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Arbeitszeugnis Note "Gut" muss nachgewiesen werden

Arbeitszeugnisse dürfen eigentlich keine verschlüsselten Formulierungen enthalten. Sie tun es aber trotzdem. Schuld ist die Vielzahl der Rechtsstreits.

Von Kerstin Singer 19.11.2014, 01:07

Magdeburg l Durchschnittliche Leistungen eines Arbeitnehmers werden im Arbeitszeugnis weiterhin mit "Befriedigend" beurteilt. Das bestätigte am Dienstag der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichtes in Erfurt mit einer Grundsatzentscheidung.

Eine Zahnarzthelferin aus Berlin hatte dagegen geklagt, dass sie im Zeugnis kein "Gut" erhielt, in den Vorinstanzen hatte sie Recht bekommen. Das Landgericht Berlin-Brandenburg hatte geurteilt, dass inzwischen ein Zeugnis mit der Note "Gut" als durchschnittlich gelte und der Frau dies daher ohne den Nachweis besonderer Leistungen zustehe.

Dem folgte das Bundesarbeitsgericht nicht. Ob der Frau trotzdem die Note 2 zusteht, darüber muss nun erneut das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entscheiden. Dorthin wurde der Fall zurückverwiesen.

Wer bessere Benotung will, muss Leistung nachweisen

Grundsätzlich gilt daher die bisherige Rechtsauffassung. Wird in einem Arbeitszeugnis die Note "befriedigend" vergeben, muss das nicht weiter begründet werden. Will der Arbeitnehmer hingegen eine bessere Benotung, muss er nachweisen, dass er mehr als eine durchschnittliche Leistung erbracht hat. Bewertet ein Arbeitgeber die Leistung als unterdurchschnittlich, steht er in der Nachweispflicht.

Laut Paragraf 109 der Gewerbeordnung muss ein Arbeitszeugnis "klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen".

Aus diesem Grund sind Verschlüsselungen oder zweideutige Aussagen in Arbeitszeugnissen nicht gestattet. Doch die Praxis sieht anders aus. "Juristische Laien können oft gar nicht mehr erkennen, ob sie ein gutes oder schlechtes Zeugnis bekommen haben", berichtet Christel Steinmann, Rechtsanwältin aus Magdeburg. Deshalb werden Arbeitszeugnisse zunehmend Anwälten zur Beurteilung vorgelegt.

Doch nicht nur Arbeitnehmer haben Probleme damit, sondern auch Arbeitgeber. "Gerade kleinere Betriebe tun sich schwer, eindeutige Zeugnisse auszustellen", erklärt Steinmann. Denn wer frei formuliere, laufe ganz schnell Gefahr, die Aussage ins Gegenteil zu drehen. Werden beispielsweise Verben ins Passiv gesetzt, dann heißt das in der Zeugnissprache, dass der Arbeitnehmer faul war, so Steinmann.

Arbeitszeugnisse verlieren an Bedeutung

Als Grund für zunehmend verschlüsselte Zeugnisse sieht Steinmann den Trend, dass Arbeitnehmer gegen Bewertungen in Arbeitszeugnissen vor Gericht gehen. "Es ist für Arbeitgeber kaum noch möglich, über ein Zeugnis deutlich zu machen, dass ein Arbeitnehmer nicht geeignet war", so die Rechtsanwältin. Denn es müsse laut Gesetzgeber stets "wohlwollend" formuliert sein. Das führt dazu, dass im Zeugnis eines Arbeitnehmers, der zu seinen Kunden unfreundlich war, steht: "Er hat sich gegenüber unseren Kunden stets um Freundlichkeit bemüht." Das entspricht der Note 5 im Verhalten gegenüber Kunden.

Oft gehen Arbeitnehmer gegen solche Formulierungen vor und erstreiten sich ein besseres Zeugnis. "In der Konsequenz haben Arbeitszeugnisse bei der Beurteilung von Bewerbern immer weniger Bedeutung, weil sich künftige Arbeitgeber nicht mehr auf die Aussagen verlassen könnten.