wichtige Früherkennungsuntersuchung ist die Blutdruckkontrolle an Arm und Bein. Mediziner sprechen von der Arm-Bein-Index-Messung, abgekürzt ABI. Auch Hausärzte können sie durchführen. Die Blutdruckwerte werden im Liegen gemessen. Normalerweise sollten Messwerte an Armen und Beinen ungefähr gleich sein. Ein reduzierter ABI (unter 0,9) ist ein Hinweis auf eine arterielle Verschlusskrankheit.

Mit weiteren Untersuchungen (u.a. mit einer Farb-Doppler- Ultraschalluntersuchung oder Röntgenkostrast-Kontrollen) können Gefäßspezialisten die Lage der Engstellen in den Arterien feststellen. "Bei Patienten mit einer Nierenschädigung, die Kontrastmittel nicht vertragen, sind derartige Kontrollen mittels einer sogenannten Kohlendioxid-Angiographie möglich", so Dr. Herold.

Vom Ausmaß der Durchblutungsstörung hängen die weiteren Therapien ab. In den Stadien 1 und 2 stehen das Gehtraining und meist auch Umstellungen der Lebensweise wie der Verzicht auf das Rauchen im Vordergrund. Zur Unterstützung des Gehtrainings können Ärzte gerinnungshemmende und durchblutungsfördernde Medikamente verordnen.

Reichen diese Maßnahmen nicht aus und ist der Leidensdruck des Patienten weiterhin groß, werden die Ärzte versuchen, die Engstellen der Arterien invasiv zu erweitern. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel, über die Leiste einen Katheter in das Gefäß einzuschieben und damit die Arterie mechanisch zu dehnen (PTA). Zur Stabilisierung muss manchmal eine Gefäßschiene (Stent) eingesetzt werden. Einen chemischen "Entkalker" gibt es für die Gefäße leider nicht.

Auch in fortgeschrittenen Krankheitsstadien 3 und 4 ist es prinzipiell noch möglich, Amputationen zu verhindern. Gefäßchirurgen können eine verengte Arterie operativ ausschälen oder eine Umleitung um die Engstelle durch Re-Transplantation von Venengefäßen legen, die dem Patienten an anderer Stelle entnommen wurden.

Ärzte der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin können Gefäßablagerungen auch mit einer "Minifräse" abtragen. Sie ist kaum größer als ein Reiskorn und bahnt sich entlang einer Führungsschiene wie ein Mini-Tunnelbohrer den Weg durch die großen Arterien. Ein integrierter Sauger befördert das Material nach außen.

Welche dieser Therapien individuell besonders geeignet ist, besprechen Fachärzte verschiedener Disziplinen im gemeinsamen Gefäßzentrum des Magdeburger Uniklinikums und in Absprache mit dem Patienten.