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Wann eine Liefersperre erlaubt ist Wer die Rechnung nicht zahlt, muss mit Stromsperre leben

Von Kai Althoemar 27.02.2010, 04:52

Das Licht geht aus, der Herd bleibt kalt, TV und Radio geben keinen Ton mehr von sich. Wenn der Strom weg bleibt, muss daran kein Blitzschlag schuld sein. Den Betroffenen geht bald ein Licht auf : Der Versorger hat seine Drohung wahrgemacht und den Strom gesperrt. Grund : Zahlungsrückstände. Bei Gas und Wasser droht das gleiche Szenario. Wie ist die Rechtslage ?

Magdeburg. Wer seine Rechnung nicht zahlt, dem darf das Versorgungsunternehmen den Hahn abdrehen. So regelt es die Grundversorgungsverordnung. " Dieses Recht ist verfassungsgemäß, obwohl die Versorgungsunternehmen häufig Monopolbetriebe sind und ein Leben ohne Energie und Wasser kaum denkbar erscheint ", informiert der Deutsche Mieterbund.

Liefersperren treffen meist Mieter, die finanziell am Ende sind. Der Versorger dreht dann nach erfolglosen Mahnungen den Saft ab. Manchmal ist es auch der Vermieter, der zur Selbstjustiz greift. Das Damoklesschwert der Liefersperre schwebt über vielen deutschen Haushalten. In seltenen Fällen wird der Strom gesperrt, weil der Kunde eine fehlerhafte elektrische Anlage in Betrieb hat, weil er den Stromzähler zwecks Stromklaus überbrückt oder weil ein Versorgungskabel defekt ist.

Bevor gesperrt wird, erhält der Kunde wegen der nicht bezahlten Rechnung eine Mahnung mit Androhung der Sperre. Vier Wochen Aufschub hat der Kunde. Zahlt er immer noch nicht, darf der Versorger in der Regel sperren, muss das aber drei Tage vorher ankündigen. " Die Verhältnismäßigkeit muss aber gewahrt sein ", sagt Jürgen Schröder von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. " Am Ende steht immer eine Einzelfall- oder eine Kulanzentscheidung des Versorgers. " Bei einem Verstoß gegen das Billigkeitsprinzip, so Schröder, dürfe nicht gesperrt werden.

Der Bund der Energieverbraucher betont : Eine Sperre ist nicht erlaubt, " wenn die Folgen der Unterbrechung außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung stehen oder der Kunde darlegt, dass hinreichende Aussicht besteht, dass er seinen Verpflichtungen nachkommt ". Einem plötzlich arbeitslos gewordenen Alleinverdiener mit Kindern, der jahrelang brav zahlte, ruckzuck den Saft abzudrehen, könnte unverhältnismäßig sein. Er hätte länger Schonfrist als ein gut situierter Single. Außerdem gilt : Die Schulden müssen 100 Euro überschritten haben.

Die letzte Chance, die Sperre zu verhindern, ist, den offenen Betrag beim Mitarbeiter des Versorgers, der die Sperre vornimmt, bar zu bezahlen. Für diesen Dienst verlangen die Vesorger nochmals bis zu 80 Euro an Gebühren. Verbraucherschützer raten, bei Zahlungsunfähigkeit auf Mahnungen zu reagieren und Ratenzahlungen anzubieten, um guten Willen zu zeigen.

Beruht die Sperre auf einer falschen Abrechnung, sollte der Verbraucher bei Gericht eine " Einstweilige Verfügung " erwirken. Das Gericht prüft dann die vorliegenden Dokumente und verhängt im Erfolgsfall eine Wiederaufnahme der Lieferung. Ein Anwalt ist erst ab 5000 Euro Streitwert Pflicht. Zur Not nimmt auch der Rechtspfleger am Amtsgericht den Fall auf. Wie immer gilt das Prinzip : Der Verlierer zahlt – die Gerichtskosten und auch den gegnerischen Anwalt.

Urheber von Liefersperren kann auch ein Vermieter mit Faible für Selbstjustiz sein. Hängt etwa der Stromsicherungskasten in einem Versorgungsraum, zu dem der Mieter keinen Zugang hat, verwandelt sich die Wohnung rasch zur Steinzeithöhle. " Der Vermieter darf die Versorgung nicht unterbrechen, nur weil der Mieter die Miete nicht bezahlt ", teilt der Mieterbund mit. Statthaft ist eine Unterbrechung von Gas, Strom und Wasser nur, wenn das Mietverhältnis unstreitig beendet ist und der Vermieter mit der Energie- und Wasserleistung in Vorlage tritt.